Wohnungssuche für Flüchtlinge:Von der Kanzlerin geehrt, von Vermietern verschmäht

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Der Syrer Ahmad Abbas spricht Deutsch, macht in München eine Ausbildung und ist im Bundeskanzleramt eingeladen. Ein Zimmer aber will ihm keiner geben.

Von Anna Hoben

Dieser Tage feiert Ahmad Abbas wieder den Beginn seines neues Lebens: Fünf Jahre ist er nun in München. Am 12. März 2012 schlug in seinem Elternhaus in der syrischen Kleinstadt Kusseir bei Homs eine Granate ein, die einen Gaskocher zum Explodieren brachte. Mehr als die Hälfte von Ahmads Haut verbrannte. Er wurde in ein Krankenhaus im Libanon gebracht und wäre fast gestorben. Durch eine Spendenaktion gelangten er und seine jüngere Schwester nach München, wo beide eine lebensrettende Hauttransplantation bekamen. Sie gehörten zu den ersten syrischen Bürgerkriegsflüchtlingen in Deutschland.

Längst ist Ahmad Abbas als Flüchtling anerkannt. Er spricht die deutsche Sprache nahezu perfekt, hat einen Ausbildungsplatz als medizinischer Fachangestellter - aber keine Wohnung. Ein Problem, das gerade in München viele Flüchtlinge betrifft. Zurzeit lebt Abbas in einem städtischen Wohnheim für junge Flüchtlinge in Ausbildung. Doch zum 31. März muss er raus. Immer wieder hat er geschaut auf den einschlägigen Suchseiten im Internet. Aber er findet einfach nichts.

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"600 Euro für eine Einzimmerwohnung kann ich mir nicht leisten", sagt er. 580 Euro netto bleiben ihm von seinem Azubi-Gehalt, allerhöchstens 400 Euro will er für die Miete bezahlen. Er würde gern in einer WG wohnen oder bei einer Familie, die ein Zimmer vermietet. "Ich brauche nur ein Bett und einen Schreibtisch."

Einige Vermieter hat er angeschrieben, zurück kamen nur Absagen, "weil ich zu wenig verdiene". Manchmal ist auch allein schon der Name ein Hindernis. Ein anderer junger Flüchtling bekam vor Kurzem von einer Maklerin auf seine Anfrage hin folgende Antwort, die er per Screenshot dokumentierte: "Da Ihr Name sich als nichtdeutscher Name liest, muss ich Sie leider zunächst darauf aufmerksam machen, dass mein Vermieter keine Mieter nicht-deutscher Herkunft wünscht."

Im Wohnheim ist Abbas zurzeit nur zum Schlafen. Den Großteil seiner Freizeit verbringt er bei einem Freund. Dort lernt er für die Berufsschule, dort organisiert er seine ehrenamtlichen Aktivitäten. Als im Sommer 2015 die Sonderzüge aus Österreich in den Hauptbahnhof einfuhren, gehörte er zu den Helfern, verteilte Lebensmittel, sprach den Ankommenden Mut zu. Heute leitet er den Syrischen Friedenschor München. Rund zwei Dutzend Syrer singen dort und spielen Instrumente.

Wegen seines Engagements wird Ahmad Abbas bald eine besondere Reise antreten. Am 7. April ist er ins Bundeskanzleramt eingeladen, Angela Merkel will ihm und anderen Ehrenamtlichen persönlich danken, stellvertretend für den Einsatz Zehntausender. Ursprünglich war der Besuch in der Hauptstadt für den 17. März geplant, doch da kam Merkels Treffen mit Donald Trump dazwischen. Nun also ein paar Wochen später: Podiumsgespräch, Empfang, Gruppenfoto. Abbas will der Kanzlerin einen Brief übergeben, in dem er und seine Sängerkollegen sich bei ihr bedanken, dafür, was sie für die Flüchtlinge getan hat.

Vielleicht wird er ein Selfie mit ihr knipsen. Es wäre Nummer drei in seiner Politikergalerie. Zweimal hat er Claudia Roth getroffen, einmal mit seinem Chor vor Bundespräsident Joachim Gauck gesungen. Von seiner Wohnungsnot will er Merkel aber nichts erzählen. "Da kann sie ja nichts machen."

© SZ vom 30.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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