Serie "Menschen am Fluss":Mit den Flößern kam der Reichtum

Serie "Menschen am Fluss": Gabriele Rüth an der Isar nördlich der Wolfratshauser Marienbrücke: Die Autorin hat auch den Verein "Flößerstraße" initiiert.

Gabriele Rüth an der Isar nördlich der Wolfratshauser Marienbrücke: Die Autorin hat auch den Verein "Flößerstraße" initiiert.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Die Wolfratshauser Autorin Gabriele Rüth beschreibt in ihrem neuen Isar-Buch den Fluss auch als historischen Wirtschaftsfaktor

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Die Isar schimmert grünlich, liegt träge in ihrem Bett. Gabriele Rüth steht nördlich der Wolfratshauser Marienbrücke am Ufer. Hier liegen die dicken Holzstämme, aus denen die Familie Angermeier ihre Flöße zusammensetzt. Heutzutage fahren damit nur noch die Ausflügler im Sommer bis nach München, doch jahrhundertelang waren sie ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in der Region. Die Flößer transportierten Waren und Personen über München weiter auf die Donau bis nach Wien.

Rüth hat dieser Geschichte in ihrem Buch "Entlang der Isar. Von Scharnitz bis München-Thalkirchen - Ausflüge auf den Spuren der Flößer" nachgespürt. Darin verbindet sie ihre Liebe zur Natur und das Interesse für Geschichte, alte Handwerkstraditionen und Brauchtum.

Für die 63-jährige Journalistin ist die Isar eine gute alte Bekannte. Seit ihrer Kindheit hat der Fluss sie durch ihr Leben begleitet. Sie ist im Münchner Stadtteil Lehel nur einen Steinwurf vom Wasser entfernt aufgewachsen. Mit ihren Eltern unternahm sie Ausflüge an den Fluss, unter anderem zur Floßlände: "Ich habe gesehen, wie die Flöße angekommen sind", erzählt sie. 1979 zog sie schließlich mit ihrer Familie nach Wolfratshausen und damit wieder in Isarnähe. In ihrem Buch, an dem der heutige SZ-Redakteur Jakob Wetzel mitgearbeitet hat, beschreibt Rüth die Orte und Landschaften am Fluss entlang von seiner Quelle im österreichischen Tirol bis nach München. Dazu informiert sie zur Geschichte der Flößerei. Und eines ist für Rüth sicher: Ohne die Flussfahrer hätte das Oberland weit weniger prosperiert. Denn über Isar und Loisach verschifften die Flößer Holz und Waren aller Art. So besteht der Dachstuhl der Münchner Frauenkirche etwa aus Holz, das aus dem Isarwinkel stammt. Auf 147 Flößen gelangten 7000 Stämme in die bayerische Residenzstadt. Für die großen Bauten der Renaissance und des Barock in München und darüber hinaus lieferten die Flößer Kalk aus dem Oberland. Im 18. Jahrhundert transportierten sie jährlich 800 Floßladungen des Baumaterials isarabwärts.

Rüth will die Erinnerung an die Flößerei lebendig erhalten. Deshalb hat sie vor sechs Jahren den Verein "Flößerstraße" initiiert und ist seitdem dessen Vorsitzende. Beinahe zwei Jahre lang hat sie für ihr Isar-Buch Archivalien, Karten und Bücher gesichtet oder Heimatvereine kontaktiert. Dabei stieß sie auch auf die Anekdote von Ludwig Thoma, der davon erzählt, wie er als Kind König Ludwig II. in Vorderriß begegnete. Dort war der Vater Thoma Oberförster.

Zusätzlich können alle Buchkäufer Kartenmaterial von der Homepage des Vereins herunterladen. Werner Grimmeiß vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club (ADFC) hat die Routen entlang der Isar entwickelt, die sich auch zu Fuß bewältigen lassen. Im Buch bekommt der Leser auf 144 handlichen Seiten mit mehr als 100 Abbildungen auch Tipps zu Sehenswürdigkeiten und gastronomischen Angeboten entlang des Weges.

Die Isar ist auch nach dem Ende der Flößerei ein Wirtschaftsfaktor, beispielsweise durch die vielen Wasserkraftwerke. Dass es davon 28 am Fluss gibt, hat Rüth während ihrer Recherchen selbst überrascht. Bereits vor zwei Jahren hat sie ein Buch verfasst, das sich mit der Geschichte der Flößerei an der Loisach befasste. Jetzt plant sie, ein weiteres Buch über die Isar von München bis zur Mündung in die Donau bei Deggendorf zu schreiben. Einen Lieblingsplatz an der Isar hat sie übrigens nicht. Jede Stelle sei für sich schön, ob am Oberlauf mit seinem Wildbachcharakter oder dann am breiten, trägen Fluss mitten in der Stadt.

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