Bad Tölz:Abschied von der "Zwickerbäuerin"

Mehr als 200 Gäste beim Trauergottesdienst in der Tölzer Stadtpfarrkirche

Von klaus Schieder, Bad Tölz

Die Bänke in der Tölzer Stadtpfarrkirche waren voll besetzt, einige Gäste mussten den Trauergottesdienst im Stehen verfolgen: Mehr als 200 Angehörige, Verwandte und Freunde haben am Mittwoch in der Tölzer Stadtpfarrkirche Abschied von Annelies Sappl genommen. Die 70 Jahre alte Landwirtin, besser bekannt als "Zwickerbäuerin", war am Dienstag voriger Woche von einem Stier auf ihrem Bauernhof getötet worden. Ihr Leben war geprägt vom Kampf gegen einen hohen Schuldenberg und die drohende Zwangsversteigerung ihres Hofs, der sich seit mehr als 450 Jahren im Familienbesitz befindet. Dabei stritt sie immer wieder mit Banken, der Stadt, auch mit Nachbarn. Stadtpfarrer Peter Demmelmair warnte in seiner Predigt jedoch davor, ihr Leben nur in schwarzen oder weißen Tönen zu zeichnen. Vielmehr sei es ein buntes Gemälde, zu dem jeder seine Farbe beigetragen habe. Sappl habe "Sonnenstunden und Nachtseiten des Daseins erlebt und durchlitten", als "durchdringend religiöser Mensch" habe sie "am existenziellen Abgrund" stets Trost im Glauben gesucht.

Als einziger Repräsentant der Stadt nahm Bürgermeister Josef Janker an der Trauermesse teil, ansonsten waren keine Vertreter aus der Politik oder der lokalen Prominenz zu sehen. Bei der Zwickerbäuerin habe es sich um eine "konsequente, auch streitbare Persönlichkeit" gehandelt, sagte Janker der SZ. Die Familie, ihre zwei Söhne und ihr Hof seien ihr außerordentlich wichtig gewesen, "sie hat in allen Bereichen versucht, sie zu schützen". Mit welchem Einsatz sie dieses Ziel verfolgte, sei "bewundernswert" gewesen. Wie es mit dem Bauernhof nördlich von Tölz weitergeht, ist derzeit unklar. Nach einem Brand im Jahre 1977 hatte die Raiffeisenbank der Bäuerin einen millionenschweren Kredit gegeben, ihn aber vor neun Jahren an ihre "bad bank" verkauft, die Bankaktiengesellschaft (BAG) Hamm. Die versucht seither, eine Zwangsvollstreckung durchzusetzen. 2010 verlor die Bäuerin ihren Hof beinahe, als ihn ein Münchner Landwirt am Amtsgericht Wolfratshausen für 3,35 Millionen Euro ersteigerte. Ihrem damaligen Anwalt Michael Köllner gelang es jedoch, der BAG einen Verfahrensfehler nachzuweisen. 2012 erklärte das Landgericht München die Zwangsvollstreckung allerdings für zulässig, eine Klage Sappls gegen dieses Urteil wies das Oberlandesgericht München im Vorjahr ab.

Begräbnis Zwickerbäuerin

Im Familiengrab auf dem Tölzer Waldfriedhof ist Annelies Sappl am Mittwoch beigesetzt worden.

(Foto: Neubauer)

Nun müsse man erst mal abwarten, ob die Erben den Hof und damit die Schulden übernehmen, meinte Köllner, der die verstorbene Landwirtin seit 2012 nicht mehr vertritt. Eine andere Frage sei, "ob die Schulden wirklich so hoch sind". Janker mag sich zur Zukunft des Anwesens nicht näher äußern. Nur so viel: "Es wäre im Sinne von Annelies Sappl, wenn er im Besitz der Familie bleibt."

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