Bad Tölz:Real-Heim muss teilweise schließen

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Die Aufsicht verpflichtet die Tölzer Pflegeeinrichtung wegen anhaltender eklatanter Mängel, von 43 auf 17 Plätze zu reduzieren

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Das Pflegeheim im Reha-Zentrum Isarwinkel kommt gerade noch einmal um eine komplette Schließung herum. In der Einrichtung im alten Krankenhaus in Bad Tölz haben in den vergangenen Jahren der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) und die Heimaufsicht im Landratsamt immer wieder gravierende Mängel in der Pflege der 43 Bewohner registriert. Geändert hat sich daran nichts. Dies stellten die Prüfer jetzt bei einem Gang durch das Heim fest. Erst eine Woche vor ihrem Besuch musste dort eine Seniorin, die Maden in einer Wunde hatte, ärztlich versorgt werden. Das Landratsamt greift deshalb zu einem drastischen Mittel: Der Pflegebetrieb wird stark eingeschränkt, künftig dürfen dort nur noch 17 Bewohner betreut werden. Ein Verfahren zu einer "erheblichen Teilbetriebsuntersagung" ist eröffnet.

Betreiber des Heims ist die Gemeinnützige Rehabilitations-Gemeinschaft GmbH (GRG), die zum Real-Verbund Isarwinkel gehört, der sich um die Betreuung und Rehabilitation psychisch kranker Menschen kümmert. Für den Verbund um Gesellschafter Arnold Torhorst ist das Pflegeheim nur ein Teil seiner Arbeit, die auf den Pfeilern Reha, Arbeit und Leben fußt. In das Segment "Leben" fällt auch das Netzwerk für Pflege, zu dem das Heim in Bad Tölz gehört. Um die Fehler dort und im inzwischen geschlossenen Seniorenheim Alpenhof in Bad Heilbrunn abzustellen, hatte der Verbund erst zu Beginn des Jahres die GRG umstrukturiert und Interimsmanager Carl-Heinz Schütte als alleinigen Geschäftsführer eingesetzt. Torhorst versprach sich davon einen Neuanfang.

Unzureichende Hygiene, mangelnde Ernährung, Fehler in der Wundversorgung, zu wenige Fachkräfte - die Mängelliste ist lang. Sie wurde auch nicht kürzer nach den elf Besuchen, die der MDK und die Heimaufsicht dem Pflegeheim seit März 2014 abstatteten. In der Folge gab es erst einen freiwilligen, später einen gesetzlichen Aufnahmestopp, zudem verhängte das Landratsamt Zwangsgelder in Höhe von insgesamt 18 000 Euro. Dies fruchtete ebenso wenig wie die Ankündigung der Behörde im Dezember 2014, den Betrieb zu untersagen, falls die Mängel nicht beseitigt werden. Nun ist der Geduldsfaden gerissen. Nach einer Anhörung des Betreibers entschied sich das Landratsamt zu einer "drastischen Teilschließung", wie Sozial-Abteilungsleiter Michael Foerst mitteilt. Ein völliges Aus wäre "nur zulässig, wenn es kein milderes, gleich geeignetes Mittel gibt". Eine starke Verringerung der Bewohnerzahl habe sich im Frühjahr im Pflegeheim Alpenhof in Bad Heilbrunn bewährt. Kurz bevor der Betreiber diese Einrichtung dann von sich aus schloss, hätten Kontrollen gezeigt, dass es keine erheblichen Mängel mehr gegeben habe, erklärt Foerst. "Unsere Hoffnung ist, dass es sich nun auch hier so verhält und es zu Verbesserungen kommt." Allerdings werde man weiterhin "engmaschig kontrollieren".

Carl-Heinz Schütte räumt Probleme in der Pflege ein, auch wenn er "nicht in allen Punkte Einverständnis" mit dem Ergebnis der Prüfungen äußert. Er weist darauf hin, dass im Herbst 2014 die Einsatz- und die Pflegeleitung neu besetzt wurden. Im August 2015 mussten diese Führungskräfte wegen anhaltender Mängel aber nochmals durch "sehr erfahrene Fachkräfte von außen" ersetzt werden. Zum Madenbefall der Wunde einer Seniorin erklärt der GRG-Geschäftsführer, dass dieser "ordnungsgemäß dokumentiert und behandelt" worden sei. Im Übrigen habe man dem Landratsamt selbst vorgeschlagen, die Zahl der Bewohner vorübergehend auf 17 im Demenzbereich zu senken.

Für die Stadt Bad Tölz, der das Gebäude des alten Krankenhauses gehört, ist die Situation "nicht so dramatisch", wie Kämmerer Hermann Forster sagt. Weil der Verbund wegen der Probleme in der Pflege nicht alle Heimplätze belegen konnte und finanzielle Einbußen erlitt, stundete die Stadt die Pacht für ein Jahr, die seit 1. Juli jedoch wieder gezahlt werden muss. Außerdem übernahm sie Bürgschaften für Real, die noch zehn Jahre laufen. Der Grund dafür war, dass der Verbund das städtische Gebäude einst für zehn Millionen Mark saniert und umgebaut hatte. Die Wertsteigerung komme ja der Stadt zugute, sagt Forster. Nur ein Aus für das Heim hätte wegen der Bürgschaften auch Folgen für die Stadt. Zu den Zuständen im Heim meint Forster, dass es schwierig sei, geeignete Kräfte für die Pflege zu finden: "Falsches Personal kann die ganze Einrichtung kaputt machen."

© SZ vom 05.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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