Wohnungssanierung in München:Haus der Gerüchte

Wohnungssanierung in München: Der Neurenaissance-Bau an der Baldestraße stammt aus dem Jahr 1888. Viele Jahre stand es leer, nun sanieren die Eigentümer in Eigenregie Stück für Stück.

Der Neurenaissance-Bau an der Baldestraße stammt aus dem Jahr 1888. Viele Jahre stand es leer, nun sanieren die Eigentümer in Eigenregie Stück für Stück.

(Foto: Stephan Rumpf)

Ein Labor zur Erforschung des Hausschwamms? Seit vielen Jahren steht ein historisches Wohngebäude in der Isarvorstadt leer, um die Eigentümer rankten sich seltsame Legenden. Ein Mann geht dort regelmäßig ein und aus. Es hat ein bisschen gedauert, bis er zum Gespräch bereit war.

Von Sebastian Krass

Klar, dass irgendwann Gerüchte aufkommen, wenn ein Haus in dieser Lage jahrelang leer steht. Noch dazu, wenn es ein so prächtiges Haus ist wie dieses in der Baldestraße 12, mit einer inzwischen sanierten Fassade, die - so sagt es das Planungsreferat - durchaus für den Fassadenpreis der Stadt München in Frage käme. Von einer zerstrittenen Erbengemeinschaft erzählt man sich in der Nachbarschaft.

Sicher wissen die Nachbarn nur, dass es einen etwas älteren Mann gibt, der dort regelmäßig ein und aus geht. Ein sehr mürrischer Mensch sei das, der mit niemandem wirklich rede und schnell böse werde, wenn die Einfahrt zugeparkt sei. So erzählen es Anwohner. Auch ein kurioses Gerücht macht die Runde: Der einzige Mensch, der das Haus nutze, sei jemand, der dort ein Labor betreibe. In dem er über den Hausschwamm forsche.

Also, da sei nun wirklich nichts dran, sagt jener Mann, der in dem Haus ein und aus geht. "Hier gibt es auch keinen Hausschwamm." Es hat ein bisschen gedauert, bis er zu einem Gespräch bereit war. Zu viele schlechte Erfahrungen habe er gemacht, sagt er zur Entschuldigung. Zahllose, oft unseriöse Immobilienmenschen hätten ihn und seine Familie belästigt, seien teils unbefugt in das Haus eingedrungen.

Ja, deshalb sei er auch mürrisch gewesen, als Panzer sozusagen. Nun aber hat er sich entschlossen, die eigenartige Geschichte dieses Hauses zu erzählen. Es ist die Geschichte einer Nobelsanierung, die nach anderen Regeln abläuft, als man sie vom Immobilienmarkt kennt. Der Mann erzählt ausgesucht freundlich und offen davon. Nur eine Bedingung nennt er: Sein Name und der seiner Frau und Kinder, denen das Haus gehöre, sollen nicht in der Zeitung stehen.

Das Haus aber soll langsam in die Öffentlichkeit. Schließlich ist es bald fertig. In zwei Monaten soll die Vermietung der insgesamt 16 Wohnungen beginnen. Die Arbeit von vielen Jahren steht vor dem Abschluss. Die Familie habe dieses Haus weitgehend in Eigenarbeit saniert, ohne Architekten und ohne Ingenieurbüro, aber in ständiger Absprache mit den Behörden, darunter auch die Denkmalschützer im Planungsreferat. So erzählt es der Mann, der nach eigener Auskunft selbst Ingenieur ist. Die Stadtverwaltung bestätigt dies im Prinzip. Jedoch findet sich niemand, der etwas mehr berichten würde.

Ihren Anfang nahm die Geschichte in den Achtzigern. Damals bezahlten die heutigen Eigentümer die anderen Anteilseigner einer Erbengemeinschaft aus. Doch erst einmal passierte nichts. Der 1888 erbaute Neurenaissance-Bau verfiel. Ein noch bewohntes Haus sei nicht vernünftig zu sanieren, man habe die Mieter aber auch nicht hinausekeln wollen, führt der Mann zur Erklärung an. 1996 erteilte die Stadt ein sogenanntes Negativattest: Das Haus galt als unbewohnbar. Eine Sanierung wäre unwirtschaftlich, weil nicht binnen zehn Jahren zu refinanzieren gewesen.

Deshalb durften die Eigentümer Wohnraum leerstehen lassen, ohne sich der Zweckentfremdung schuldig zu machen. Im Jahr 2000 gab es dennoch Anhörungen. "Fassadenteile waren heruntergefallen", erzählt der Mann aus der Eigentümerfamilie. Daraufhin habe man begonnen, die Fassade herzurichten, "mit Hilfe von Künstlern aus Italien". 2004 schließlich seien die letzten Mieter ausgezogen. Zwei Jahre später dann habe das "Familienprojekt" Innensanierung begonnen.

Inspiriert von Künstlern wie Kandinsky und Miró

Hier sollte etwas Besonderes entstehen, das war bald klar. "Ich habe so viel schlechten Wohnraum gesehen", erzählt der Mann. Auch viele der sogenannten luxussanierten Häuser seien schlecht saniert, vom Gedanken an die schnelle Geldmache getrieben. Weil kein Architektenbüro die Ansprüche erfüllte, habe man es eben selbst gemacht.

Das dauerte. Durch den Leerstand haben sich die Eigentümer viel Geld entgehen lassen. "Aber uns geht es nicht um Profitmaximierung. Das hier ist ein Lebenswerk." Und mehr noch: "Es soll ein Vorbild werden, was man aus alten Wohnhäusern machen kann und soll."

Wenn der Mann durch das Haus führt, sprudelt es aus ihm heraus. Stolz zeigt er den neuen Stuck und selbst konstruierte Türgriffe, die massiven Türen aus Eiche und Fichte und die Fensterrahmen aus Lärche. Ein Gestaltungskonzept haben sie sich auch überlegt.

Es ist inspiriert von Künstlern wie Kandinsky und Miró. Nicht zu vergessen die "modulierende Gasheizung mit fünf Brennern". Zwischen 50 und 60 Quadratmeter sind die Wohnungen groß. Die schönsten liegen im ausgebauten Dachgeschoss, mit Holzbalken in den Wänden und wunderbarem Ausblick.

Und wer soll hier einziehen? Die Eigentümer wollen für "Wohnen auf Zeit" vermieten - zu kaufen gibt es hier nichts. Zielgruppe sind Menschen, die geschäftlich regelmäßig in München sind oder die eine Stadtwohnung brauchen. Also Menschen, bei denen es nicht auf jeden Euro ankommt. "Aber", so die Devise der Vermieter, "es sollen Menschen sein, die dieses Haus zu schätzen wissen."

Mehr Informationen unter: http://boardinghouse-muc.de/

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