Bad Tölz:"Du kriegst halt nichts"

Zwei Tölzer Firmenchefs möchten expandieren. Weil sie keine Gewerbeflächen finden, denken sie ans Abwandern

Von klaus Schieder, Bad Tölz

Es klingt wie eine Liebeserklärung, wenn Volker Melichar über Bad Tölz spricht. "Ich mag die Stadt wirklich sehr gerne, ich fühle mich hier brutal wohl", sagt der Geschäftsführer der Firma Oberlandkälte GmbH & Co KG. Mit seinem Betrieb möchte er deshalb auch nicht wegziehen, aber im nächsten Jahr wird ihm vielleicht gar nichts anderes übrig bleiben. Händeringend hat er in Tölz bisher nach einem 1000 bis 1500 Quadratmeter großen Areal gesucht, um darauf ein neues Gebäude zu errichten - "keinen 08/15-Block, sondern etwas Ansprechendes, etwas Traditionell-Modernes". Gefunden hat er nichts, jedenfalls nichts Passendes. Dass sich dies in absehbarer Zeit noch zum Besseren wendet, erscheint ihm zweifelhaft. "Du kriegst halt nichts", sagt Melichar.

Vor zwei Jahren hatte er sich mit seiner Firma am Bahnhofsplatz angesiedelt, wo er acht Mitarbeiter beschäftigt. 200 Quadratmeter Lager, ein 50 bis 60 Quadratmeter großes Büro, ein bisschen Freifläche, nur eine ölbetriebene Heizung, kein Keller - schon 2012 war dies für Melichar nur eine Interimslösung. Seither fahndet er nach einem geeigneten Areal, am liebsten wäre ihm ein Platz in der Nähe am Bahnhof, wenn er nicht unmittelbar an den Gleisen liegt. Für Bürgermeister Josef Janker ginge auf der Westseite des Bahnhofs in puncto Gewerbeflächen "noch so einiges", aber die Stadt ist machtlos, weil sich dieses Gelände in Privatbesitz befindet. "Der Eigentümer müsste mit uns reden, klar ist, dass er offene Türen einrennen würde."

Melichar nahm unter anderem das schmale Grundstück im Gewerbegebiet Farchet ins Visier, auf dem sich nun die Windschüttl Dachtechnik GmbH ansiedeln wird. Doch das kam für ihn wegen des Zuschnitts nicht infrage - "da müsste ich einen langen Schlauch reinstellen, das hilft mir nichts". Außerdem liegt Farchet für ihn ungünstig, da die Lastwagen meist nach Bichl, Bad Heilbrunn oder zur Zweigstelle der Oberlandkälte GmbH nach Garmisch-Partenkirchen fahren und von Farchet aus durch ganz Tölz rollen müssten. Notgedrungen hatte der Geschäftsführer seine Fühler über die Stadtgrenzen hinaus ausgestreckt. Nach Sindelsdorf, nach Großweil, nach Schlehdorf. Dort sprach er mit den Bürgermeistern, durchaus mit Erfolg. "Ich hätte bloß meine Bewerbung abgeben müssen, aber ich habe immer abgewartet", sagt Melichar. In der stillen und bisher vergeblichen Hoffnung, dass in Tölz womöglich doch Expansion möglich sei. Inzwischen sieht er sich in Bad Heilbrunn um, wo er am Ortsrand vielleicht eine Fläche bekommen kann, was aber noch nicht spruchreif ist. "Ich bin mit Bad Tölz stark verbunden, ich liebe die Stadt, aber im Endeffekt hilft das nichts."

Bad Tölz: Vor zwei Jahren hat sich die Firma Oberland-Kältetechnik GmbH neben dem Tölzer Bahnhof angesiedelt. Schon damals war das nur eine Interimslösung.

Vor zwei Jahren hat sich die Firma Oberland-Kältetechnik GmbH neben dem Tölzer Bahnhof angesiedelt. Schon damals war das nur eine Interimslösung.

(Foto: pöstges)

Kaum anders ergeht es Helmut Weber, Geschäftsführer der Druckhaus Weber GmbH, die sich seit rund 30 Jahren ist Bad Tölz befindet. Die Firma mit 14 Mitarbeitern, die vor allem für die Pharmaindustrie tätig ist, hat an der Kohlstattstraße zu wenig Platz. Als das Gewerbegebiet Farchet erschlossen wurde, kam Weber nicht zum Zuge. Auf dem 450 Quadratmeter großen Ersatzquartier zwischen der Lenggrieser Straße und der Isar ist "alles beengt, alles ausgereizt", sagt Weber. Er hat mehrmals "angestückelt und zugekauft" - mit der Folge, dass es dort "keine einheitliche Fläche gibt". Er sah sich viele Mietobjekte an, doch um die Räume an die Produktion anzupassen, hätte er viel Geld in die Hand nehmen müssen. Dann suchte er nach einem 1500 bis 2000 Quadratmeter großen Grundstück, wo er auf etwa 800 Quadratmetern eine neue Fertigungshalle bauen möchte. "Aber da sieht es im Umkreis zappenduster aus", berichtet er. Kurzfristig könnte er einen Teil der Buchbinderei in einen anderen Betrieb auslagern. Doch das wäre eine vorübergehende Lösung. Weber denkt darüber nach, lediglich die Verwaltung in Bad Tölz zu belassen, sich mit der Produktion aber andernorts anzusiedeln.

Die Auftragsbücher der beiden Betriebe sind gefüllt. Melichar hat noch ein anderes Problem. Er sucht fast schon verzweifelt Personal, "ich könnte locker drei, vier Leute einstellen". Kältetechniker, Lehrlinge, auch Quereinsteiger wie Elektriker, Sanitär- oder Heizungstechniker. Was die fehlenden Grundstücke für Firmen angeht, sieht er die Schuld auch bei der Stadt. Anders als beim Wohnungsbau habe man die Entwicklung von Gewerbeflächen dort "städteplanerisch verschlafen", meint der Geschäftsführer.

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