Aufmerksame Beobachter:Den Schnee lesen

In den Lawinenkommissionen schätzen Ehrenamtliche die Gefahren an den Hängen ein

Von Benjamin Engel, Lenggries/Kochel am See

Nach starken Neuschneefällen oder unter extremen Wetterbedingungen mit Sturm oder Erwärmung können Lawinen besonders leicht abgehen. Dann sind die örtlichen Lawinenkommissionen gefragt. Deren Mitglieder müssen die Gefahr für Straßen und Pisten in Skigebiete einschätzen und notfalls Sperrungen empfehlen. Lawinenkommissionen beraten Gemeinden und Liftbetreiber. Drei gibt es im Landkreis. Die ehrenamtlichen Mitglieder sind für das Skigebiet Brauneck, die Region bei Fall um den Sylvensteinspeicher und den Walchensee bei Kochel zuständig.

Damit die Skifahrer am Brauneck sicher die Pisten hinabschwingen können, arbeiten Lawinenkommission und Liftbetreiber eng zusammen. Hat es stark geschneit, werden die Ehrenamtlichen am Lenggrieser Hausberg aktiv. "Wir gehen in die Hänge rein und prüfen die Gefahr für die Skipisten", erklärt Christoph Brenninger, Mitglied der Kommission und der Lenggrieser Bergwacht. Mit seinen Kollegen prüfe er Aufbau und Oberfläche des Schnees, sowie die Steilheit und die Himmelsausrichtung des Geländes. Zudem machten sie Belastungstests, um beurteilen zu können, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Lawine abgeht. "Unsere Empfehlungen geben wir dann an die Liftbetreiber und die Gemeinde weiter", sagt Brenninger.

Am Lenggrieser Hausberg besteht die Lawinenkommission aus vier Gruppen zu je drei Leuten. Mit Zusatzkräften als Reserve sind es laut Brenninger 20 Personen. Einmal im Monat hat jede Gruppe eine Woche Dienst. Schwere Lawinenunglücke am Berg gab es bisher nicht. Vor einigen Jahren habe zwar eine Lawine die alte verfallene Hütte der Geisreiter-Alm beim Garland verschüttet. In den 1960er-Jahren sei eine Stütze am Idealhang-Lift niedergerissen worden. Verletzte habe es durch Lawinen am Brauneck noch nie gegeben. Das liegt auch an den Sprengbahnen der Liftbetreiber GmbH. Damit können sie den Schnee von kritischen Hängen noch vor Skibeginn absprengen. In Lenggries sind die Detonationen manchmal mitten in der Nacht und am frühen Morgen zu hören.

Um kritische Situationen zu entschärfen, kann Klaus Bruckschlegel von der Lawinenkommission Lenggries/Fall keine Sprengbahnen nutzen. Die Hänge an den lawinengefährdeten Bereichen im Gebiet seien zu steil, um zu Fuß hinaufzukommen, sagt er. "Wir müssen die Situation von der Straße aus beurteilen." Im Ernstfall bleibe keine andere Möglichkeit, als die Straße zu sperren. Die Faller Lawinenkommission sei für die Straße Richtung Vorderriß und zur Kaiserwacht und damit dem Achensee sowie zur österreichischen Landesgrenze zuständig. Zu einer ersten Lageeinschätzung telefoniere er mit einem Mitglied der Kommission vom Forstamt in Vorderriß. Er selbst sei für die Tölzer Straßenmeisterei tätig, ein anderer für die Polizei.

Zwei sogenannte Lawinenstriche sind für die Verkehrsverbindungen am Sylvensteinspeicher besonders gefährlich: der Lahnergaster ganz am Ende von Fall Richtung Vorderriß und die sogenannte Rauchstubn an der Bundesstraße 307 Richtung Achensee. Wie oft die Lawinenkommission aktiv werden muss, sei von Winter zu Winter höchst unterschiedlich. "Es gab schon Jahre, da habe ich nur telefoniert", erinnert sich Bruckschlegel. "Weil es so wenig Schnee gab." Nur ein einziges Mal sei es wirklich kritisch gewesen. Damals habe eine gewaltige Lawine die Bundesstraße verschüttet. Ein Auto sei von den Schneemassen touchiert und an die Leitplanke gedrückt worden. Durch die Lawinenverbauungen am Fahrenberg über dem Walchensee hat sich die Gefahr für die B 11 zwischen Urfeld und Walchensee spürbar entspannt. Für diesen Bereich ist die Lawinenkommission Kochel genauso zuständig wie für die Straße von Einsiedl nach Altlach, von Urfeld nach Sachenbach und die Skipisten am Herzogstand. In den vergangenen zwei, drei Jahren sei die Lawinenkommission Kochel nicht im Einsatz gewesen, sagt der Bürgermeister Thomas Holz. Die letzte Straßensperrung im Landkreis gab es laut Landratsamt im Winter 2011/2012 in Wallgau.

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