Bad Tölz:Bello ciao!

Bad Tölz: Pippo Pollina ist mit "Il sole che verrà" auf Tournee.

Pippo Pollina ist mit "Il sole che verrà" auf Tournee.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Das Publikum liebt Pippo Pollina. Im Kurhaus spielt er mit starken Jazzern

Von Petra Schneider, Bad Tölz

Zu seinem Publikum pflegt Pippo Pollina eine enge Beziehung. In einem Flyer, der am Mittwoch auf den Stühlen im restlos ausverkauften Tölzer Kurhaus ausliegt, liest sich das so: "Dass wir gerade mit der gegenseitigen Treue eine Verbindung aufbauen, die zum Erfolg der CDs oder der Tournee beiträgt, unabhängig vom Interesse der Massenmedien." Das Band zwischen dem sizilianischen Liedermacher und seinem Publikum hält fest; auch am Mittwoch ist eine eingeschworene Fangemeinde gekommen, die sich nicht satt hören kann an den mal gefühlvollen, mal leidenschaftlichen Liedern des Cantautore.

22 Alben hat der 53-Jährige bisher veröffentlicht und Stadien gefüllt, wie vor vier Jahren die Arena in Verona zum Abschluss der "Süden"-Tournee; im Kurhaus-Publikum sitzen auch die damaligen Kollegen Werner Schmidbauer und Martin Kälberer. Inzwischen spricht der schmale Mann aus Palermo, der seit fast 30 Jahren in der Schweiz lebt, Deutsch und zur Freude der Zuschauer auch Bairisch. Nach einer eineinhalbjährigen Pause ist er mit neuem Album "Il sole che verrà" auf Europa-Tournee, begleitet vom Palermo Acoustic Quintet: Michele Ascolese (Gitarre), Roberto Petroli (Saxofon, Klarinette), Fabrizio Giambanco (Schlagzeug), Filippo Pedol (Kontrabass, E-Bass) und Gianvito Di Maio (Keyboard, Akkordeon).

Die Lieder der neuen CD wirken oft nachdenklich und weniger rockig, geblieben ist der Anspruch an die Texte. Ein italienischer Schmusesänger wollte Pollina nie sein, und so macht er gleich am Anfang sein Selbstverständnis klar: Künstler sollten Verantwortung übernehmen und Werte vermitteln. "Die Politik hat für mich abgesagt", erklärt er. Denn die Wirtschaft dominiere sie und stelle alles unter das Primat des Profits. Sein Beitrag ist die Musik und ihre Botschaft die Hoffnung, la speranza, die er in dem druckvollen Rocksong "Eppure si muove" (Und sie bewegt sich doch) besingt.

Bei einigen Liedern wird die deutsche Übersetzung auf eine Leinwand projiziert. Soweit man das von den hinteren Reihen lesen kann, sind das weniger politische als poetische Bestandsaufnahmen - über die Natur und den Wechsel der Jahreszeiten, über Sonne und Meer. "Es wäre schön, im Sommer zu sterben", heißt es etwa in "Andarsene d'estate", das Pollina als Kritik an einer schnelllebigen Welt verstanden wissen will. Ausführlich erzählt er die Geschichten zu seinen Liedern; über seine Reise nach Kuba und den dortigen Krankenhausaufenthalt wegen einer "Revolution in mein Magen", zum Beispiel. Das fetzige "Divertimento Latino" sei seine "Hommage an Lateinamerika". Oder über den Boxer Muhammad Ali, "Held meiner Jugend", der im Ring getanzt und politisch Stellung bezogen habe: Gegen Rassendiskriminierung, gegen den Vietnamkrieg. Ausschnitte aus Interviews und dem legendären Kampf gegen Georg Foreman werden eingeblendet, die das Publikum mit freundlichem Beifall quittiert. Pollina hat Ali das Lied "A mani basse" gewidmet, das mit einem Mundharmonika-Vorspiel von Petroli einsetzt.

Auch ein Duett mit der großartigen norwegischen Jazzsängerin Rebekka Bakken gibt es am Mittwoch: Per Videoeinblendung singen die beiden die gefühlvolle Ballade "E laggiù le lampare". Nach der Pause wird die Musik kraftvoller, die Ansagen werden kürzen: "Mare, Mare, Mare", "Passa il tempo" und der satte Rocksong "Cento chimere. Roberto Petroli am Saxofon begeistert mit jazzigen Soli. Spätestens beim Folkstück "Camminando", das bei keinem Konzert fehlt, ist das Publikum nicht mehr zu halten: Alles wiegt, wogt und klatscht, bis sich die Band nach der dritten Zugabe mit einem rasenden "Bella ciao" verabschiedet.

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