Bad Tölz:Bad Tölz setzt auf Hotels statt Wohnungen

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Die Unternehmen kritisieren, dass es zu wenige und zu wenig bezahlbare Bleiben gibt. Im Bäderviertel pocht der Bürgermeister weiter auf Tourismus

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Bad Tölz hat ein Problem. Unternehmen würden sich gerne vergrößern oder sich ansiedeln, aber es gibt kaum Wohnungen für ihre Mitarbeiter, schon gar keine preiswerten. Im Bäderviertel möchten Grundeigentümer zwar Wohnhäuser bauen, dürfen dies aber nicht, weil die Stadt vier Sondergebiete für Hotels und andere touristische Nutzungen festgelegt hat. In diesem Spannungsfeld richtet Bürgermeister Josef Janker (CSU) seinen Kompass klar auf den Fremdenverkehr aus: Bad Tölz lebe vom Tourismus, die Stadt dürfe sich "nicht nur ums Wohnen kümmern".

In der Unternehmensbefragung hatten die Firmen an Tölz vor allem bemängelt, dass kaum Wohnflächen zur Verfügung stünden, zudem seien die Preise auf dem Immobilienmarkt zu hoch. In der Nähe des Kurparks möchte die Eigentümerin von Haus Bruckfeld, das seit Jahren verfällt, vier Wohnhäuser errichten, was die Stadt mit dem Bebauungsplan "Hotel am Kurpark" und einer Veränderungssperre unterbunden hat. Die Besitzerin ging deshalb vor das Verwaltungsgericht München - mit Erfolg. Die Richter urteilten, die Stadt habe die Interessen der Klägerin nicht ausreichend erkannt und abgewogen. "Hemdsärmelig" nennt Patrick Bühring, Anwalt der Eigentümerin, die Vorgehensweise der Kommune. "Wenn man schon etwas gegen den Willen der Eigentümer macht, dann aber in einer Art und Weise, die Hand und Fuß hat", sagt er. Sein Eindruck sei, dass die Stadt mit ihrem Plan im Kurviertel etwas am Leben zu erhalten versuche, was vergangen sei. Seit 2009 habe sich der Tourismus verändert, "vieles davon ist Wunsch". Das sieht Janker freilich ganz anders. Er kündigt Berufung gegen das Urteil an, das ihm "zu schnell und zu pauschal" vorkommt: "So einfach kann man sich das nicht machen."

Auf dem Areal des früheren Alpamare will die Jod AG Wohnhäuser bauen. Das will die Stadt verhindern. (Foto: Manfred Neubauer)

Wenige hundert Meter vom Kurpark entfernt will auch die Jodquellen AG bauen. Das Spaßbad Alpamare ist Geschichte, das Hotel Jodquellenhof momentan eine Flüchtlingsunterkunft. Anstelle des ehemaligen Hotels ist ein Neubau mit Arztpraxen und therapeutischen Einrichtungen im Parterre, mit Wohnungen in den oberen Stockwerken geplant. Dahinter sollen auf dem Alpamare-Areal acht Wohnhäuser errichtet werden. Dies will die Stadt mit einem neuen Bebauungsplan verhindern, der ebenfalls ein Hotel vorschreibt - bis dahin gilt eine Veränderungssperre. Daran übt Max Hoefter, Geschäftsführer der Kurfürstin GmbH und Vater des Jod AG-Chefs Anton Hoefter, deutliche Kritik: "Diese Tölzer Rathaus-Politik führt zu einem jahrelangen Stillstand und damit zur Verwahrlosung und Tristesse wie damals in Bad Heilbrunn", prophezeit er.

Janker hält diese Warnung schlichtweg für "Käse". Er verweist auf das Beispiel des Hoteliers und ehemaligen Stadtrats Georg Eberl, der ein dreistöckiges Wohnhaus genehmigt bekam - obwohl es im Sondergebiet "Bäderviertel Mitte" liegt, wo die Stadt ebenfalls Wohnungen verbietet. Der entscheidende Unterschied ist Janker zufolge, dass Eberl zuvörderst sein Hotel samt Privatklinik ausbauen möchte, wofür er ein Wohnhaus zur Querfinanzierung braucht. Das Gleiche gelte für die Firma Arcus, die zwei Sterne-Hotels neben dem geplanten Spa "Natura Tölz" bauen will, wozu ihr Wohnappartements auf dem Areal an der Arzbacher Straße zugestanden wurden. Seit zwei Jahren schon empfehle er der Jod AG ein solches Konzept, sagt der Bürgermeister. Stattdessen habe er jedoch nur "lauter vage Auskünfte" bekommen.

300 neue Betten neben dem Spa, ein Hotel auf dem Alpamare-Gelände, ein Hotel fürs Haus Bruckfeld und weitere im Sondergebiet "Bäderviertel Mitte" - das wirft die Frage auf, ob Tölz künftig überhaupt so viele Gäste hat, um all diese Häuser zu belegen. Dem Bürgermeister ist nicht bange. In den vergangenen Jahren seien etliche Ferienwohnungen und Pensionen aufgegeben worden, sagt er. "Ja, wir brauchen Betten, ob letztlich alle touristisch genutzt werden, wissen wir nicht."

Um den Mangel an bezahlbaren Wohnungen zu beheben, sieht Janker die Stadt dennoch auf dem richtigen Weg. Die Lenggrieser Baugenossenschaft errichte 14 Wohneinheiten an der Kohlstattstraße, an der Osterleite auf der Wiese vor der Reha-Klinik entstünden 18 Wohneinheiten, dazu zwölf Wohneinheiten an der Lettenholzschule - das mache insgesamt 44. "Das ist ja nicht ohne." Im Herbst begibt sich der Stadtrat in Klausur, um über das Integrierte Stadtentwicklungskonzept zu beraten. Dabei sollen Flächen für Wohnen und für Gewerbe definiert werden. Denn Bad Tölz hat noch ein anderes Problem: Für Firmen gibt es in der Kurstadt keine Grundstücke. "Wir haben null Komma null Quadratmeter Fläche", sagt Bauamtsleiter Christian Fürstberger.

© SZ vom 21.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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