Bad Tölz:Stadtrat ist gegen Wettbüros machtlos

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Das Rathaus spricht sich einmal mehr gegen einen Glücksspielbetrieb aus. Warum das wahrscheinlich wieder nichts ändern wird.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Die Fenster sind mit Plakaten vollgeklebt, auf denen Fußballerbeine zu sehen sind, darüber steht in großen Lettern "Run-Bet" und "Sportwetten": Seit mehr als einem halben Jahr ist ein Wettbüro in einem denkmalgeschützten Haus an der Lenggrieser Straße in Bad Tölz angesiedelt. Das Geschäft läuft munter weiter, obwohl die Stadträte im Bauausschuss bereits im Juli gegen diese Form von Glücksspiel gestimmt hatten. Das gilt auch für das Wettbüro an der Nockhergasse. Schon 2013 untersagten die Räte das Tippen auf Fußballergebnisse oder Pferderennen, trotzdem können Sportfreunde ihr Geld dort noch immer setzen. "Für was sitzen wir eigentlich hier?", erregte sich Camilla Plöckl (SPD) jetzt im Bauausschuss.

Viele Auswege für Betreiber

Das Problem: Wenn ein Stadtrat die neue Nutzung eines Ladens ablehnt, muss das Landratsamt zunächst überprüfen, ob diese Änderung grundsätzlich genehmigungsfähig ist oder nicht. Falls nicht, kann der Betreiber gegen den Bescheid jedoch klagen und vor Gericht ziehen. Erst nach einem entsprechenden Urteil käme dann die Nutzungsuntersagung.

Eine andere Möglichkeit wäre, dass das Landratsamt den Laden per Sofortvollzug dichtmacht. Dies sei aber selten, sagt Bauamtsleiter Christian Fürstberger: "Solange ein Vorhaben theoretisch genehmigungsfähig sein kann, machen die das nicht." Und so können die Wettbüro-Betreiber ihre Türen erst einmal weiter öffnen, auch wenn der Stadtrat dagegen ist. Auf einer Baustelle wäre ein Einschreiten unkomplizierter, sagt Fürstberger: "Wenn da jemand etwas schwarz macht, stellt man den Bau eben ein."

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Von Klaus Schieder

"Sehr trickreicher" Antrag des Wettbüros

An der Lenggrieser Straße hatte der Ladeninhaber das Wettbüro einfach aufgemacht und dann erst den Antrag auf Nutzungsänderung gestellt. Den lehnte der Bauausschuss vor fünf Monaten ab. Die nötigen vier Parkplätze konnte der Betreiber nicht nachweisen, zudem fehlten Unterschriften des Hauseigentümers und der Nachbarn. Nun legte er einen abgewandelten Antrag vor, den Stadtbaumeister Hannes Strunz im Bauausschuss als "sehr trickreich" bezeichnete: Demnach wird das Wettbüro auf nur 14 Quadratmeter reduziert, neben einem Lager und einem Flur gäbe es dann noch einen 17 Quadratmeter großen Raum, der für nichts gedacht ist. Somit wären statt vier bloß zwei Stellplätze erforderlich. Abgesehen davon, dass dem Glücksspielanbieter auch diese beiden Parkflächen fehlen, bezeichnete Strunz den umgemodelten Antrag als unglaubwürdig. "Es gibt keinen Raum, wo es eine Null-Nutzung gibt", sagte er. Der Ausschuss lehnte die Nutzungsänderung zum zweiten Mal ab, abermals einstimmig.

Ändern dürfte sich dadurch wieder nichts. Ebenso wenig wie in der Nockhergasse: Auch dort geht es um fehlende Parkplätze, auch dort stellte der Betreiber zwei Anträge, auch dort sagten die Stadträte zweimal nein. Während ihnen vor allem das Glücksspiel an sich ein Dorn im Auge ist, treibt Fürstberger und Strunz eine andere Sorge um. Wegen ihrer Einnahmen sind Wettbüro-Inhaber in der Lage, weit höhere Pachten zu bezahlen, mit der andere Einzelhändler nicht mithalten können. "Darunter leidet die Vielfalt der Läden in der Innenstadt", sagt Fürstberger. Gegen die Spielsucht könne man mit Verboten sowieso nichts ausrichten.

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"Das interessiert keinen"

Im Fall Nockhergasse hatte der Bauamtschef das Landratsamt im Oktober aufgefordert, das Wettbüro "nach zwei Jahren Untätigkeit" endlich zu untersagen. Aber weil der Freistaat über die Steuern mitverdient, vermutet Fürstberger, dass seine Kritik wohl nicht viel bewirken wird. Der Gesetzgeber sei solchen Geschäften gegenüber offenbar "sehr wohlgesonnen", sagt er.

Einen Weg gäbe es noch, die Wettbüros zu schließen. Der Freistaat erlaubt lediglich eine bestimmte Zahl solcher Läden in Bayern, die Inhaber benötigen demzufolge eine Zulassung. Ob die beiden Geschäftsleute in Bad Tölz eine solche Erlaubnis haben oder die Sportwetten illegal anbieten, weiß Fürstberger nicht. "Aber auch das interessiert ja keinen."

© SZ vom 07.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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