Auf Initiative der Stadt   :Klare Strukturen für die Flüchtlingshilfe

Auf Initiative der Stadt   : Erfahrene Flüchtlingshelfer (hier etwa die ehemalige Sprecherin Bärbel Gerlach, 2.v.r.) und Interessenten kamen im Rathaussaal zusammen.

Erfahrene Flüchtlingshelfer (hier etwa die ehemalige Sprecherin Bärbel Gerlach, 2.v.r.) und Interessenten kamen im Rathaussaal zusammen.

(Foto: Hartmut Pöstges)

In Geretsried soll künftig eine angestellte Koordinatorin den Einsatz der hauptamtlichen und freiwilligen Unterstützer steuern, einzelne Ehrenamtliche werden für genau definierte Themenbereiche verantwortlich sein. Bei einigen Engagierten gibt es noch Zweifel an dem neuen Modell

Von Felicitas Amler, Geretsried

Die Stadt Geretsried, der Verein "Hilfe von Mensch zu Mensch" und die ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer wollen künftig Hand in Hand arbeiten. Auf Initiative der Stadt und ausgelöst durch rechtsextreme, ausländerfeindliche Schmierereien wurde in aller Form eine Struktur erstellt, die dafür die Grundlage gibt. Am Dienstagabend wurde das Modell im Rathaus vorgestellt. Drei Dutzend Ehrenamtliche nahmen daran teil. Bei ihnen bedankte sich Bürgermeister Michael Müller (CSU) nachdrücklich für ihr Engagement. Angesichts einer "sich weiter zuspitzenden globalen Flüchtlingskatastrophe" müsse die Stadt auf immer mehr Asylsuchende vorbereitet sein, sagte er. "Wir stellen uns dieser Herausforderung und gehen offen mit ihr um."

Nach dem neuen Konzept, das in Schaubildern an die Leinwand geworfen wurde, ist Elena Shushunova Koordinatorin der haupt- und ehrenamtlichen Einsätze. Shushunova ist angestellte Asylsozialbetreuerin von "Mensch zu Mensch", ihr Büro befindet sich bei den Flüchtlingscontainern am Robert-Schumann-Weg. Für die neue Aufgabe hat sie von ihrem Verein ein zusätzliches Kontingent von vier bis zehn Stunden pro Woche erhalten. Die Koordinatorin soll in regelmäßiger Abstimmung mit Ehrenamtlichen, die für einzelne definierte Bereiche wie Finanzen, Dolmetscher oder Versorgung zuständig sind, die Hilfe für derzeit 124 und künftig sicher deutlich mehr Asylbewerber in der Stadt organisieren. Die Aufgaben reichen von Fahrdiensten bis zur Berufseingliederung. Ansprechpartnerin der Stadt ist Integrationsreferentin Sonja Frank. Das Strukturmodell haben alle gemeinsam mit der Sozialpädagogin Claudia Koch erstellt, die das Institut KonMedi leitet.

In der Vergangenheit hatte es im Kreis der ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer in Geretsried ein häufiges Auf und Ab gegeben. Die Betreuer der ersten Asylbewerber - sechs junge Männer, die vor drei Jahren in die Stadt kamen - mussten feststellen, dass es beim "täglichen Vorbeischauen" (Sonja Frank) nicht bleiben konnte. Die Anzahl der Flüchtlings wuchs. "Eine Eins-zu-eins-Betreuung geht bei mehr Leuten nicht", erklärte Frank. Es wurden Runde Tische installiert. Aber immer wieder hörte man aus dem Geretsrieder Helferkreis, Betreuer fühlten sich ausgebrannt.

Dazu soll es möglichst nicht mehr kommen. "Wir wollen den Helferkreis stützen und stärken, aber ihm auch klarere Strukturen geben", sagte der Bürgermeister. Claudia Koch erklärte, Ehrenamtliche brauchten grundsätzlich einen Rahmen, Strukturen, Begleitung und Ansprechpersonen, um ihr Engagement durchhalten zu können.

Wortmeldungen aus dem Kreis der Helfer zeigten, dass bei ihnen Skepsis gegenüber einer formellen Organisation herrscht. "Wir fühlen uns an den Rand gedrängt", sagte einer. Es wurde gefordert, stets alle Ehrenamtlichen in alles einzubeziehen. "Wieso sind wir nicht in Kenntnis der laufenden Dinge im Abu?", fragte einer. "Abu" ist die Abkürzung für die Asylbewerber-Unterkunft in den Containern. Eine andere Helferin sagte: "Wenn ich die Arbeit nicht schon kennen würde, würde mich das hier abschrecken." Eine andere kritisierte Shushunovas bisherigen Umgang mit den Ehrenamtlichen: "Es ist alles so uninformativ, dass wir schwimmen."

Der Bürgermeister warb für die klare Struktur. Er sagte, in einer Pionierphase klappe ja immer alles irgendwie. "Nur wenn Sie in ganz naher Zukunft einen anderen Bedarf hier haben, dann funktioniert das nicht mehr mit 'wir engagieren uns alle irgendwie'." Günter Fuhrmann, FDP-Stadtrat und Flüchtlingshelfer, appellierte an alle, das "Gerippe", wie er die Struktur nannte, mit Fleisch zu füllen.

Auf einer Liste konnten sich die Teilnehmer als mögliche Leiter einzelner Bereiche eintragen. Shushunova soll dies auswerten. Dann trifft sich die Runde erneut.

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