Aus dem Amtsgericht:64 000 Euro veruntreut

Frau wird verurteilt, weil sie das Konto des Schwiegersohns leerte

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Die Familienkonstellation ist kompliziert: Bis heute wohnt die 70-jährige Angeklagte mit Schwiegersohn und Tochter in einer Wohnung im Landkreis. Jahrelang hatte die Seniorin eine Betreuungs- und Kontovollmacht für den 66-jährigen Schwiegersohn. Im August 2015 hob sie knapp 64 000 Euro von dessen Konto in bar ab. Ihrer Darstellung nach hatte er davon gewusst, was der Mann bestreitet - und die Angeklagte anzeigte. Daher musste sie sich am Mittwoch wegen Untreue vor dem Wolfratshauser Amtsgericht verantworten. Amtsrichter Helmut Berger ging davon aus, dass der Mann nichts von den Kontoabhebungen gewusst hatte und verurteilte die Frau zu einer einjährigen Bewährungsstrafe.

Ein 64-jähriger Nachbar der Familie hatte die Ermittlungen erst in Gang gesetzt. Der Rentner hatte sich um den Mann gekümmert, als die Angeklagte mit ihrer Tochter Urlaub machte. Wie er schilderte, habe der Mann ihm Kontoauszüge gezeigt. Weil nur noch 200 Euro Guthaben ausgewiesen waren, habe dieser behauptet, dass etwas nicht stimme. Er hätte kürzlich eine Erbschaft erhalten, die auf dem Konto sein müsste. "Ich habe ihm geholfen einen Strafantrag zu stellen, alleine hätte er es nicht geschafft", sagte der Nachbar. Auf sein Drängen habe die Angeklagte später 35 000 Euro auf das Konto ihres Schwiegersohnes zurückgezahlt.

Wie der Schwiegersohn versicherte, habe die Angeklagte von den Kontoabhebungen nie etwas erzählt. Er habe immer um Geld betteln müssen, berichtete er. "Ich wollte wissen, wo das Geld hingekommen ist." Warum die Angeklagte das Geld abgehoben habe, begründete ihr Verteidiger mit einer Bürgerschaft ihres Schwiegersohnes für einen Kredit. Diesen habe die Bank gekündigt. Seine Mandantin habe gefürchtet, dass das Konto des Mannes gepfändet würde, daher das Geld mit seinem Wissen abgehoben und für den Lebensunterhalt der Familie verwendet. Daran zweifelte der Staatsanwalt. Er forderte eine Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren. Laut Richter Berger sei bei Untreue nicht entscheidend, dass sich ein Angeklagte selbst bereichere, sondern andere geschädigt habe.

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