"Annegret erschöpft meine Hirnkapazität":Zweideutige Liebeslieder

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Geistreich, aber nicht abwechslungsreich: Liedermacher Peter Fischer vermochte diesmal nicht vollends zu überzeugen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Liedermacher und Festival-Sieger Peter Fischer bietet beim Preisträgerkonzert in Geretsried wenig Neues

Von Sabine Näher, Geretsried

Wer am Freitagabend an der Sporthalle parkt und dann ums Eck biegt, um zur Geretsrieder Musikschule zu gelangen, bekommt erst einmal einen gehörigen Schrecken: zahlreiche Einsatzfahrzeuge von Polizei, Rotem Kreuz und Feuerwehr. Erster Gedanke: ein Anschlag? Doch dann dämmert's - da war doch was mit einem Bombenfund. Und hier im Schulzentrum werden die aus ihren Wohnungen evakuierten Geretsrieder untergebracht. Entwarnung also - und hinauf in den Ingrid-Obser-Saal. Dort begrüßt Anita Zwicknagl vom Kulturamt der Stadt die zahlreich erschienenen Besucher mit dem Hinweis auf die heutige "Bombenstimmung" in Geretsried, von der "wir uns aber nicht den Abend verderben lassen wollen".

Denn erwartet wird Peter Fischer, Liedermacher und Musikkabarettist aus München, der im vergangenen Jahr als Sieger aus dem Liedermacher-Wettbewerb der Stadt hervor gegangen war und nun sein Preisträger-Konzert geben darf. Der Zweite Bürgermeister Hans Hopfner ist nur kurz zur Begrüßung erschienen und eilt mit der Erklärung "Und jetzt muss ich mich leider wieder um die Bombe kümmern" von dannen.

Beim Wettbewerb hatte Peter Fischer 2016 vor allem beim Publikum gepunktet: Seine eher intellektuelle Art, die ein wenig hintergründigen Texte, sein lockerer Plauderton, der an den jungen Reinhard Mey erinnert, sowie der souveräne Umgang mit dem Flügel hatten ihn aus dem Bewerberfeld heraus gehoben. Doch nun, als alleiniger Protagonist des Abends, kann er weniger überzeugen. Zunächst einmal verwundert, dass er tatsächlich alle Wettbewerbsnummern noch einmal im Preisträgerkonzert vorträgt. "Ich hab' am Klavier früher Klassik gelernt", doch ein falscher Ton habe den ganzen Vortrag "versaut". Nun spiele er nur noch eigene Musik: "Beim ersten Mal ist es ein Fehler, beim zweiten Mal ist es Jazz!" Das ist ebenso bekannt wie das Liebeslied "Armbanduhren", in dem er die Perspektive eines alten Mannes einnimmt, der auf sein Leben zurückschaut. Auch die damalige Zugabe - das zweideutige Liebeslied für Annegret ("Annegret erschöpft meine Hirnkapazität, weshalb ihr mich nur stammeln seht"), die letztlich doch nur eine Verlegenheitslösung darstellt, wenn Susanne, Lisa oder Julia keine Zeit haben - wird nochmals ausgepackt.

Und als dann wirklich neue Nummern ertönen, etwa das noch merkwürdigere Liebeslied an die ungewaschene Brigitte, die letztlich (gemeuchelt) als Dünger im Blumenbeet landet, oder "In mir wohnen absurde Emotionen", zeigt sich, dass alles irgendwie ähnlich klingt und auf Dauer nicht so unterhaltsam ist wie es bei drei Liedern im Wettbewerb schien. Souverän ist Fischers Umgang mit dem Publikum. Zum Beispiel, als sich "zwei Brigittes" aus dem Publikum vernehmen lassen: "Wir sind jetzt doch etwas beleidigt." Prompte Reaktion: "Ihr kriegt Freikarten fürs nächste Konzert. Falls ihr noch mal kommen wollt ... " Fischers unaufgesetzt sympathische Art kommt gut an. Auch seine Wortbeiträge sind geistreicher als die vieler Musikkabarettisten. Besonders schön ist das Gedicht, das eine Liebeserklärung an sein Instrument darstellt. Diesmal ganz ohne Ironie: Das Klavier scheint ihm mehr am Herzen zu liegen als all die besungenen Damen. Kurze Irritation, als es hörbar rumpelt: "Geht jetzt die Bombe hoch?" Doch es ist lediglich das Gewitter, das sich gerade über der Region austobt.

Eröffnet hatten den Abend übrigens zwei junge Künstler aus Geretsried: Hannes Wagner und Tim Wandke. Beide präsentierten sich am Flügel als begabte Nachwuchsmusiker. Wagner, der Pianist der D.C. Alcodas, brachte ein Klavierstück von Leoš Janáček ("Den dürften hier die Wenigsten kennen, aber ich möchte dazu beitragen, dass er bekannter wird") und Maurice Ravels "Oiseaux tristes" ("Die traurigen Vögel"). Sehr um Ausdruck bemüht kommt er mit dem etwas spröden Klang des Schimmel-Flügels nicht ganz zurecht. Tim Wandke trägt ein eigenes Werk vor, sehr sprechend, und darauf den Beatles-Klassiker "Michelle". An zwei Flügeln lassen die beiden dann wirklich "Unerhörtes" erklingen. Peter Fischer bemerkt dazu ganz treffend: "Wir hätten doch besser vorher abklären sollen, dass das Warm-up nicht besser Klavier spielt als der Haupt-Act".

© SZ vom 15.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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