Flüchtlinge:Keine Erstaufnahme im Jodquellenhof

Weil der Winternotfallplan wieder außer Kraft gesetzt wurde, muss der Landkreis das Tölzer Hotel nicht für Asylbewerber nutzen. Landrat Josef Niedermaier ist dennoch auf der Suche nach Unterkünften

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Der Landkreis muss in dem von ihm angemieteten Hotel Jodquellenhof in Bad Tölz vorläufig keine Erstaufnahme für Asylbewerber einrichten. Der Grund dafür ist, dass die Regierung von Oberbayern den gerade erst in Kraft gesetzten Winternotfallplan wieder deaktiviert hat. Diese Konzept stehe "derzeit nicht weiter zur Umsetzung an", sagte Regierungspräsident Christoph Hillenbrand in einem Pressegespräch am Montag im Tölzer Landratsamt. Landrat Josef Niedermaier (FW) will das leer stehende Hotel im Kurviertel dennoch für Flüchtlinge nutzen. Nach neuesten Prognosen muss der Landkreis bis zum Jahresende nicht bloß 1000, sondern 1162 Asylsuchende unterbringen. Dies sind 644 mehr, als bisher zwischen Wolfratshausen und Lenggries leben. "Wir brauchen den Jodquellenhof definitiv", sagte Niedermaier.

Die Regierung hatte den Winternotfallplan vor allem wegen des starken Zustroms von Asylbewerbern aus Kosovo in Gang gesetzt. Weil Einrichtungen zur Erstaufnahme wie die Bayernkaserne in München dadurch an die Grenze ihrer Kapazität gelangten, wurden die Landkreise in Oberbayern aufgefordert, selbst geeignete Gebäude zu melden, in denen Flüchtlinge registriert und medizinisch untersucht werden. Die Situation hat sich momentan allerdings entspannt. Die Kosovaren machen augenblicklich nur noch 18 Prozent der Neuankömmlinge aus, bis vor kurzem waren es noch 80 Prozent, wie Hillenbrand sagte. "Erstmals seit fünf Wochen geht diese Bewegung zurück." Insgesamt rechnet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dieses Jahr aber mit etwa 300 000 Asylsuchenden in Deutschland. "Eine volatile Prognose," sagte der Regierungspräsident: Anders ausgedrückt: Es dürften eher noch mehr werden.

Den Landkreis stellt dies vor das Problem, binnen Jahresfrist mehr als doppelt so viele Flüchtlinge unterzubringen als bislang. Der Jodquellenhof werde als Gemeinschaftsunterkunft "in den ersten Monaten ein bisschen Luft verschaffen", sagte Niedermaier. Mit dem Tölzer Bürgermeister Josef Janker (CSU), der zurzeit in Urlaub weilt und der gegen den Mietvertrag für das Hotel mit einer einstweiligen Verfügung gedroht hat, habe er sich "freundschaftlich unterhalten", sagte Niedermaier. In Lenggries sollen demnächst 66 Wohncontainer aufgestellt werden. Auch die alte Prinz-Heinrich-Kaserne möchte der Landkreis dort gerne als Unterkunft für circa 100 Asylsuchende verwenden. Die Gemeinde Lenggries, die dagegen per Eilantrag auf Unterlassung vor Gericht zog, verlor zwar - und gewann trotzdem. Denn der Landkreis muss nun eine Nutzungsänderung beantragen, was die Kommune bewilligen muss. Den Antrag werde man zwar stellen, sagte Niedermaier. Doch was dabei herauskommt, vermag er nicht zu prophezeien. "Irgendwo vielleicht eine Duldung - ich habe da keine Vorstellung." Andere Optionen helfen zumindest heuer nicht weiter. Das alte Forstamt in Wolfratshausen, womöglich doch ein Containerdorf auf der Flinthöhe, der Umbau des Klosters Beuerberg, der Sache der Kirche ist - all dies werde "erst ab 2016 zur Verfügung stehen", sagte Niedermaier. Überdies sucht man im Landratsamt auch fürderhin nach einzelnen Wohnungen. Angesichts der prognostizierten Zahl an Flüchtlingen ist dies nur Begleitmusik. "Die Ehrenamtlichen setzten voll auf dezentrale Unterbringung, aber wir können eine Verdoppelung damit nicht in den Griff bekommen - keine Chance."

Eine andere Schwierigkeit für den Landkreis sind die circa 70 Fehlbeleger. Das sind Flüchtlinge, die als Asylbewerber anerkannt sind oder zumindest einen Duldungsstatus haben. Die meisten von ihnen werden zu Hartz IV-Empfängern, finden keine Wohnung und bleiben vorerst in den Asylunterkünften. Die Regierung wolle dafür ein Wohnungsbauprogramm auflegen, das allerdings noch ganz am Anfang stehe, sagte Hillenbrand. Dem Landkreis würde dies sowieso nicht viel nützen, sagte Niedermaier. Dies scheitere in dieser Region daran, dass es kaum bebaubare Grundstücke gebe. Und wenn doch, würden sich die Kommunen solche Flächen, die einigermaßen an die Infrastruktur angebunden sind, für ihre Stadtentwicklung kaum nehmen lassen. "Da hilft uns kein Förderprogramm."

Auch wenn die Regierung den Winternotfallplan zunächst wieder in die Schublade gesteckt hat, ist er kein Fall für den Reißwolf. Niemand könne wissen, ob in zwei Wochen nicht doch wieder viele Albaner kämen oder ob die Ukraine-Krise heuer zu Flüchtlingsströmen führe, sagte Hillenbrand. Dieses Konzept diene "der allgemeinen Vorbereitung, die wir womöglich auch im Sommer brauchen können."

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