Bad Tölz:Not-Asyl in Tölzer Turnhalle

Die Regierung von Oberbayern aktiviert erneut den Notfallplan für den Landkreis. Ab Montag werden im Gabriel-von-Seidl-Gymnasium die ersten 150 Flüchtlinge untergebracht. Weitere 150 folgen in Geretsried

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Die Nachricht kam am Donnerstag um 18.44 Uhr: Da erhielt Landrat Josef Niedermaier (FW) per E-Mail die Information der Regierung von Oberbayern, dass der Notfallplan zur Aufnahme von Asylbewerbern für den Landkreis wieder aktiviert ist. Das bedeutet, dass insgesamt 300 Flüchtlinge in die beiden Erstaufnahmeeinrichtungen in den Turnhallen des Tölzer Gabriel-von-Seidl-Gymnasiums und des Schulzentrums Geretsried einquartiert werden. Schon am nächsten Montag kommen 150 Asylsuchende nach Bad Tölz, ebenso viele werden am 2. November in Geretsried untergebracht. "Wir haben damit gerechnet, wir sind ja nicht ganz dumm", sagt Niedermaier.

In Bad Tölz muss an diesem Wochenende alles ganz schnell gehen: Technisches Hilfswerk und Rotes Kreuz stellen an diesem Samstag die Betten auf, die zum großen Teil in der Tiefgarage des Landratsamtes deponiert sind, Handwerker liefern Biertischgarnituren und Spinde, ein Gutachter sieht sich zwecks Beweissicherung die Turnhalle an, Feuerwehr und Rettungsdienste sind in Bereitschaft. "Alarmierungskette" nennt Niedermaier den detaillierten Plan, der beschreibt, wer für was zuständig ist - vom Brandschutz über Sicherheit und medizinischen Check bis hin zur Kleiderausgabe. "Das ist ein Riesen-Act, den wir in zwei Tagen absolvieren müssen", sagt der Landrat.

Abiturprüfung Gabriel von Seidl Gymnasium

Zu einem Erstaufnahme-Quartier für Flüchtlinge wird die Turnhalle des Tölzer Gabriel-von-Seidl-Gymnasiums an diesem Wochenende umfunktioniert.

(Foto: Manfred Neubauer)

Die Turnhalle des Tölzer Gymnasiums wird in drei Zonen aufgeteilt. Trennwände gibt es nicht neben jedem Bett, "das wird eher so aussehen wir in einem Katastrophenfall", sagt Niedermaier. Die Flüchtlinge können die Sanitäranlagen der Sporthalle nutzen, bekommen Waschmaschinen und Trockner. Das Essen wird nicht in der Schulmensa ausgegeben, sondern drei Mal am Tag von einem Catering-Service geliefert. Ein Wlan-Netz gibt es noch nicht, soll aber bald bereitgestellt werden. Die Flüchtlinge sollen laut Regierung von Oberbayern zwischen vier und sechs Wochen in der Erstaufnahme bleiben, möglicherweise aber auch länger. Im Landratsamt rechnet man momentan mit bis zu acht Wochen.

Auf die Ankunft der Asylsuchenden ist das Gymnasium vorbereitet. Die Turnhalle wird vom Pausenhof und dem übrigen Schulgelände mit einem Sichtschutz abgetrennt, für Flüchtlinge und Gymnasiasten gibt es jeweils eigene Eingänge. In einem Schreiben an die Eltern teilte Schuldirektor Harald Vorleuter mit, dass man "auf eine strikte Trennung zwischen Aufnahmeeinrichtung und Schulbetrieb achten" werde. Zudem empfiehlt er vorsorglich, die Impfungen der Schulkinder zu überprüfen, und bittet um Verständnis. "Die Menschen, die vor unserer Türe stehen, können nichts für die politischen Umstände und die zusammengebrochene Flüchtlingspolitik der Europäischen Union."

2019 Flüchtlinge

werden wohl bis Jahresende zwischen Icking und der Jachenau leben. Damit rechnet das Landratsamt. Derzeit sind es 1038 Asylbewerber. Nächstes Jahr sollen mehr als doppelt so viele Menschen hinzukommen. Wenn 2016 eine Million Flüchtlinge nach Deutschland kommen, muss der Landkreis insgesamt 5000 Schutzsuchende aufnehmen.

Der Sportunterricht soll, so gut es geht, in andere Turnhallen verlegt werden. Bei annehmbarem Wetter könne er auch mal im Freien oder in Klassenzimmern stattfinden, so Vorleuter. Unterstützung verspricht Klaus Koch, Leiter des benachbarten Förderzentrums und Dritter Landrat (Grüne). "Wir helfen da zusammen." In seiner Schule werde man Sportstunden, die bislang parallel stattfanden, zusammenlegen, um so eine Halleneinheit freizubekommen. "Wir schauen, dass der Sportunterricht nicht ganz absäuft."

Ausweichen müssen auch die Kreisräte. Sie treffen sich am Mittwoch, 21. Oktober, 14 Uhr, nicht wie üblich im Sitzungssaal des Tölzer Landratsamtes, weil dort die Registrierung der neu ankommenden Flüchtlinge läuft. Stattdessen tagt der Kreistag im Saal der Ratsstuben in Geretsried, um sich mit dem schwierigen Haushaltsplan 2016 zu befassen. Auch diese Beratungen werden ganz unter dem Zeichen der Aufnahme von Flüchtlingen stehen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: