Bad Heilbrunn:Zank, Verfall und Happy End

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Archivarin dokumentiert die langjährige Beziehung der Jodquellen AG und der Gemeinde Bad Heilbrunn. Sichtbar werden darin auch Aufstieg und Niedergang der Kur.

Von Klaus Schieder, Bad Heilbrunn

Das Bild hat sich eingeprägt: Mitten im Zentrum von Bad Heilbrunn steht das verfallende Kurhotel mit schwarzen Fensterkreuzen, der kurze Text auf einer Hinweistafel schiebt der Gemeinde die Schuld an dem Stillstand zu. Mehr als drei Jahrzehnte lang stritten sich die aus der Jodquellen AG hervorgegangene Kurfürstin GmbH als Eigentümerin und die Kommune darum, wie es mit dem Hotel und der Wandelhalle weitergehen soll. Die Geschichte zwischen dem Unternehmen und dem Rathaus reicht allerdings viel weiter zurück, ihre Beziehung war nicht immer nur von einem harten Gegeneinander gekennzeichnet. Dies zeigt das neue Buch "Die Jodquellen AG in Bad Heilbrunn - Resümee einer schicksalhaften Zeitreise von 1912 - 2015", das die Gemeindearchivarin Birgit Müller erarbeitet hat. Das Werk sei neutral gehalten, sagt Bürgermeister Thomas Gründl (CSU) bei der Präsentation am Montag. "Es ist kein An-den-Pranger-Stellen."

Auf den ersten 48 Seiten beschreibt Archivarin Müller, wie die Jodquellen AG zwei Jahre vor dem Ersten Weltkrieg die Flächen, auf denen Kurhotel, Wandelhalle und das heutige Rathaus standen, von Besitzer Friedrich Hoeck kaufte, wie die "Goldenen Jahre" in dem kleinen Kurort aussahen, die von 1928 bis in die späten Fünfziger Jahre dauerten. Damals, sagt Müller, gab es zwischen Jod AG und Gemeinde "ein Nebeneinander und ein Miteinander". Der erste Riss tat sich aber bereits 1959 auf. Beide Seiten zankten sich um die Planungen für die 800-Jahr-Feier, die dann ohne die Jod AG stattfand, um Entschädigungszahlungen wegen Flüchtlingen, die nach dem Zweiten Weltkrieg im Brunnenmeisterhaus einquartiert waren, um den Begriff "gemeindliche Kurverwaltung", um den Bau eines Hallenbads, der nie zustande kam. Unterdessen gingen schon damals - lange vor der Seehofer'schen Gesundheitsreform, die das Ende der alten Kur brachte - nach und nach die Gästezahlen zurück. "Die Bevölkerung wurde mobiler, die Kur im eigenen Land wurde hintangestellt", sagt Müller. Langsam habe "ein schleichender Verfall der Kur und der Kuranlagen" eingesetzt.

Die Parkvilla im Adelheid-Park wurde um 1920 von Gabriel von Seidl erbaut. (Foto: Manfred Neubauer)

1981 schließlich sperrte die Jod AG das Kurhotel zu. Was folgte, überschreibt die Archivarin in einem Kapitel mit "Der Superlativ von tot: Das Heilbrunner Ortszentrum". Erst im Vorjahr gewann die Gemeinde vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen die Kurfürstin GmbH und und kaufte deren Areale für zehn Millionen Euro. Seither plant sie eine neue Mitte mit Dorfplatz, Ärztehaus, Läden, Cafés und Gemeindezentrum. Für Gründl ist das Verhältnis zwischen der Kommune und der Jodquellen AG "eine Geschichte mit Höhen und Tiefen, gelöst durch ein Happy End".

Der weitaus größte Teil des Buchs ist eine 208 Seiten starke, unkommentierte Sammlung von Zeitungsartikeln, amtlichen Schreiben und Briefen der Jod AG. Sie habe "wirklich versucht, objektiv zu sein und beide Seiten zu sehen", sagt die Gemeindearchivarin. Zugleich gesteht sie zu: "Was nicht immer gelingt, es spielt ja auch Subjektives hinein." Schwierig seien für sie jene Schriftstücke gewesen, "die viel ins Fachliche, ins Rechtliche gehen, da musste ich mich erst einmal schlau machen und sehen, was sie für eine verwaltungstechnische Rolle spielen". Inwiefern die Berichterstattung der lokalen, aber auch überregionalen Medien den Streit zwischen Gemeinde und Kürfürstin GmbH beeinflusst haben, mag Bürgermeister Gründl nicht bewerten: "Manchmal wirkt ein Artikel provokant und schließt eine Türe, manchmal ist er hilfreich und öffnet eine."

Die Quelle der Kurfürstin

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(Foto: Harry Wolfsbauer)

Die Adelheid-Quelle in Bad Heilbrunn besteht aus zwei Teilen. Das hintere, straßenabgewandte Gebäude hat die Gemeinde gekauft, darin entstehen Wohnungen. Der vordere Rundbau mit der Quelle selbst befindet sich noch im Besitz der Kurfürstin GmbH. Was damit geschieht, ist bislang unklar. Die Kommune würde auch die Quelle gerne kaufen, wie Bürgermeister Thomas Gründl (CSU) mitteilt. "Wir schauen, dass wir eine gute und vernünftige Lösung hinbekommen." Anders ausgedrückt: Der Preis muss stimmen. Der Erwerb steht allerdings nicht ganz oben auf der Agenda der Gemeinde. Derzeit sei man mit dem geplanten Kreisverkehr auf der Bundesstraße 472 und dem neuen Supermarkt, der Ende 2017 an der Birkenallee eröffnet werden soll, voll ausgelastet, erklärt der Bürgermeister. "Die Gemeinde hat momentan so viele Aufgaben zu lösen, dass kein akuter Handlungsbedarf besteht." Deshalb hat Gründl die Verhandlungen über die Adelheid-Quelle erst einmal abgebrochen und zeigt sich dankbar, dass Eigentümer Max Hoefter "da keinen Druck aufbaut und uns sagt: Gemeinde, hü oder hott!". Die Adelheid-Quelle wurde der Überlieferung nach 1159 von Benediktbeurer Mönchen entdeckt. Ihren Namen hat sie von der bayerischen Kurfürstin Henriette Adelheid, die im Sommer 1659 in Heilbrunn ihre Kinderlosigkeit kurierte. sci

An dem Buch waren weder Bürgermeister und Gemeinderat auf der einen, noch die Jodquellen AG auf der anderen Seite beteiligt. Das Werk war alleine Aufgabe der Archivarin. "Es ist wichtig für Bad Heilbrunn, einen so bedeutenden Teil seiner Geschichte dokumentiert zu haben", sagt Gründl. Mittlerweile verbindet die Kommune und das Unternehmen nach seinen Angaben wieder "ein gutes Verhältnis, das wir weiter aufrecht erhalten wollen".

So ganz schlecht war es übrigens auch in Zeiten des Prozesses nicht. Vor Gericht habe man zwar hart diskutiert, sagt Gründl: "Aber wir haben uns zum Beispiel immer noch Weihnachtskarten geschrieben." Auch 20 Jahre vorher, als Martin Bachhuber als Chef im Rathaus saß, waren nicht alle Schreiben der Jod AG von unerfreulicher Art. In einem handgeschriebenen Brief vom 4. Dezember 1998 gratuliert der damalige Jod AG-Vorsitzende Max Hoefter dem Bürgermeister und späteren CSU-Landtagsabgeordneten zur Sanierung der Park-Villa, die den Fortbestand der Kur und des Fremdenverkehrs sichere: "Ihrer Überzeugungskraft und Ihrem Führungswillen ist es zu verdanken, dass Sie viele Kosten auch auf den Staat übertragen konnten."

Das Buch "Die Jodquellen AG in Bad Heilbrunn" ist zum Preis von 20 Euro in der Gemeindeverwaltung, Badstraße 3, zu bekommen.

© SZ vom 20.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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