Bad Tölz:Klage gegen Abschiebung

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Ungewisse Zukunft: Solange die Klage gegen die Abschiebung noch nicht entschieden ist, bleibt der Familie Hassan nur abzuwarten. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Eine syrische Familie soll zurück in den Staat, über den sie nach Europa kamen: Bulgarien. Doch dort gelten die Zustände als menschenunwürdig. Sollte die Klage scheitern, wäre die letzte Chance Kirchenasyl

Von Benjamin Engel, Bad Tölz

Die syrische Familie Hassan ist von Abschiebung bedroht. Daher bereitet der Montessori-Verein Bad Tölz im Landkreis Miesbach Räume vor, in denen die Eltern mit ihren drei Kindern in Kirchenasyl unterkommen könnten.

Die Familie ist aus ist über die Türkei und Bulgarien bis nach Bad Tölz geflüchtet. Ob Pharmazeut Idris Hassan und seine Frau, Zakiya Sulaiman, mit ihren Kindern allerdings bleiben können, hängt derzeit von einer Klage vor dem Verwaltungsgericht ab. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hatte Ende Februar den ersten Asylantrag der Familie abgelehnt. Sie hätte daraufhin Deutschland verlassen müssen. Dagegen legte jedoch Rechtsanwalt Hubert Heinhold Einspruch ein. Mit einer Entscheidung rechnet er im Laufe des Sommers.

Die Familie Hassan lebt seit Juni 2014 in Bad Tölz. Die beiden älteren Kinder Alan und Viana besuchen die Montessori-Grundschule in der Kurstadt. Ihr kleiner Bruder Delsher geht in den Montessori-Kindergarten. Grund für die Entscheidung des BAMF ist die Verordnung der europäischen Union (EU) namens "Dublin III", die seit 2013 gilt. Darin ist festgelegt, welcher EU-Mitgliedsstaat dafür zuständig ist, den Antrag von Flüchtlingen auf Schutz zu bearbeiten. Das ist in der Regel der Staat, über den diese nach Europa eingereist sind, in diesem Fall Bulgarien. Das Land gilt als sicherer Staat. Allerdings beklagen Flüchtlingsorganisationen eine menschenunwürdige Behandlung von Asylbewerbern in Bulgarien.

Notfalls würde Annette Weber, Geschäftsführerin der Montessori-Verwaltungs GmbH, die Familie auch im Kirchenasyl unterbringen. Dafür renovierten sie derzeit Räume im Landkreis Miesbach, in denen die Hassans leben könnten, sagt sie. Dort könnten sie die Familie auch mit Essen versorgen sowie die Kinder in die Schule bringen. Darüber hinaus hat die Tölzer Montessorischule schon mit mehreren Aktionen auf das Schicksal der Familie Hassan aufmerksam gemacht. Im Herbst haben sie die "Bunte Socken"-Aktion gestartet, bei der die Schüler unter anderem verschiedenfarbige Socken tragen. Zum Familienfest am vergangenen Freitag haben die Schüler einen Stand organisieren, um über die Zustände in bulgarischen Flüchtlingsunterkünften zu informieren. Mit einem selbst gedichteten Lied thematisierten sie die Geschichte der Hassans.

Hannelore Hein betreut die Familie seit rund einem Jahr. Es gehe ihnen nicht gut, sagt sie. Seit neuestem nehme auch Idris Hassan therapeutische Behandlung an. Ihm setze neben den Umständen der Flucht zu, dass er abhängig sei und nichts verdiene. Beide Eltern lernten intensiv Deutsch und würden gerne arbeiten, sagt Hein. Im Moment sieht die Familie ihrer Einschätzung nach kein "Licht".

Rechtsanwalt Heinhold mag die Erfolgschancen seiner Klage vor dem Verwaltungsgericht nicht einschätzen. Das sei immer eine "gewisse Lotterie", sagt er. Generell seien zwar die osteuropäischen EU-Staaten sichere Drittstaaten. Doch die Zustände hält er für miserabel. Deshalb stünden auch die Chancen gut, eine Abschiebung insbesondere bei traumatisierten Menschen zu verhindern, sagt Heinhold. Im Fall einer negativen Entscheidung vor dem Verwaltungsgericht kündigt er an, den Instanzenweg ausschöpfen zu wollen.

© SZ vom 12.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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