Wolfgang Nöth:"Einer muss es doch machen"

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Nie wieder Kunstpark Ost: Wolfgang Nöth über Baulust, Geld und Rausch.

Interview: Christian Mayer, Jochen Temsch

Das war's. Am 31. Januar schließt Wolfgang Nöth seinen Kunstpark Ost nach sechs Jahren Dauerfeier. Am Sonntag gibt es die letzte "Party Zone" in allen 33 Lokalen. Obwohl es auf dem alten Gelände weiter geht, ist der Kunstpark Geschichte. Zeit für einen Rück- und Ausblick seines Erfinders.

SZ: Was ist Kunst am Kunstpark? Nöth: Die Kunst, dieses Gelände bei den Behörden genehmigungsfähig zu machen. Das war eigentlich die gesamte Kunst. Alles andere war nebensächlich. Eine Disco zu machen, ist keine Kunst.

SZ: Trotzdem haben Sie die Münchner Ausgeh-Kultur geprägt. Worin besteht Ihre Leistung? Nöth: Anfangs hieß es, der Kunstpark binde das gesamte Nachtleben an sich. Aber das Gegenteil war der Fall. Seit es den Kunstpark gibt, kommen mehr Leute von auswärts in die Stadt. Die gehen auch in andere Clubs. Außerdem hat der Kunstpark mit dazu geführt, dass die Mieten gesunken sind. Die Hausbesitzer haben durch unsere Konkurrenz ihre Preise überdacht, sonst hätten sie Pächter verloren. Der Kunstpark hat zum allgemeinen Wohl beigetragen.

SZ: Geht es nur um den Kommerz? Nöth: Ja, den Kommerz, den kann ich mal kurz erklären. Ich habe keine Häuser in Las Vegas oder Kitzbühel. Ich wohne in Unterföhring, habe mein Geld immer investiert und Steuern bezahlt wie ein Schmied. Jeder versucht, Geld zu verdienen. Dafür muss man sich nicht schämen. Ich bin gegen Subventionen. Man muss an sich arbeiten, nicht an irgendwelchen Kultur-Säcken der Stadt. Was heißt Kommerz? Was heißt Kultur? Zum Beispiel, dass wir Ateliers für sieben Mark den Quadratmeter vermieten konnten. Der Kommerz finanziert die Kultur.

SZ: Sehen Sie sich als wohltätigen Retter des Münchner Nachtlebens? Nöth: Nein. Die Ausgeh-Mentalität wurde auch sehr stark durch Oberbürgermeister Christian Ude und den Stadtrat geprägt. Zum Beispiel wurden die Sperrzeiten radikal aufgehoben.

SZ: Solch nette Töne fanden Sie nicht immer für den OB. Nöth: Das zwischen mir und Ude ist eine Hassliebe. Ich unterstütze ihn vor der Wahl, um dann auf ihn einzuprügeln.

SZ: Dafür wurden Sie oft für Ihre eigenwillige Bauweise geprügelt. Nöth: Wir haben 25 Mal Bußgeld aufgebrummt bekommen wegen angeblicher Schwarzbauerei. Die Lokale müssen immer wieder verändert werden, das sind kreative Angelegenheiten. Es tut mir leid für die Behörden, dass ich schneller bin mit meinen Ideen. Auf die Sicherheitsvorschriften habe ich aber immer geachtet. Die Münchner Feuerwehr hat mir sogar schon einen Job angeboten.

SZ: Andere sehen im Kunstpark nur die Probleme Lärm, Verkehr, Drogen. Nöth: Die Münchner sind schon eine eigene Rasse. Aber mit den Anwohnern haben wir ein recht gutes Verhältnis. Was die Drogen angeht: Das ist ein weltweites Problem, kein spezielles vom Kunstpark. Wir haben hier mehr Aufgriffe von Drogenbesitzern als die Polizei selber. Es gibt immer wieder Leute, die einen Vogel zwitschern hören, der gar nicht bei uns pfeift - da stehe ich drüber.

SZ: Und darüber, dass der Bezirksausschuss auf einmal nichts mehr dagegen hat, dass einzelne Clubs auf dem alten Gelände auch ohne Sie weitermachen? Nöth: Das ist äußerst dubios. Ich weiß nicht, ob es im Sinne der Münchner SPD ist, wenn sich Mitglieder des Bezirksausschusses Schwabing West vehement in Berg am Laim für die Weiterführung des Kunstparks einsetzen.

SZ: Wie ist Ihr Verhältnis zum Eigentümer des Geländes, Otto Eckart? Nöth: Mit dem habe ich kein Problem. Ich bin nur sauer, dass ich nicht in Ruhe gehen darf. Warum hält sich die andere Seite nicht an den Vertrag? Die neue Betreibergesellschaft Narotec behauptet, ich würde demnächst auf dem Kunstpark mit dem Bagger herumfahren und Hallen abreißen. Tatsache ist: Ich bin zum Rückbau verpflichtet.

SZ: Machen Sie sich jetzt gegenseitig Konkurrenz? Nöth: Nein, mit diesen Zwergerln werde ich auch fertig - da lache ich bloß! Ich habe meinen Kopf doch nicht zum Haarschneiden, sondern zum Denken.

SZ: Aber jetzt übernimmt ein anderer, was Sie aufgebaut haben. Nöth: Ach, mein Gott. So was gibt es immer wieder, auch in der Politik. Ganz im Ernst: Ich wünsche den Wirten, dass es auf dem alten Gelände weitergeht. Mein Ende ist ja nicht das Spiegelzelt oder Fröttmaning - ich höre erst auf, wenn ich sterbe. Bis dahin werde ich neue Dinge in die Welt setzen. Demnächst werde ich einen Kinderpark eröffnen. Spätestens in zwei Jahren werde ich dafür einen geeigneten Platz finden.

SZ: Wie sicher ist es, dass Sie den Kunstpark Nord wie geplant verwirklichen können? Nöth: Wir reden mit den Fachbehörden und dem Oberbürgermeister, arbeiten mit allen Referaten gut zusammen. Es gibt einen einheitlichen Stadtratsbeschluss - damit ist die Sache durch. Was die Pacht betrifft, warten wir ab, was das Bewertungsamt vorgibt.

SZ: Wie finanzieren Sie das Projekt? Nöth: Es gibt ja zum Glück die Banken und die Brauereien. . .

SZ: Es heißt, der Geschäftsmann Wolfgang Nöth sei Millionär. Fließt das Geld, das Sie mit dem Kunstpark gemacht haben, jetzt in die Fröttmaninger Einöde? Nöth: Na ja, Millionär. Von den Steinen kannst du nicht abbeißen. Ich werde jedenfalls nicht meinen Privatbesitz in die Firma einbringen. Sonst werden meine Kinder vielleicht einmal sagen: Der Vater war ein Riesenspinner.

SZ: Wenn nicht Profitstreben - was treibt sie an? Nöth: Ich brauche keine Drogen. Früher waren die Frauen mein Rauschmittel, jetzt stürze ich mich in die Baupläne. Es geht nicht ums Geld. Ich kann auch von einer Suppn aus der Kapuziner-Küche und ein paar Schachteln Zigaretten am Tag leben. Ich brauche bloß ein paar Gabelstapler.

SZ: Ist Ihr Lebenswerk mit dem Fröttmaninger Projekt abgeschlossen? Nöth: Nein, ich werde bestimmt nicht sesshaft! Es macht mir einfach Spaß, das hat gar nichts mit Macht oder Angeberei zu tun. Ich bin kein Wohltäter, aber ich will Räume schaffen für die Jugend.

SZ: Sie werden im Oktober 60 Jahre alt. Warum geben Sie keine Ruhe? Nöth: Einer muss es doch machen. Ich brauch's einfach.

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