Bad Tölz:Kunst-Körper

Bad Tölz: Die Künstlergruppe 'Akt-o-moin' stellte ihre Werke in der alten Madlschule in Bad Tölz aus. Hier ein Werk von Kerstin Aschauer.

Die Künstlergruppe 'Akt-o-moin' stellte ihre Werke in der alten Madlschule in Bad Tölz aus. Hier ein Werk von Kerstin Aschauer.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Die Tölzer Aktmalgruppe demonstriert unterschiedlichste Perspektiven und Deutungen eines Modells

Von Christa Gebhardt, Bad Tölz

Wer bei der Gruppe "Lust e.V." die Bilder der "Tölzer Aktmalgruppe" betrachtet, wird feststellen, dass es sich immer um das selbe Modell in derselben Position handelt, der Mensch von den Malern aber höchst unterschiedlich wahrgenommen und sehr individuell wiedergegeben wird. Dazu trägt der berufliche Hintergrund der Künstler bei. So beschränkt sich der "dienstälteste" der Aktmaler, der Architekt Detlev Wolf, der schon bei der Gründung der Gruppe vor 19 Jahren dabei war, bei der Strichführung auf das Wesentliche, um die Konturen eines Körpers oder Körperteils zu erfassen.

Die Sozialpädagogin und Therapeutin Karin Kneifel hat dagegen ihren Akt "Rote Zora" in Pastelltönen über starken Kohlestrichen fein ausgearbeitet, auch das Gesicht des weiblichen, liegenden Aktes hat deutlich erkennbare Konturen. Ganz anders wiederum sehen die Akte des Dekorateurs Herbert Braito aus: Der liegende weibliche Akt gleicht einer androgynen Schaufensterpuppe mit kantig geformten Gliedmaßen, allerdings raumfüllend und harmonisch in den Proportionen.

Die Grafikerin Kerstin Aschauer erfasst mit ihren dynamisch wirkenden Aktmodellen vor allem den individuellen Charakter der Person: Eine mollige Rothaarige präsentiert ihre Rundungen sehr selbstbewusst, während eine andere, behäbige Nackte völlig entspannt und geistig abwesend zu sein scheint. Ein männlicher Akt in geduckter Hockstellung will anscheinend nicht wirklich viel von sich zeigen, er verbirgt mit dem Arm Kopf und Gesicht, als wollte er seinen perfekten, schönen Körper verstecken.

An Helga Heinrichs Bildern verweilt der Blick dann länger, ihre Akte zeugen von einer intensiven künstlerischen Auseinandersetzung. Da ist zum Beispiel ein auf dem Rücken liegender weiblicher Akt, in ungewöhnlicher Perspektive von oben betrachtet, dessen üppig gerundete Formen sich in den vielschichtigen Hintergrund hinein zu gießen scheinen. Oder ein gespiegelter stehender Akt: Zwei identische, nur angedeutete halbe Körper, die, weder als männlich noch als weiblich erkennbar, mit einer mehrfarbig verspachtelten Wand zu verschmelzen scheinen. Die Tiefe in Heinrichs Bildern entsteht durch raffinierte Hintergründe, die sie zuweilen übermalt und in verschiedenen Versionen übereinander legt. Ihre Erfahrung ist die: "Man muss ein Bild mindestens zweimal zerstört haben, bevor es gut ist." Meist skizziert sie bei den Mittwochstreffen der Aktmaler nur kurz die Position des Modells und arbeitet diese anschließend daheim aus. Von der Malerei war Helga Heinrich schon immer fasziniert, seit 15 Jahren malt sie aber nur noch Akte mit unterschiedlichen Materialien, mal mit Tusche, mal mit Bleistift, mal in Aquarelltechnik. Ihr autodidaktisches Studium hat sie schon immer mit privatem Unterricht bei anerkannten Künstlern kombiniert - mit erkennbarem Erfolg.

Bei der mittlerweile 16. Jahresausstellung der Aktmaler, wie immer organisiert von Jeannette Stahlberg, sind die Körpermaler Michael Junker und Mia Rothas erstmals vertreten. Sie betonen, dass "Akt-O-Moin" mit Body painting rein gar nichts zu tun habe. Ihre Intention sei es, die Schönheit des menschlichen unbekleideten Körpers mit Farben hervorzuheben, indem sie direkt auf die Haut malen und das Ergebnis abschließend mit der Kamera dokumentieren. Mia Rotha kann ihre kreative Ader und ihre Liebe zur Fotografie beim Körpermalen ausleben. Michael Junker ist bezaubert davon, wie sich ein Mensch durch die Farbe verändert. "Je nach Persönlichkeit, die in Vorgesprächen erfasst wird, entfaltet sich durch die verschiedenen Farben auf dem Körper so etwas wie Wildheit, Urnatur, und die Erinnerung an Aborigines aus einer früheren alten Welt." Die großen Fotos in der Ausstellung zeigen Beispiele einer solchen Farbverwandlung, die für die Körpermaler , aber auch für die bemalten Modelle ein starkes Erlebnis ist.

Ausprobieren und mitmalen kann übrigens jeder an jedem 2. und 4. Mittwoch im Monat nach einer kurzen Anmeldung bei Jeannette Stahlberg, und zwar per sms unter der Nummer 0172-8488996.

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