Petition:Tölzer wollen ihre Geburtenstation retten

Vielleicht gibt's bald keine kleinen Tölzer mehr? Diese Vorstellung schockiert die Menschen. Zu Hunderten fordern sie mit einer Petition den Erhalt der Geburtshilfe an der Stadtklinik. Der Landtagsabgeordnete Florian Streibl fordert Sofort-Programm der Staatsregierung.

Von Claudia Koestler

Für Bürger wie für Politiker ist das drohende Aus der Geburtshilfe an der Tölzer Stadtklinik ein Schock. Doch nun folgen Taten, um die Schließung noch abzuwenden. So hat der Gaißacher Alexander Hofmann eine Petition im Internet gestartet mit dem Ziel, die Abteilung zu retten. Innerhalb eines Tages unterschrieben bereits an die 1200 Unterstützer die Petition, die noch 60 weitere Tage lang laufen soll. Zugleich hat der Landtagsabgeordnete Florian Streibl (Freie Wähler) aus Oberammergau einen Dringlichkeitsantrag gestellt. Darin fordert er die bayerische Staatsregierung auf, ein Soforthilfeprogramm aufzulegen, das eine flächendeckende Geburtshilfe in ganz Bayern sicherstellen soll. Denn er fürchtet, das Tölzer Beispiel zeige, dass die klassische Geburtshilfe "ernstlich gefährdet" ist.

Weil es nach Ansicht Streibls für werdende Eltern aber unerlässlich ist, in angemessenem Zeitraum den nächsten Kreißsaal erreichen zu können, soll das Soforthilfeprogramm drei Punkte umfassen: Damit eine flächendeckende Versorgung gewährleistet werden kann, sollen Krankenhäusern mit kleineren Geburtshilfeabteilungen finanzielle Unterstützung vom Bund erhalten. Langfristig müsse das Problem niedriger Vergütung und hoher Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung gelöst werden, etwa mittels eines Haftungsfreistellungsfonds.Drittens sollten konkrete Anreize für freiberufliche Hebammen zur Praxisgründung im ländlichen Raum geschaffen werden.

Die Petition im Internet wurde im Namen einer Initiative aus "Eltern, werdenden Eltern und Angestellten" verfasst, wie Initiator Hofmann schreibt. Denn obwohl es in der Kurstadt Bad Tölz und Umgebung einen Babyboom gibt, steht die Geburtshilfe der Asklepios Stadtklinik Bad Tölz vor dem Aus. Alles Bemühungen, neue Gynäkologen zu finden, waren bislang vergeblich, wie Geschäftsführer Joachim Ramming bei einem Pressegespräch in der vergangenen Woche mitgeteilt hatte.

Bis Mitte nächsten Jahres soll die Abteilung zwar noch im gewohnten Umfang weiterlaufen. "Doch was geschieht danach? Wo sollen die Frauen entbinden?", fragte sich Hofmann. Als Alternativen gäbe es nur Agatharied, Wolfratshausen, Starnberg, Garmisch oder gar München. "Das sind alles Kliniken, die nicht um die Ecke liegen", betont der Gaißacher. Ungeklärt sei auch, wie beispielsweise alleinerziehende Mütter in diese Kliniken kämen. Letztendlich ziehe sich der "Rattenschwanz" an Fragen und Sorgen "bis hin zum Rettungsdienst." Kinder aber "warten nicht darauf bis das nächste Klinikum erreicht ist. Oftmals entscheiden Minuten ob ein Baby gesund zur Welt kommt", sagt Hofmann.

Rund 500 Geburten gibt es in der Tölzer Klinik im Jahr. Doch die zwei gynäkologischen Belegärzte Dr. Florina Rummel und Dr. Stephan Krone haben erklärt, dass sie den enormen Arbeitsaufwand unter den gegebenen Umständen nicht auf Dauer stemmen können. Sie betreiben neben ihren Schichtdiensten im Krankenhaus auch noch eigene Praxen. Die beiden Belegärzte machten zwar deutlich, dass sie durchaus gewillt sind, weiter in der Geburtshilfe zu arbeiten - wenn sie Unterstützung erhalten. Doch bislang ist es der Klinik nicht gelungen, weitere Fachmediziner anzuwerben. Kein einziger Bewerber meldete sich auf persönliche Anschreiben, Annoncen, Internet-Werbung und die Arbeit der beiden Personalagenturen.

Die Petenten aber wollen nun den Druck in der Öffentlichkeit erhöhen, um die Geburtshilfe in Bad Tölz "am Leben zu erhalten", wie Hofmann betont. Schließlich könne sich niemand vorstellen, "hochschwanger, mit geplatzter Fruchtblase und Wehen im drei-Minuten-Takt vor der Tür abgewiesen zu werden".

Die bisherigen Unterstützer der Petition betonen vor allem die gute Betreuung, die sie in Bad Tölz bisher erfahren haben und für kommende Generationen von Tölzern nicht missen wollen. Die Kommentare reichen von "haben beim ersten Kind die beste Hilfe erhalten", über die klaren Aussagen von Müttern, wie wichtig eine kurzer Weg zum Kreißsaal ist, wenn man in den Wehen liegt, bis hin zu Sorgen über eine Überlastung der Geburtsabteilungen in den umliegenden Kliniken.

Bis Redaktionsschluss am Sonntagnachmittag hatten bereits rund 1200 Unterstützer die Petition online untrerschrieben, knapp 800 davon aus dem Landkreis. 1400 Stimmen sind nötig, um das Quorum zu erreichen. Das Quorum gibt an, wie viele Unterschriften nötig sind, damit die Plattform openPetition von den zuständigen gewählten Vertretern eine Stellungnahme zur Petition einholt.

Nähere Informationen unter www.openpetition.de/petition/online/rettet-die-geburtshilfe-in-bad-toelz

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