Arbeitsplätze:Bitte nur mit Ausbildung

Arbeitsplätze: Die Fachklinik Bad Heilbrunn war unter den Arbeitgebern, die bei der Jobmesse nach neuen Angestellten suchten.

Die Fachklinik Bad Heilbrunn war unter den Arbeitgebern, die bei der Jobmesse nach neuen Angestellten suchten.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Bei der Jobmesse für Gesundheits- und Pflegeberufe finden Fachkräfte leicht eine neue Stelle. Wer in der Verwaltung tätig war oder nicht ausreichend qualifiziert ist, tut sich dagegen schwer

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Monika Wolf hat es hart getroffen. "Das ist schon ein Schlag", sagt sie. Zweieinhalb Jahre noch, dann wäre sie in Rente gegangen - alles wäre in Ordnung gewesen. Aber die 62-Jährige verlor an Ostern ihren Arbeitsplatz am Empfang in der geriatrischen Fachklinik in Lenggries, die vom Asklepios-Konzern geschlossen wurde. Zu den 30 der insgesamt gut 100 Mitarbeiter, die ein Angebot zur Weiterbeschäftigung an der Tölzer Stadtklinik bekamen, zählte Monika Wolf nicht. Zehn Jahre lang hatte sie in der Lenggrieser Klinik gearbeitet, nun steht sie mit ein paar Prospekten in der Hand im großen Sitzungssaal der Landratsamtes, wo die Agentur für Arbeit am Dienstag eine große Jobmesse für Gesundheits- und Pflegebranche veranstaltete. Die sei doch eher für Pflegeberufe, ein Job im Büro oder am Empfang sei nicht darunter, sagt die 62-Jährige und fügt mit leicht bitterem Humor hinzu: "Pflege brauche ich ja bald selber." In ihrem Alter noch etwas zu finden, "das ist schon schwer".

Die Schließung der Klinik in Lenggries war der "Aufhänger" für die Jobmesse. Das sagt Udo Kohnen, Leiter der Geschäftsstellen Wolfratshausen und Bad Tölz der Agentur für Arbeit. 120 Arbeitssuchende aus den Landkreisen Bad Tölz-Wolfratshausen und Miesbach habe man dazu eingeladen. Im ovalen Rund sitzen Vertreter von 16 Unternehmen an den Tischen im Sitzungssaal. "Sie haben 70 Stellenaufträge mit x Stellen", sagt Kohnen. Was diese mathematische Formel bedeutet? Ein Auftrag könne Stellen für einen oder auch für drei Altenpfleger umfassen, erklärt der Geschäftsstellenleiter.

Die Zahl der pflegebedürftigen Senioren nimmt zu, die der ausgebildeten Fachkräfte hält damit nicht Schritt - vor diesem Problem stehen Seniorenheime, Fachkliniken oder ambulante Dienste im Landkreis. "Der Bedarf ist enorm, wir haben eine hohe Dichte an solchen Arbeitgebern", sagt Marinco Krstevski, Teamleiter des Arbeitgeber-Service in der Arbeitsagentur. Sie alle stünden in direktem Wettbewerb um Mitarbeiter. Ungelernte Kräfte für die Pflege zu finden, ist für sie einfach, examinierte Alten- und Krankenpfleger sind hingegen rar. Die Arbeitszeiten sind nun mal unattraktiv, die Gehälter oftmals arg niedrig. Deshalb wolle man "noch nicht qualifiziert ausgebildete Kräfte, die in dem Bereich schon gearbeitet haben, zu einem Berufsabschluss bringen", sagt Kohnen. Unter anderem auch über das Förderprogramm "WeGebAU".

Drei ausgebildete Altenpfleger sucht die Arbeiterwohlfahrt für ihr Seniorenzentrum Loisachtal in Benediktbeuern. Eva Liebenstein-Seiffert bekommt nach eigenem Bekunden viele Bewerbungen auf den Tisch, aber eben von Kandidaten, "die als Pflegehelfer mit keiner oder mit einer kleinen Ausbildung" anfangen möchten. Oder von solchen, die schon viele Stellen hinter sich hätten, ihren Job also nirgendwo lange ausgehalten haben. "Aber das ist nicht das, was wir suchen", sagt die Einrichtungsleiterin des Seniorenzentrums, in dem etwa 50 Bewohner betreut werden. Schließlich sei gesetzlich geregelt, wie viel Fachpersonal für wie viele betreute Personen nötig ist. Liebenstein-Seiffert hofft leise, dass sie bei der Jobmesse fündig wird - "aber leider haben wir noch keine Fachkräfte auf den Stühlen vor uns gesehen".

Nicht viel anders ergeht es Barbara Jasmer, zuständig für Personalwesen im Seniorenzentrum "Der Schwaighof" in Tegernsee. Das Haus mit 130 Betten und insgesamt 90 Mitarbeitern, 60 davon in der Pflege, suche keine weiteren Hilfskräfte, sagt sie. "Momentan sind hier alle Stellen bei uns besetzt." Allerdings biete sich die Chance, nach einer Helferausbildung eine Fachausbildung in der Altenpflege zu absolvieren, etwa an der Altenpflegeschule in Miesbach. Oder der Schwaighof übernimmt angehende Fachkräfte, die ihr zweites und drittes Lehrjahr abschließen möchten. Sozialpädagogen, Ergo- und Kunsttherapeuten, Alten- und Krankenpfleger, Erzieher und Hauswirtschafter - eine ganze Reihe Stellen hat derzeit das Haus Waldherr des Deutschen Ordens in Bad Tölz offen. Dies liege daran, dass gerade die Leistungsvereinbarung mit dem Bezirk Oberbayern in trockene Tücher gebracht worden sei, sagt Sozialpädagoge Florian Bahn. Das Haus, in dem 30 alkoholkranke Frauen und Männer im Alter von Mitte 20 bis mehr als 70 Jahre betreut werden, hat momentan noch zehn Stellen, vom 1. September an werden es 16 sein. Die Schwierigkeit für den Deutschen Orden: "Die Suchthilfe ist ein schwerer Arbeitsbereich, den nicht jeder machen kann", sagen Bahn und Hauswirtschaftsleiterin Kristin Weissenberger. Hinzu kommt, dass es ohnehin kaum Jobsuchende im sozialen Dienst gibt. "Die Flüchtlingshilfe tut da ein Übriges", sagt Bahn.

Für die ehemaligen Mitarbeiter der geriatrischen Klinik in Lenggries ist es leicht, einen neuen Arbeitsplatz zu finden - sofern sie in der Pflege ausgebildet sind. Als bekannt geworden sei, dass Asklepios die Einrichtung zumache, "stand das Telefon nicht mehr still", berichtet der ehemalige Betriebsratsvorsitzende Lothar Conrad. "Alle möglichen Arbeitgeber haben angerufen, für die Pflegekräfte gibt es die Qual der Wahl, wo es für sie hingehen soll." Über sich selbst macht sich Conrad da schon eher Sorgen. Als "klinischem Neuropsychologen" böten sich für ihn nur wenige Stellen an, "mein Fachgebiet ist immer selten gesucht". Beworben hat er sich in der Fachklinik Bad Heilbrunn und im Unfallkrankenhaus Murnau. Sein Alter von 56 Jahren sieht Conrad nicht als Hindernis: "In meinem Beruf ist Erfahrung kein Nachteil, wahrscheinlich eher ein Vorteil." Außerdem bleibt ihm noch ein wenig Zeit. Sein Arbeitsvertrag, sagt er, laufe noch bis Ende Oktober. So lange reicht bei ihm die Kündigungsfrist.

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