Arbeitsverbote für Asylbewerber:Flüchtlingshelfer greifen Landrat an

Asylhelferkreis gegen Abschiebung und Erwerbsentzug

Arbeiten verboten: Flüchtlingshelfer aus Eurasburg sind empört, weil das Landratsamt fast nur noch Ablehnungen verschicke.

(Foto: Claudia Koestler)

Ehrenamtliche werfen Ausländerbehörde "menschenverachtendes Verhalten" vor, weil sie Asylbewerbern häufig Beschäftigung verbiete. In anderen Kreisen sei das anders.

Von David Costanzo, Eurasburg

Der junge Afghane hat seine Ablehnung in dieser Woche bekommen: Wenn Sie arbeiten wollen, müssen Sie einen Pass vorlegen, erklärt das Landratsamt dem Jugendlichen sinngemäß. Aber selbst wenn Sie diesen vorlegen könnten, würden wir Ihnen trotzdem keine Beschäftigungserlaubnis geben. Schließlich würden Asylanträge von Afghanen häufig abgelehnt, darum bekommen sie derzeit grundsätzlich keine Genehmigung.

Das könnte es dann gewesen sein mit der Integration. Der junge Mann wird weiter in seiner Unterkunft in Eurasburg sitzen - und keine Ausbildung antreten.

Seit Wochen gehe das so, stellen Flüchtlingshelfer im Landkreis empört fest. Asylbewerber mit vermeintlich geringer Anerkennungsquote bekämen praktisch keine Arbeitserlaubnis mehr - darunter eben auch Afghanen wie der junge Mann aus Eurasburg. "Die Ablehnung ist in ihrem Zynismus kaum zu übertreffen", sagt Eberhard Wolf, der in Eurasburg ehrenamtlich eine Unterkunft betreut, in der 16 Afghanen wohnen. Schlimmer noch: Die Argumentation des Landratsamts ist in seinen Augen schlichtweg falsch.

Darum knöpfen sich die Asylbetreuer aus Eurasburg nach der CSU nun das Landratsamt vor: Fast 30 Helfer haben einen Offenen Brief verfasst, in dem sie Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) schwere Vorwürfe machen - sie zweifeln unter anderem an der Rechtsstaatlichkeit der Entscheidungen seiner Ausländerbehörde. "Wir fordern Sie auf, dem menschenverachtenden und rechtswidrigen Verhalten Ihrer Behörde ein Ende zu setzen!", heißt es darin, weil das Landratsamt die Vorgaben des Innenministeriums viel zu rigoros anwende. "Wir fühlen uns durch das Verhalten Ihrer Behörde als ehrenamtliche Asylhelfer missbraucht", schreiben die Betreuer - und suchen die Unterstützung anderer Helferkreise.

Der Landrat verteidigt zwar seine Behörde, betont aber die Bedeutung von Arbeit für die Integration - und deutet eine weniger restriktive Handhabung ab, auch im Fall des jungen Afghanen in Eurasburg.

Die Helfer hat vor allem der Blick über die Landkreisgrenzen stutzig gemacht. Etwa in Starnberg oder im Landkreis München ist das Problem der Arbeitsverbote unbekannt. Der Münchner Landrat Christoph Göbel hatte jüngst sogar betont: "Hier ist noch keine Erlaubnis verwehrt worden. Das bleibt so, solange ich nicht anders angewiesen werde." Und das, obwohl er der CSU angehöre, wie die Eurasburger Helfer verwundert feststellen. Göbel verwies sogar ausdrücklich auf Schreiben des Ministeriums.

Eberhard Wolf und seine Mitstreiter besorgten sich die entsprechenden Schreiben. Von einer generellen Verweigerung von Arbeitserlaubnissen sei darin nicht die Rede. Im Gegenteil weist das Ministerium die Landratsämter bereits am 19. Dezember auf ihre "Ermessensausübung" hin. Doch noch im Kreisausschuss am Montag hatte der Landrat auf Vorwürfe der Grünen-Kreisrätin Barbara Schwendner gesagt, es gebe keinen Spielraum. Wenn der Landkreis München anders handele, dann sei das "rechtswidrig".

Tatsächlich lag da schon seit Tagen ein zweites ministerielles Schreiben im Landratsamt, in dem es ausdrücklich heißt: "Es wäre rechtlich unzulässig, Afghanen während des laufenden Asylverfahrens generell eine Beschäftigungserlaubnis zu versagen." Schließlich sei die Anerkennungsquote auf 56 Prozent gestiegen - aber das sei auch nicht der einzige Faktor. Ein Sprecher des Innenministeriums bestätigte das.

Landrat Niedermaier betont nun, dass die Ausländerbehörde stets nach Ermessen gehandelt habe: "Es wäre verantwortungslos, jemanden ohne gründliche Prüfung nicht arbeiten zu lassen. Nichtstun ist das schlimmste für die Menschen." Wenn nun die Erfolgsquote von Afghanen auf mehr als 50 Prozent gestiegen sei, steige auch die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen dieser Herkunft eine Arbeitserlaubnis erhalten. Jedenfalls soll der junge Afghane aus Eurasburg noch einmal Post vom Landratsamt bekommen.

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