Bad Tölz:Aus Asyl-Plätzen werden Wohnungen

Flintcenter Baustelle Flüchtlinge Asylbewerber

Das Haus für bis zu 170 Flüchtlinge soll in einem Jahr fertig sein. Die Kosten von 4,6 Millionen Euro holt sich die Stadt über Pacht und Miete zurück.

(Foto: Manfred Neubauer)

Baustart für die neue Unterkunft auf der Flinthöhe, die später umgenutzt werden soll

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Die Stadt hat mit den Bauarbeiten für die neue Asylbewerberunterkunft neben der Montessorischule auf der Flinthöhe begonnen. Das Haus mit Platz für etwa 170 Flüchtlinge soll bis zum März nächsten Jahres fertiggestellt sein. Gegenüber den ursprünglichen Plänen gibt es eine Korrektur: Der 4,6 Millionen Euro teure Neubau, den die Stadt über zwei Kredite finanziert, bekommt nun doch einen Keller. Der Grund dafür sei, dass darin später Sozialwohnungen entstehen sollen, "wir hätten sonst keine Lagerflächen", sagt Bauamtsleiter Christian Fürstberger.

Auch der Zeitplan hat sich etwas geändert. Anfangs sollten die Arbeiten bereits im Herbst vorigen Jahres beginnen, die Unterkunft bis zum Herbst dieses Jahres bezugsfertig sein. Aber die Ausschreibungen zogen sich in die Länge, im Winter wollte die Stadt dann nicht mit dem Bau anfangen. Das Gebäude entstehe in fester Bauart, sagt Fürstberger. "Es wird gemauert und betoniert, das sind keine Container." Mit der Regierung von Oberbayern schließt die Stadt einen Pachtvertrag, der über zehn Jahre laufen soll. Danach werden die rasterartig konzipierten Räume, die den Flüchtlingen als Quartier dienen, zu insgesamt 34 kleinen Sozialwohnungen zusammengefasst.

Ein finanzielles Risiko sieht Zweiter Bürgermeister Andreas Wiedemann (FWG) in dem Projekt nicht. Um die Kosten von 4,6 Millionen Euro zu stemmen, hat Kämmerer Hermann Forster ein Darlehen über 2,1 Millionen Euro aus dem Sonderprogramm "Flüchtlingsunterkünfte" bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) aufgenommen. Die restlichen 2,5 Millionen werden über einen "Energiekredit Kommunal Bayern" bei der BayernLabo bezahlt. Der Vorteil: Für beide Kredite muss die Stadt so gut wie keine Zinsen berappen. "Das bietet sich ja direkt an", sagt Wiedemann. Zudem soll sich die Unterkunft über die Pachtzahlungen der Regierung und die späteren Mieteinnahmen refinanzieren.

Mit dem Neubau verbindet die Stadt die Hoffnung, dass der Jodquellenhof im Kurviertel bald nicht mehr als Asylquartier dient. Der Landkreis nutzt das im November 2014 geschlossene Hotel seit mehr als einem Jahr als Unterkunft für Flüchtlinge und schloss dafür einen Vertrag mit dem Eigentümer Jod AG. Die Stadt klagte dagegen, weil sie in ihrem Bebauungsplan für das Gelände eine touristische Nutzung vorschreibt und eine Belegung des Hotels mit Asylsuchenden als illegal ansieht. Sie fürchtet, die Jod AG könne damit einen juristischen Hebel finden, um ihre Wohnbaupläne auf dem Areal durchzusetzen. Das Verfahren läuft noch. Wenn der Neubau auf der Flinthöhe fertiggestellt ist, "dann soll auch der Jodquellenhof geräumt werden", sagt Fürstberger. Ähnlich äußert sich Wiedemann. Ziel sei es, die derzeitige Nutzung des Hotels "baldmöglichst zu beenden".

Der Zweite Bürgermeister und der Bauamtschef verweisen unisono darauf, dass Bad Tölz die freiwillige Aufnahmequote des Landkreises mit etwa 500 Schutzsuchenden in der Kurstadt weit übertroffen hat. Das sei mehr, "als die Solidarität einfordert", die aber "nicht überstrapaziert" werden sollte, sagt Wiedemann. Dem kann Thomas Bigl, Sachgebietsleiter für Sozialwesen im Landratsamt, im Grunde nur beipflichten. Bad Tölz liege "massiv oberhalb der Quote". Wenn die Stadt nun sogar eine eigene Asylunterkunft baue, sei das schon "im Zusammenhang mit dem Jodquellenhof zu sehen", sagt Bigl. Auf der anderen Seite weiß niemand, wie sich die Flüchtlingskrise weiter entwickelt. "Die große Unsicherheit ist die allgemeine Entwicklung."

Aber selbst wenn die Zahl der Asylsuchenden heuer nicht mehr stark ansteigen sollte, steht Bad Tölz wie andere Kommunen vor einem anderen Problem: Anerkannte Asylbewerber und solche, die ein Bleiberecht bekommen, müssen sich außerhalb der Unterkünfte eine Wohnung suchen. Sie können sich die meist kostspielige Domizile jedoch ebenso wenig leisten wie einkommensschwache Einheimische. "Wir müssen zweigleisig fahren, wir dürfen nicht bloß für Flüchtlinge, sondern müssen auch für unsere Bevölkerung etwas machen", sagt Wiedemann. Das gilt für den Neubau auf der Flinthöhe, das gilt auch für das soziale Wohnungsbauprogramm, das die Stadt angehen will. Die Überlegungen, in Tölz noch eine zweite Asylunterkunft in Eigenregie zu errichten, wurden vorerst beiseite gelegt. Stattdessen habe man momentan drei Grundstücke im Blick, um darauf Sozialwohnungen zu bauen, berichtet Fürstberger. "Nicht nur für anerkannte Flüchtlinge, sondern auch für Einheimische." Denn es gebe einen "großen Bedarf" an Zwei- bis Drei-Zimmer-Wohnungen in der Größe von 50 bis 65 oder 70 Quadratmetern. "Wir werden dieses Jahr planen, nächstes Jahr bauen", so der Bauamtschef.

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