Bad Tölz:Fliegende Kissen

Die Vergabe des Wirtschaftspreises zeigt auch, wie Unternehmen aus dem Landkreis in der Welt herumkommen

Von Felicitas Amler, Bad Tölz

Gut 300 Menschen sitzen am Montagabend im großen Saal des Landratsamts Bad Tölz. Man hat sich schick gemacht für diesen jährlichen Wirtschaftsempfang des Landkreises. Und man ist froh, dass der Raum klimatisiert ist, draußen ist es - kurz vor dem Sommerregen - ziemlich schwül. Alles ist festlich gestimmt. Und dann fliegen plötzlich diese stabilen, dezent gemusterten Kissen von der Bühne ins Publikum. Die frühere Geretsrieder Bürgermeisterin Cornelia Irmer, Laudatorin für den Wirtschaftspreisträger Rohi GmbH aus ihrer Heimatstadt, ermuntert die Zuhörer, doch mal zu fühlen: Ob ihnen diese Stoffe vielleicht irgendwie bekannt vorkommen? Ein gelungener Einwurf. Tatsächlich kennen viele diese Stoffe: Aus einem Flugzeug - von der Lufthansa bis zu den Singapore Airlines; aus einem Konzertsaal - am Münchner Gasteig oder im Aalto-Musiktheater Essen; womöglich sogar von einem eigenen Sitzmöbel - jedenfalls wenn es sich dabei um eines der guten Stücke von Thonet, Knoll oder Rolf Benz handelt.

Die Vergabe des Wirtschaftspreises des Landkreises führt Jahr um Jahr vor Augen, wie breit gefächert, lokal verwurzelt, aber auch global aktiv heimische Unternehmen sind. Landrat Josef Niedermaier betont es auch diesmal mit Stolz. Er bekomme das von seinen Amtskollegen oft zu hören: "Ihr wisst's doch eh, dass ihr gut seid's." In gewohnter Weise lässt es Niedermaier damit nicht bewenden. Man müsse schon auch darum besorgt sein, dass es gut bleibe, sagt er in seiner Festansprache. Als Herausforderungen zählt er auf: die Infrastruktur, speziell die des öffentlichen Personennahverkehrs. Der S-Bahn-Ausbau bis Geretsried sei "essenziell", sagt der Landrat. Und mit demselben Attribut versieht er die viel diskutierte zweite Stammstrecke der Münchner S-Bahn, aber auch das Kunststück, die Mobilität der Menschen im Süden von München zu verbessern, ohne die Landschaft zu schädigen.

Wirtschaftspreise Wirtschaftsempfang

Heimspiel: Die Unternehmer, die den Wirtschaftspreis 2014 erhielten, sind lokal verwurzelt, aber vor allem global aktiv.

(Foto: Manfred Neubauer)

Neben der Energiewende und einem Plädoyer für starke Anstrengungen in der Ausbildung schwächerer Jugendlicher erwähnt Niedermaier auch das Transatlantische Freihandelsabkommen. Es treibe ihn um, sagt er, wie heftig es diskutiert werde. Er fordert Befürworter wie Kritiker auf, die jeweils anderen Argumente abzuwägen. Er selbst ist bereits überzeugt: "Freier Handel bringt gerade für uns als Exportnation immense Vorteile."

Da schließt sich die Vergabe des Wirtschaftspreises in der Kategorie "Anerkennung" nicht ganz nahtlos an, denn dieser geht an eine Einrichtung, die sich keineswegs für freien, sondern für fairen Handel engagiert: der Eine-Welt-Laden Bad Tölz. Laudatorin Monika Hoffmann-Sailer, ehemals SPD-Kreisrätin, greift das Dilemma zwar nicht direkt auf, erinnert aber daran, dass 840 Millionen Menschen in der sogenannten Dritten Welt Hunger leiden. Und dass Gruppen wie der Arbeitskreis Eine Welt dagegenzuarbeiten versuchen.

Anschließend geht es wieder in die Welt des Wohlstands zurück. Rohi-Direktor Philipp Dahm gibt ein paar bildliche Eindrücke seines florierenden Unternehmens, die mit dem Foto einer zufrieden auf Rohi-Stoff im Flugzeug sitzenden Person enden: der Bundeskanzlerin. Und auch der zweite Preisträger, die in Bad Tölz ansässige Sitec Aerospace GmbH, ist worlwide erfolgreich - dank einem "echten Unternehmer", wie Laudator Ludwig Baur, ehemaliger Geschäftsführer der bayerischen Metall- und Elektroarbeitgeber, sagt. Der Gelobte, Armin Hilgarth, hält eine launige Rede, in der er zwar auch die 36 Millionen Euro Umsatz unterbringt, die Sitec in Tölz mache. Mehr noch begeistert er die Zuhörer aber mit einer Randbemerkung: Wenn er von Tölz nach Wolfratshausen fahre, dann gehe sein Handy nie. In Thailand, wo er sich beruflich öfter aufhält, funktioniere das Handy dagegen sogar im tiefen Gebirgstal. Das wollte er schon immer mal loswerden.

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