Flüchtlinge:"Absolut verkraftbar"

Sozialamtsleiter Thomas Bigl sieht keinen Anlass für die Befürchtung, dass die staatliche Suche nach Wohnungen für Asylbewerber den Markt beeinträchtige

Von Claudia Koestler, Bad Tölz-Wolfratshausen

Es war unmissverständlich, wie der stellvertretende Landrat Klaus Koch (Grüne) kürzlich in der Eglinger Bürgerversammlung um Verständnis für ein heikles Thema warb: Weil das Landratsamt dringend weitere Mietobjekte für die Unterbringung von Asylbewerbern brauche, müsse man eben bei der Akquirierung inzwischen "alles umsetzen, was umsetzbar ist. Denn wir haben schlichtweg null Alternativen". Ihm sei bewusst, dass die große Anzahl an Flüchtlingen, die derzeit im Landkreis aufzunehmen sind "die Wohnungsmarktlage gerade in dieser hochpreisigen Region noch einmal extra belastet".

Derzeit leben etwa 540 Asylbewerber im Landkreis, bis zum Ende des Jahres werden nach aktuellen Schätzungen weitere 600 erwartet. Diese gelte es unterzubringen - ohne Rücksicht auf Befindlichkeiten, denn: "Es gibt in dem Bereich eben keinerlei Spielräume mehr", sagte Koch. der Siedlungsdruck aus München und dazu nun die Suche des Landratsamts, das jeden Monat 80 weitere Unterkunftsplätze für Asylbewerber akquirieren muss: Der Mietwohnungsmarkt scheint nach Ansicht von Koch derzeit stark unter Druck geraten.

In Bad Tölz finden sich zwar 64 Immobilienangebote auf den einschlägigen Portalen, davon aber nur 23 Mietwohnungen und zwei Häuser zur Miete. Die durchschnittliche Kaltmiete für Wohnungen in Bad Tölz beträgt dabei 8,70 Euro pro Quadratmeter, etwa zwei Prozent mehr als im Vorjahr.

Dass sich die Marktlage durch die starke Akquise des Kreises für andere Bürger verschärfe, gerade bei günstigeren Immobilien, die sich auch einkommensschwache Familien leisten könnten, will der Leiter des Sozialamts, Thomas Bigl, allerdings so nicht stehen lassen. Er räumt zwar ein: "Es mag Wohnungen geben, die wir jemand anderem wegnehmen." Und "gefühlt mag unsere Suche durchaus eine große Belastung für den Mietmarkt sein". Doch die reinen Zahlen sagten etwas anderes, betont er: "Wir haben 122 000 Einwohner im Kreis. Wenn wir der Zahl die zu erwartenden 1000 Asylbewerber gegenüberstellen, ergibt das in einem Diagramm nur einen dünnen Strich. Also etwas so verschwindend Geringes, dass es absolut verkraftbar ist", sagt der Sozialamtsleiter.

Flüchtlinge: Ist der Wohnungsmarkt im Landkreis "extra belastet"? Landratsstellvertreter Klaus Koch befürchtet dies.

Ist der Wohnungsmarkt im Landkreis "extra belastet"? Landratsstellvertreter Klaus Koch befürchtet dies.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Wie der Landkreis Immobilien für die Unterbringung von Asylbewerbern findet, ist nach Bigls Angaben unterschiedlich: "Zu uns kommen Vermieter, die aus der Zeitung erfahren, dass wir suchen, manchmal schalten wir eine Anzeige oder lesen selbst welche, vielfach ist es aber Mundpropaganda." Oft hätten Vermieter völlig überzogene Vorstellungen von der Rendite: "Wir sind ein Mieter, der faire Preise zahlt, aber auch nicht mehr", sagt Bigl. Das Landratsamt orientiere sich an der ortsüblichen Miete und verhandle dann Abzüge oder Aufschläge je nach Zustand des Objekts. Konkret seien das in Tölz etwa zehn Euro pro Quadratmeter als grober Richtwert. Das größte Argument sei dabei für Vermieter die Sicherheit, die das Landratsamt als Mieter biete: "Wir sind eben solvent", sagt Bigl.

Ändern werde sich an der Sachlage, dass die Behörde als starker Mitbewerber auf dem Mietmarkt auftritt, so bald nichts: Auch mit der Einquartierung von Flüchtlingen im Tölzer Jodquellenhof werde sich die Lage nur kurzfristig entspannen, "denn auch der ist nach zwei Monaten voll", glaubt der Sozialamtsleiter. Nüchtern betrachtet, fügt er an, sei eben auch der Jodquellenhof "leider nicht die große Lösung".

Immobilienmakler Ernst Gröbmair aus Wolfratshausen sieht allerdings derzeit keine Plünderung des Markts durch die Aktivitäten der staatlichen Behörde. Durch die rege Bautätigkeit in der Region habe sich die Lage in seinen Augen "einigermaßen entspannt". Eng sei es derzeit nur bei hochwertigen Mietobjekten wegen des Siedlungsdrucks aus München, "aber günstige Objekte gibt es noch genug", sagt er. Auch habe das Landratsamt bei ihm noch nicht nach Objekten angefragt. Die Tölzer Immobilienmaklerin Antje Ziegener hat indes bemerkt, dass gerade günstige Mietobjekte derzeit schnell vergriffen seien, manchmal gar nach einer Besichtigung: "Da wollen die Leute nicht lange warten, sondern zugreifen, bevor es ein anderer tut."

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