Auf Spurensuche im Isartal:25 Festungen zwischen München und Lenggries

Bei einem Vortrag für den Burgverein Wolfratshausen geht Helmut Schmidmeier den zahlreichen Spuren einstiger Burgen im Isartal nach

Von Thomas Kubina, Wolfratshausen

Auf Spurensuche im Isartal: Die Wolfratshauser Burg explodierte am 14. April 1734 bei einem Blitzeinschlag. Heute erinnert ein Gedenkstein im Bergwald an das Bauwerk.

Die Wolfratshauser Burg explodierte am 14. April 1734 bei einem Blitzeinschlag. Heute erinnert ein Gedenkstein im Bergwald an das Bauwerk.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Als Jugendlicher ging Helmut Schmidmeier gerne mal im Isartal auf Entdeckungsreisen: Hüglige Landschaften und versteckte Täler waren für den heutigen Hobbyhistoriker, der Mitglied im Historischen Arbeitskreis Geretsried ist, Hinweise auf verborgene Geschichten. Weil sein Interesse unter anderem der Morphologie und Geologie galt, ging er auch den historischen Spuren der Burgen im Isartal nach. Offengelegt hat er diese am Dienstagabend, als er vor etwa 30 Mitgliedern des Wolfratshauser Burgvereins und Interessierten einen Themenvortrag in der Flößerei hielt.

Zwischen München und Lenggries befinden sich nach Forschungen Schmidmeiers zahlreiche mittelalterliche Hinterlassenschaften: die Burg Grünwald, 25 Burgställe, darunter einer in Bad Tölz, und zwei Burgruinen in Lenggries. Als "Burgstall" definiere man alle Ruinen, die heute noch Reste von Wällen, Gräbern oder Mauern aufweisen, sagte er.

Auf Spurensuche im Isartal: Burgforscher Helmut Schmidmeier

Burgforscher Helmut Schmidmeier

(Foto: Hartmut Pöstges)

Ein Auftrag Herzog Albrechts V. von Bayern sollte es sein, der den heutigen Historikern Auskunft über mögliche Burgställe im Landkreis gibt: 1554 erteilte der Herzog Philipp Apian den Auftrag, Bayern kartografisch zu erfassen. Apian zählt zu den Protagonisten der oberbayerischen Kartografen im 16. Jahrhundert und hinterließ eine Vielzahl an Vignetten, grobe Skizzen, die das Landschaftsbild nachzeichnen. Viele Zeugnisse über Burgställe seien heute, wie Schmidmeier betont, nur noch durch literarische Berichte oder Bilder greifbar. Es gebe daher auch einige Burgen, die zwar literarisch, aber nicht real existieren. Neben Apian zählen, gut zweihundert Jahre später, Franz Graf von Pocci und sein Bildhauerfreund Ludwig von Schwanthaler zu den Zeichnern des 19. Jahrhunderts. Beide dokumentierten unter anderem die Humpenburg im Ammerland.

Einige von Apians Vignetten skizzieren Burgställe bei Wolfratshausen, auch die Wolfratshauser Burg. Für Brigitte Palatiel ein Grund als Mitglied im Burgverein mitzuwirken: "Wir haben da als Kinder gespielt", sagt sie. Doch nicht alle vernetzen ihre eigenen Wurzeln mit der Ortsgeschichte wie sie. Ein lautes Raunen ging durch die Reihen, als Schmiedmeier feststellte: "1963 wussten nicht viele, wo die Burg in Wolfratshausen gestanden hat." Seither setzt er sich für die örtliche Geschichte und Aufklärungsarbeit ein.

Die historischen Wurzeln der Burg in Wolfrathsausen reichen bis ins 12. Jahrhundert zurück: Erbaut wurde sie vermutlich 1116 vom Grafen Otto II. von Dießen, einem Herrschergeschlecht der Andechser. Als die Grafen in Wolfratshausen ausstarben fiel der Besitz 1158 wieder an den Grafen von Andechs zurück, der die Burg ausbaute und zum Schutz gegen die Wittelsbacher verstärkte. Nach kriegerischen Auseinandersetzungen fiel die Burg 1243 endgültig in die Hand der Wittelsbacher. Im 15. und 16. Jahrhundert wurde sie zu einem Schloss umgebaut, nach dem Dreißigjährigjährigen Krieg diente sie nur noch als Pulvermagazin. So sollte sich ihr Schicksal besiegeln: Am 14. April 1734 explodierte sie durch einen Blitzeinschlag. Steine, die noch nach der Explosion erhielten blieben, fanden in München Verwendung - beim Bau des Hoftheaters.

Hans Georg Fuchs, archäologisch interessiert und seit einem Jahr Mitglied im Burgverein, betont: "Ich bin in einer Gegend aufgewachsen, wo Burg an Burg stand." Der gebürtige Münchner konnte sich in dem Vortrag auch über die 16 weiteren mittelalterlichen Herrscherresidenzen im Loisachtal freuen: etwa über den Burgstall in Schallenkam, den noch sichtbaren Turmhügel in Eurasburg oder über die Kupferstiche der Burg Hechenberg oder des Schlosses Hamarting. Vereinsmitglied Wolfgang Vorwerg begrüßt die Auseinandersetzung und das Nachdenken über Geschichte. "Eigentlich sollte mehr geschehen, was Historie betrifft", appelliert er. "Auch seitens der Städte."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: