Bad Tölz:Hoffnung für den Zwickerbauern

Die Stadt Bad Tölz möchte auf einer Wiese südlich des Hofs Bauland ausweisen. Womöglich könnte Annelies Sappls Sohn Martin so einen Teil der Schulden loswerden, die auf dem Anwesen lasten

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Es könnte ein Projekt werden, von dem alle Beteiligten profitieren: Die Stadt Bad Tölz denkt darüber nach, eine etwa 1,5 Hektar große Wiese südlich des Zwickerhofs als Bauland auszuweisen. Für Bürgermeister Josef Janker (CSU) ginge damit der Wunsch in Erfüllung, vor allem Familien etwas anzubieten, die Steuern zahlen und genug Geld verdienen, um sich ein Eigenheim zu bauen. Die jungen Bauherrn bekämen ein Grundstück, das sie in der Kurstadt sonst oftmals vergeblich suchen. Und Eigentümer Martin Sappl würde dies womöglich in seinen Bemühungen helfen, dem hoch verschuldeten Zwickerhof wieder eine Zukunftsperspektive zu geben. Noch ist aber nichts spruchreif.

Im Rathaus könne man sich prinzipiell eine Fortsetzung des Bebauungsplans vorstellen, der für das benachbarte Areal der Heißstraße und der Ludwig-Thoma-Straße gilt, sagt Janker. Auf der Wiese zwischen der Siedlung und dem Zwickerhof wären dann Ein- und Zweifamilienhäuser möglich. Vielleicht um die 20, schätzt der Bürgermeister. Das hänge von der Größe der Parzellen ab. Für die Erschließung, also für Zufahrtswege, Leitungen und Kanalisation, sind aller Erfahrung nach zwischen 25 und 30 Prozent eines Baugebiets vonnöten - von den 1,5 Hektar blieben somit um die 1,1 Hektar als bebaubare Fläche übrig.

Bad Tölz Farchet St 2072

Auf einem Grundstück südlich des Zwickerhofs, der links zu sehen ist, könnten Wohnungen entstehen. Die Erschließung ist schwierig.

(Foto: Manfred Neubauer)

Es dürfte noch viel Zeit vergehen, bis sich die Stadträte mit dem Thema befassen werden. Im Februar wurden sie von Janker über die Idee informiert. "Sie haben das grundsätzlich positiv gesehen und nicht von Haus aus Nein gesagt", berichtet er. Zunächst aber seien viele Vorarbeiten erforderlich, die vom Eigentümer erledigt werden müssten. Zu klären sei etwa, wie groß das Bauland auf der Wiese ausfalle, wie die Erschließung geregelt werde, wie es mit Aspekten des Landschaftsschutzes aussehe und wie es um die landwirtschaftliche Nutzung bestellt sei.

Ein großes Problem ist Janker zufolge die Zufahrt zu dem neuen Wohngebiet. Die Heißstraße böte sich zwar an, verengt sich am Ende jedoch auf gerade einmal 2,5 Meter Breite. "So geht's nicht, da müsste man eine Lösung finden, dass vielleicht die Nachbarn ein paar Quadratmeter abgeben." Die Alternative wäre der Weg über die parallel verlaufende Ludwig-Thoma-Straße. Die dritte Option: Von der Bairawieser Straße aus wird etwa auf Höhe des Friedhofs eine Fahrbahn am Hang entlang zu den Wohnhäusern gebaut. "Eine komplizierte Geschichte", findet der Bürgermeister. Aber all dies seien Aufgaben, die vom Eigentümer erledigt werden müssten.

Bad Tölz: Annelies Sappl mit ihrem Buch "Erde in meiner Hand".

Annelies Sappl mit ihrem Buch "Erde in meiner Hand".

(Foto: Manfred Neubauer)

Als seine Mutter Annelies Sappl im Oktober 2014 starb, übernahm Martin Sappl den Zwickerhof mit etwa zwei Millionen Euro Schulden. Voriges Jahr gelang es ihm, einen Vergleich mit der Bankaktiengesellschaft (BAG) Hamm zu erzielen, der "Bad Bank" der Raiffeisenbank. Sie hatte zu Lebzeiten der Zwickerbäuerin mehrmals eine Zwangsversteigerung des Hofes herbeizuführen versucht. "Wie so oft in solchen Fällen wurde auf einen kleinen Teil verzichtet, der Rest wurde über meine bayerische Hausbank umgeschuldet", sagt der 33-jährige über die Einigung. Ob es ihm hilft, wenn ein Teil seines Grund und Bodens als Bauland ausgewiesen wird? Das könne er noch nicht einschätzen, erwidert Sappl. "Die Stadt gibt vor, unter welchen Bedingungen dies möglich ist." Was die Vorarbeiten betrifft, hält sich er sich bedeckt. "Ich selbst prüfe nichts, ich bin Landwirt und kann solche Dinge nicht leisten." Eine Möglichkeit wäre für ihn, dass eventuell "ein Dritter am Ende unsere landwirtschaftlichen Flächen kaufen und nach den Anforderungen der Stadt entwickeln kann". Damit meint Sappl die "ZoBon". In seiner Klausur im Vorjahr hatte der Stadtrat den Plan einer "Zukunftsorientierten Bodennutzung" entwickelt und heuer im Januar beschlossen. Das Konzept: Wenn die Stadt künftig Bauland für Wohnhäuser ausweist, will sie ein Drittel der Gesamtfläche selbst erwerben, damit dort Sozialwohnungen oder Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindertagesstätten entstehen. Dies gilt für Planungsgebiete, die größer sind als 5000 Quadratmeter. Im Falle der Zwickerhof-Wiese denke man "natürlich auch in Richtung Einheimischenmodelle", sagt der Bürgermeister. Nach seinem Dafürhalten kann die Stadt nicht selbst als Bauträger auftreten. Janker begründet dies mit den vielen Bauprojekten, die in diesem und den nächsten Jahren in Tölz anstehen, im Rathaus "wollen und können wir das personell nicht leisten". In Frage käme ein städtebaulicher Vertrag mit einem Käufer, der die entsprechenden Sozial-Auflagen erhält. "Das wäre sinnvoller", sagt Janker.

Sappl wünscht sich vor allem eines: Ruhe. Nach all den Jahren, in denen der Zwickerhof immer wieder in den Schlagzeilen stand, möchte er dort normal leben und arbeiten. "Zuerst muss der Hof vernünftig bewirtschaftet werden und sich langsam entwickeln, was wir seit dem Unfall meiner Mutter bis heute geschafft haben", sagt er. Irgendwann werde zumindest ein Teil der Schulden durch einen Grundstücksverkauf getilgt. 25 Jahre lang sei "kein Quadratmeter vom Hof verkauft worden".

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