Wohnungsnot bei Asylbewerbern:Kirchen wollen Flüchtlingen helfen

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Eine Erstaufnahmeeinrichtung für jugendliche Flüchtlinge in der Bayernkaserne. Die staatlichen Sammelquartiere sind überfüllt. (Foto: Stephan Rumpf)

20 Unterkünfte und deutlich mehr Betreuung für Minderjährige: Die Kirche will sich stärker an der Unterbringung von Flüchtlingen beteiligen. Doch von den oberbayerischen Landräten gibt es heftige Kritik: Die Mieten für leer stehende Pfarrhäuser seien horrend.

Von Jakob Wetzel

Das Erzbistum München und Freising und die Evangelisch-Lutherische Landeskirche möchten sich stärker an der Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern beteiligen. Die evangelische Kirche habe eine Liste von 20 Unterkünften in ganz Bayern erstellt, darunter Wohnungen der Kirche ebenso wie von Privatleuten, hieß es am Dienstag aus dem Landeskirchenamt. Die Liste soll am Freitag dem Sozialministerium übergeben werden.

Zudem will die Kirche den Etat für Asylarbeit deutlich erhöhen und weitere Sozialarbeiter einstellen. Die katholische Kirche prüfe derzeit, wie sie ihr Engagement für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ausbauen könne, sagte ein Sprecher am Dienstag. Vorbild sei das Alveni-Jugendhaus in der Fasanerie. Dort werden bis zu 46 Jugendliche von Mitarbeitern der Caritas betreut. Auch die Caritas will weitere Sozialarbeiter einstellen.

Mit deutlichen Worten wehrt sich das Erzbistum gegen den Vorwurf, den eigenen Worten keine Taten folgen zu lassen. Der Landrat von Fürstenfeldbruck und Sprecher der oberbayerischen Landräte Thomas Karmasin (CSU) hatte sich zuvor im Gespräch mit der SZ beklagt, die Kirche habe horrende Mieten für leer stehende Pfarrhäuser verlangt.

Versuche, Flüchtlinge dort unterzubringen, seien deshalb fehlgeschlagen. "Wer in dieser schwierigen Situation nicht Teil der Lösung ist, der ist Teil des Problems", sagte Karmasin. Am Dienstag ergänzte er: Kardinal Reinhard Marx halte den Verantwortlichen regelmäßig vor, nicht genügend zu unternehmen. Eine bessere Versorgung von Flüchtlingen sei jedoch von der Kanzel einfacher zu fordern als tatsächlich umzusetzen.

"Die Kirche kann nicht eine falsche Politik ausgleichen"

Im Erzbischöflichen Ordinariat und bei der Caritas stoßen die Vorwürfe auf Unverständnis. "Die Kirche steht zu ihrer Verantwortung und will etwas tun, nach ihren Möglichkeiten", sagte Bistumssprecher Bernhard Kellner. 2013 habe sie bereits zwei Pfarrhäuser an den Landkreis München vermietet, eines in Brunnthal, eines in Putzbrunn. In letzterem seien derzeit zwölf Asylbewerber untergebracht.

Die Annahme, es gebe Hunderte leer stehende Pfarrhäuser in der Region, sei schlichtweg falsch. Zudem gebe es seit dem Frühjahr einen Grundsatzbeschluss des Erzbistums: "Wenn ein kirchliches Gebäude geeignet ist, als Unterkunft für Flüchtlinge zu dienen, dann sperren wir uns nicht", sagte Kellner. Von gescheiterten Verhandlungen wegen überteuerter Mieten sei im Ordinariat nichts bekannt. Wenn Karmasin die Vorwürfe präziser fassen würde, wolle die Kirche dem nachgehen.

Kellner verteidigte zudem die wiederholten öffentlichen Mahnungen des Erzbischofs. Die Kirche werde auch künftig benennen, was sie für verbesserungswürdig halte, um etwas zu bewegen, sagte Kellner. Ziel sei es, den Menschen eine Perspektive zu bieten. Zuletzt hatte Kardinal Marx auf dem Jahresempfang des Erzbistums in der vergangenen Woche einen menschlicheren Umgang mit Flüchtlingen gefordert und begrüßt, dass die Staatsregierung ihre strikte Haltung überdenken wolle.

Die eigenen Möglichkeiten der Kirchen seien begrenzt, sagte Johannes Minkus, Sprecher der Evangelischen Landeskirche. Allerdings sei dieses Problem selbst gemacht. Als vor Jahren die Asylbewerberzahlen rückläufig waren, seien viele Unterkünfte aufgelöst worden. "Die Kirche kann nicht eine falsche Politik ausgleichen."

Die Kirchen engagieren sich bislang besonders in der Fürsorge für Flüchtlinge vor Ort. Sozialarbeiter der Inneren Mission und der Caritas betreuen Asylbewerber psychologisch, unterstützen sie im Asylverfahren und helfen bei Behördengängen oder Arztbesuchen. Die Innere Mission betreut in München unter anderem die Erstaufnahmeeinrichtung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in der Bayernkaserne. Die Caritas unterhält ein Jugendhaus und kümmert sich unter anderem um acht Gemeinschaftsunterkünfte und ein Übergangswohnheim. Die Sozialarbeiter werden vom Staat bezuschusst, nach Angaben der Hilfswerke deckt dies jedoch nur zwischen 30 und etwas mehr als 50 Prozent der Kosten. Neben festangestellten Sozialarbeitern beteiligen sich zahlreiche Ehrenamtliche.

© SZ vom 17.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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