Bad Tölz:"Kein Problem mit Asylbewerbern"

In der Diskussion über den Tölzer Jodquellenhof als Flüchtlingsunterkunft betont die Stadt erneut ihren baujuristischen Standpunkt, der Landrat spricht von "purer Not"

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Im Streit über den Jodquellenhof als Asylunterkunft bleiben die Fronten verhärtet. Das Landratsamt will in dem ehemaligen Hotel im Kurviertel weiterhin Flüchtlinge einquartieren, die Stadt nennt das illegal und hält an ihrer Klage vor dem Verwaltungsgericht München fest, die Jod AG rückt nicht von ihrem Wohnbauprojekt auf dem Gelände ab. Das war die Quintessenz der Podiumsdiskussion, zu der die Tölzer Grünen eingeladen hatten. Trotz der Sommerhitze kamen dazu knapp 100 Zuhörer am Donnerstagabend in das Gasthaus Kolberbräu. Anton Hoefter, Chef der Jod AG, brachte den Status quo auf den Punkt: "Wir sind uns einig, dass wir uns uneinig sind."

Das Landratsamt hatte auf eigenes Betreiben einen Mietvertrag mit der Jod AG zur Nutzung des Hotels geschlossen, der zunächst acht Monate gilt. Anfang Juni zogen knapp 30 Flüchtlinge im Jodquellenhof ein. Das sei "aus purer Not", aber auch aus wirtschaftlichen Erwägungen geschehen, sagte Landrat Josef Niedermaier (FW). Die Unterbringung in einer Turnhalle koste monatlich zwischen 250 und 320 Euro pro Asylbewerber und sei damit wesentlich teurer als etwa im Jodquellenhof. Er habe die Pflicht, mit Steuergeldern verantwortlich umzugehen, sagte der Landrat. Nachdem die Regierung wegen stark steigender Flüchtlingszahlen den Notfallplan aktiviert hat, dient das frühere Hotel mittlerweile auch als Erstaufnahme-Einrichtung. Demzufolge musste der Landkreis nochmals 145 Flüchtlinge aufnehmen, 78 von ihnen leben im Jodquellenhof, 67 in den Containern in Lenggries.

Bad Tölz: Landrat Josef Niedermaier (li.) hat von Jod-AG-Chef Anton Hoefter den Jodquellenhof als Flüchtlingsunterkunft gepachtet.

Landrat Josef Niedermaier (li.) hat von Jod-AG-Chef Anton Hoefter den Jodquellenhof als Flüchtlingsunterkunft gepachtet.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Die Stadt befürchtet, dass die Jod AG in der Unterbringung von Asylsuchenden einen juristischen Hebel findet, um ihr Wohnbauprojekt am Eingang zur Kurpromenade durchzusetzen. Der Stadtrat möchte auf dem Areal des Hotels hingegen eine touristische Nutzung, die er im neuen Bebauungsplan "Badeteil Mitte" festschrieb. Dulde die Stadt die Asylunterkunft im Jodquellenhof, könne daraus das Recht auf eine spätere Wohnnutzung abgeleitet und der Bebauungsplan ausgehebelt werden, sagte Bürgermeister Janker (CSU). Zugleich listete er die Anstrengungen der Stadt seit 2012 auf, Flüchtlinge aufzunehmen. "Unser Problem ist ausschließlich dieses Baurecht, wir haben kein Problem mit Asylbewerbern."

Landrat Niedermaier schätzt die von Janker beschworene Gefahr als eher gering ein. Der Aufenthalt von Asylsuchenden sei kein Wohnen, meinte er. "Denn das setzt voraus, dass derjenige, der dort wohnt, selbstbestimmt wählen kann, wo er Wohnung nimmt." Dies sei die rechtliche Auffassung im Bauamt des Landkreises. Dem widersprach Stadtrat Ingo Mehner (CSU). Er zog den Vergleich zu einem Gewerbegebiet, in dem immer mehr Wohnungen genehmigt würden. "Dann mache ich dieses Gewerbegebiet kaputt." Die Argumentation von Niedermaier hält Mehner, selbst Anwalt, für akademisch. Die Mehrheit der Juristen sei der Ansicht, dass die Asylunterkunft den Bebauungsplan funktionslos mache, sagte er.

Als Grund, warum die Jod AG den Jodquellenhof ans Landratsamt vermietet hat, nannte Hoefter vor allem die Verantwortung, dieses Gebäude nicht leer stehen zu lassen, wenn gleichzeitig Turnhallen belegt werden müssten, die dann Schülern und Vereinen fehlten. Außerdem seien Asylbewerber eine Chance für Bayern, sich weiterzuentwickeln und "auf den nächsten Horizont des Wachstums" zu kommen. Auf Nachfragen des Grünen-Ortsvorsitzenden Andreas Wild und Zuhörerin Birgit Schneider, warum er nicht per förmlicher Unterschrift auf eine spätere Wohnnutzung verzichte, erwiderte Hoefter, er sei nicht Eigentümer der Jod AG. Als Vorstand sei er dem Aufsichtsrat verantwortlich, da könne er nicht einfach eine Verzichtserklärung unterzeichnen. Zudem sei die Baujuristin der AG der Ansicht, die Asylunterkunft sei "kein Wohnrechtsthema".

Eine Antwort, die Christof Botzenhart (CSU) als "sophistisch" empfand. "Wir wollen nicht, dass Asylbewerber als trojanisches Pferd dienen, um den Stadtratsbeschluss auszuhebeln", sagte er. Willi Streicher (SPD) und Franz Mayer-Schwendner (Grüne) meinten, man habe sich mit der Klage ein Jahr Zeit erkauft. Bis zu einem Urteil könne man in Tölz eine Gemeinschaftsunterkunft errichten, sagten beide unisono. Die Freie Wähler-Gemeinschaft (FWG) hatte sich als einzige Ratsfraktion gegen die Klage ausgesprochen. Die Flüchtlinge müssten menschenwürdig untergebracht werden, wofür der Jodquellenhof ideal sei, sagte Michael Lindmair. "Die Asylbewerber prägen jetzt das Bild im Kurviertel und der Marktstraße, dadurch wird Tölz nur bunter."

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