Aus dem Amtsgericht Wolfratshausen:Per Kaminwurz zur Geldstrafe

Marktmeister und Marktbeschicker wegen Korruption verurteilt

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Der 63-jährige Fierant für Käse und Wurst aus dem Nachbarlandkreis gibt den Marktmeistern gerne etwas von seinen Produkten. So schildert er es vor dem Amtsgericht Wolfratshausen. "Damit habe ich meinen Stammplatz und meine Ruhe", erklärt der Mann. Er behauptet, dem früheren Wolfratshauser Marktmeister jahrelang Speck geschenkt zu haben. Dessen Stellvertreter und Nachfolger habe ein Paar Kaminwurzen erhalten. Solche Geschenke seien Usus, berichtet er. "Die meisten Marktmeister halten die Hand auf."

Als er seinen Stammplatz nicht mehr bekam, stellte er Dienstaufsichtsbeschwerde bei der Stadt. Das löste die Ermittlungen aus. Am Mittwoch verurteilte Amtsrichter Helmut Berger alle drei Beschuldigten wegen Vorteilsgewährung und Vorteilsannahme zu Geldstrafen. Berger erklärt, dass er dem Fieranten glaube. Mit seinen Aussagen habe er sich selbst der Strafverfolgung ausgesetzt. Bei den Kommunalbeamten handele es sich um Vorteilsannahme. Ein Amtsträger müsse bereits den Anschein der Korruption vermeiden.

Mit dem Stand war der für seine Frau tätige Fierant auf die Kramermärkte und den Christkindlmarkt in Wolfratshausen. Von 2011 bis 2016 soll er dem damaligen Marktmeister 18 Mal ein Stück Kaiserspeck im Durchschnittswert von zehn Euro geschenkt haben. Im Oktober 2015 war sein Stammplatz auf einmal belegt. Der damals stellvertretende Marktmeister - er sollte als Nachfolger eingearbeitet werden - habe ihm einen anderen Platz zugewiesen. Er ärgerte sich. Dem Beamten habe ein Paar Kaminwurzen im Wert von 3,50 Euro geschenkt. "Ich wollte für die Zukunft meinen Frieden", sagte er. Im Frühjahr 2016 sei seiner Frau nur noch ein Platz ganz abseits angeboten worden. Schriftlich habe er sich beim Bürgermeister beschwert.

Der Beamte stritt die Annahme von Kaminwurzen ab. "Weil du dich sofort angreifbar machst, wenn du was nimmst", sagte er. Den Fieranten habe er wegen Verleumdung angezeigt. Vor den Händlern müsse er druckvoll agieren. Sonst machten die, was sie wollten. Der damalige Marktmeister schilderte sein freundschaftliches, aber rein geschäftliches Verhältnis zu dem Marktverkäufer. Er räumte ein, von dem Händler eine Wildsalami und fünf bis sechs vakuumverpackte Stücke Geräuchertes genommen zu haben. Das sei ihm aufgedrängt worden. Er habe die Produkte zur Brotzeit für die städtischen Kollegen spendiert.

Für die Kommunalbeamten forderten die Verteidiger Freispruch. Der Rechtsanwalt des früheren Marktmeisters - er ist im Ruhestand - verwies auf eine interne, städtische Dienstanweisung, nach der Sachspenden bis zu 15 Euro nicht zu beanstanden seien. Nach Amtsrichter Berger konnten die Beamten nicht straffrei bleiben. In der internen Dienstanweisung stehe ebenso, dass der Amtsleiter beziehungsweise im Zweifelsfall der Bürgermeister über die Annahme zu entscheiden hätten. Den Fieranten verurteilte zu einer Geldstrafe von 1200 Euro, der frühere Marktmeister und sein Nachfolger müssen 3300 beziehungsweise 600 Euro zahlen sowie den Wert des Specksund der Würste zurückerstatten.

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