Bad Tölz:Ausverkauf einer Idee

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Der Landkreis hat die "Schnecke" auf dem ehemaligen Kasernenareal an einen Investor veräußert. Aus dem Standort für Altersforschung und verwandte Einrichtungen ist nichts geworden.

Von Wolfgang Schäl

Architektonisch ein Kontrapunkt zum einstigen Kasernenkarree: Die "Schnecke" auf der Tölzer Flinthöhe sollte ein Zentrum für Alterforschung und einschlägige Firmen und Projekte werden. Jetzt hat der Landkreis das Gebäude verkauft. (Foto: Manfred Neubauer)

Gerade einmal zehn Jahre ist es her, da war die futuristisch anmutende "Schnecke" innerhalb des Tölzer Flintkasernen-Gevierts noch der Stolz des Landkreises. Jetzt hat er sich in aller Stille von dem einstigen Vorzeigeobjekt verabschiedet: Er hat es vekauft. Bei einem Notartermin am Dienstag in München wurde der Handel perfekt gemacht, das Objekt geht mit der Vertragsunterzeichnung in den Besitz eines Investors über, der noch nicht namentlich genannt sein will, sich aber Ende März bei der Übergabe offiziell präsentieren wird. Dass der Verkaufsabschluss schon jetzt an die Öffentlichkeit gedrungen ist, erscheint aus Sicht der Beteiligten unerfreulich. Denn jetzt müssten die Mieter aus der Zeitung erfahren, dass es einen Besitzerwechsel gegeben hat. Besonders verdrossen ist darüber Landrat Josef Niedermaier: "Ich bin bitter enttäuscht und total sauer auf die betreffenden Kreisräte."

Nach Mitteilung der Kreisbehörde und des beauftragten Maklers Peter Schneider vom Wolfratshauser Immobilienbüro Schneider & Prell ist der Käufer in der Region München ansässig, über den genauen Kaufpreis wurde von allen Seiten Stillschweigen vereinbart. Auf jeden Fall soll er aber oberhalb von 6,5 Millionen Euro liegen. Der Transaktion hat am Mittwoch in einer nicht öffentlichen Sitzung auch der Kreistag ohne eine längere Debatte, allerdings nicht ganz einmütig zugestimmt. Wer sich dagegen ausgesprochen hat, lässt Kreispressesprecher Hans-Ulrich Menrad zwar offen, darüber, welche Kreisräte ihre Stimme verweigerten, habe er sich allerdings sehr gewundert.

Für Niedermaier stellt sich die Frage, ob er mit dem Verkaufserlös zufrieden ist, in dieser Form nicht. Der habe sich nach dem Wertgutachten gerichtet, und dass man die Baukosten von damals knapp 17 Millionen nicht wieder hereinbekommen würde, sei von Anfang an klar gewesen. Schließlich sei die Schnecke in zwei Gutachten abgewertet worden. "Mehr war nicht drin", so Niedermaiers nüchternes Fazit. Den Kreishaushalt wird die Transaktion laut Niedermaier nicht tangieren, der Erlös werde ausschließlich zur Tilgung der Schulden verwendet, die noch auf dem Flintcenter lasten. Das werde damit aber auch weitgehend entschuldet.

Den Vermittlungsauftrag hat das Immobilienbüro Schneider & Prell schon vor zweieinhalb Jahren bekommen. Wegen der erwähnten Gutachten und Objektbewertungen sei aber im ersten Jahr praktisch nichts geschehen, mit der Vermittlungsarbeit habe man erst vor anderthalb bis zwei Jahren begonnen, sagt Schneider. Dass sich die Verhandlungen so lange hingezogen haben, begründet der Makler damit, dass die auf zehn Jahre geschlossenen Mietverträge mit den Nutzern erst verlängert werden mussten, um dem Investor Klarheit über die Einnahmen zu verschaffen. Nachdem man dies aber zwischenzeitlich habe klären können, sei nicht nur der jetzige Käufer auf den Plan getreten, sondern insgesamt vier oder fünf ernsthafte Interessenten. Mit der getroffenen Wahl sei er sehr zufrieden, versichert Schneider. Er sieht die Schnecke "in guten Händen".

Unklarheiten hat es zuletzt mit dem prominentesten Mieter gegeben, dem Altersforschungsinstitut Generation Research Program (GRP), das eine ganze Etage belegt - ihm ist die Immobilie zu teuer geworden. Es hat sich deshalb bislang noch nicht auf eine Verlängerung des Mietvertrags festgelegt. Die ursprüngliche Idee war, dass das GRP ein wissenschaftlicher Kern sein sollte, um den herum sich einschlägige Firmen und Projekte ansiedeln. Dazu kam es nicht, stattdessen entstanden Büros, Praxen und Geschäfte, die mit der Altersforschung nichts zu tun haben.

Immerhin hat diese Entwicklung dazu geführt, dass die Schnecke zu 97 Prozent ausgelastet ist. Gebaut wurde sie von dem Architekten Diethard Siegert, der schon für den Umbau der bayerischen Staatskanzlei verantwortlich zeichnete.

© SZ vom 22.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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