Amtsgericht:Freispruch wegen privaten Unfallorts

Amtsgericht genehmigt Autofahrer die Weiterfahrt

Von Benjamin Engel, Geretsried

Wo ein Autofahrer einen Unfall hat, kann für eine Verurteilung entscheidend sein: In einer Juninacht des Jahres 2017 fuhr ein 53-jähriger Geretsrieder betrunken rückwärts aus der Garage. Als er wenige Meter zurückstieß, krachte er im Hof in ein stehendes Fahrzeug. Das räumte er in der Verhandlung vor dem Wolfratshauser Amtsgericht ein. Trotzdem wurde der Angeklagte am Mittwoch nicht wegen fahrlässiger Gefährdung im Straßenverkehr verurteilt, wie die Staatsanwaltschaft ihm vorwarf. Denn dazu hätte der Unfall auf öffentlichem Verkehrsgrund passiert sein müssen. Das konnte Amtsrichter Helmut Berger nicht ausreichend belegen - und sprach den Mann deshalb frei.

Die Frage des öffentlichen Verkehrsraums war der Grund, warum es überhaupt zum Prozess gekommen war. Denn den Unfall an sich räumte der Angeklagte ein. Wie dessen Verteidiger argumentierte, habe er nur Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt, weil der Hof mit den Garagen eben kein öffentlicher Verkehrsgrund sei.

Zu dem Garagenhof für die Bewohner eines Geretsrieder Mehrfamilienhauses gibt es Zufahrten von der Straße aus. Laut einem der ermittelnden Polizisten weisen keine "Durchfahrt-Verbote" oder andere Schilder auf einen Privatgrund hin. Es stünden zwar Halteverbote. Doch weder die Stadtverwaltung noch der Hauseigentümer hätte beantworten können, wer diese aufgestellt habe. Wie der Polizist erklärte, seien sie von öffentlichem Verkehrsraum ausgegangen.

Genau das verneinte jedoch eine jahrzehntelange Anwohnerin. Nur Anwohner nutzten die Garagen im Hof, berichtete sie. Es handele sich nicht um einen öffentlichen Durchgang. Der Hauseigentümer habe die Parkverbotsschilder aufstellen lassen, damit die Mieter leichter aus den Garagen ausparken könnten. Diese Darstellung stützte auch die Lebensgefährtin des Angeklagten. "Nur Anwohner benutzen den Garagenhof", sagte sie. An der Haustür sei sogar angeschlagen, dass Besucher im Hof nicht parken dürften.

Warum sich der Angeklagte überhaupt mit 1,77 Promille Alkohol im Blut ins Auto gesetzt hatte, geriet zur Randnotiz. Wie immer am Wochenende - er wohnt anderswo - war er bei seiner Lebensgefährtin gewesen. Gegen 1.15 Uhr hatte er eigener Darstellung nach seine saubere Wäsche auf die Autorückbank legen wollen. Doch die Garage sei so eng, dass er die Autotür nur schwer hätte öffnen können. Um "Kratzer zu vermeiden", sei er deshalb rückwärts hinausgefahren. "Ich habe erst gar nicht erkannt, dass da ein Fahrzeug war", sagte er.

Doch diese Aspekte waren letztlich irrelevant. Die Staatsanwältin stellte fest, dass es sich eben nicht um öffentlichen Verkehrsgrund im Garagenhof handelte. Der Angeklagte sei freizusprechen. So urteilte auch Amtsrichter Helmut Berger. Der Garagenhof sei nicht für eine unbestimmte Vielzahl an Bewohnern freigegeben. Er hob die Sicherstellung des noch in der Unfallnacht eingezogenen Führerscheins auf. Vorerst wird der Angeklagte diesen wiederbekommen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: