Wohnungsmarkt:Stadt macht Mieten für Geringverdiener teurer

Immobilien in Bayern werden immer teurer

Der Traum von sinkenden Mieten ist alt, die Slogans haben manches Münchner Haus verunziert. Doch der Trend bei Mieten kennt nur eine Richtung: aufwärts.

(Foto: Andreas Gebert/dpa)
  • Der Sozialausschuss schafft die festgelegten Preis-Obergrenzen für Mieten bei der Gewofag und GWG ab.
  • Nach dem sogenannten "Konzept Soziale Mietobergrenze" mussten Mieter mit geringen Einkommen dort nur 6,25 beziehungsweise 6,75 Euro pro Quadratmeter zahlen.
  • In Zukunft wird sich der Preis am Mietspiegel orientieren, das Wohnen wird für diese Menschen also teurer.

Von Heiner Effern

Die Mieten von mehr als 27 000 Wohnungen der städtischen Gesellschaften Gewofag und GWG werden vom 1. August an steigen. Die dort seit 2006 festgelegten Obergrenzen von 6,25 beziehungsweise 6,75 Euro pro Quadratmeter hat der Sozialausschuss am Donnerstag abgeschafft. Künftig wird sich der Preis am Mietspiegel orientieren, von dem ein Fünftel abgezogen wird. Im schlimmsten Fall bedeutet das, dass die maximale gesetzlich erlaubte Erhöhung von 15 Prozent in drei Jahren ausgeschöpft wird. Betroffen sind Mieter, die aufgrund ihres geringen Einkommens vom sogenannten "Konzept Soziale Mietobergrenze" profitieren. Seit 2006 verschonte sie die Stadt von höheren Preisen, nun werden sie aber im Extremfall in sechs Jahren bis zu zwei Euro mehr pro Quadratmeter bezahlen müssen.

Die Gewofag hat eine Modellrechnung vorgelegt, wie sich die neue Regel im Schnitt auf die Preise niederschlagen wird: Bei ihr steigen demnach die Kaltmieten für kleine Wohnungen unter 50 Quadratmetern um 42 Cent pro Quadratmeter. Alle größeren Unterkünfte verteuern sich um 24 Cent. Befürchtungen, dass München mit der neuen Formel "Mietspiegel minus 20 Prozent" unter die Abzocker auf dem Wohnungsmarkt geht, weisen SPD und CSU zurück.

Die neue Rechengrundlage sei ein "probates Mittel", um die Preise bei den Wohnungsbaugesellschaften gerecht zu halten und Gewofag und GWG gleichzeitig zu ermöglichen, ihren Bestand zu pflegen und zu sanieren sowie vor allem auch neue Wohnungen zu bauen, sagte SPD-Sozialsprecher Christian Müller: "Gerechtigkeit muss es auch für jene geben, die noch eine Wohnung brauchen." Dafür müsse man in Kauf nehmen, dass die Obergrenzen für die betroffenen Wohnungen leicht, aber konstant stiegen.

Die Linken kritisierten den Beschluss scharf. Die Stadt wolle Geld für den Wohnungsbau aus Menschen "herausquetschen", deren Einkommen ohnehin nur knapp über der Grundsicherung liege, sagte Stadtrat Cetin Oraner. Der Wegfall der starren Obergrenzen und die Orientierung am ständig steigenden Mietspiegel sei "eiskalt", die Stadt unterwerfe sich der "Profitlogik" am Wohnungsmarkt. Das Rathausbündnis führte dagegen an, dass die neue Formel die Mieten sogar gerechter mache. Bisher galten die fixen Preise unabhängig von Ausstattung und Lage der Wohnung in der ganzen Stadt. Nun flössen solche wichtigen Kriterien in den Preis ein.

Betroffen von der Mieterhöhung sind Wohnungen von Gewofag und GWG, deren Bau oder Sanierung von der öffentlichen Hand einst finanziell gefördert wurden. Dafür verpflichteten sich die Wohnungsbaugesellschaften, die Miete über einen festgelegten Zeitraum sozialverträglich zu gestalten. Läuft diese Frist aus, könnten sie den Preis kontinuierlich bis an den Mietspiegel heran steigern. Da die Stadt die eigenen Wohnungen aber für soziale Zwecke auch darüber hinaus nutzen will, hat sie mit ihren Gesellschaften Gewofag und GWG Verträge geschlossen. Diese berechtigen das Sozialreferat, diese Wohnungen selbst zu vergeben. Lagen die Mieter unter einer festgelegten Einkommensgrenze, griff bei diesen Unterkünften das "Konzept Soziale Mietobergrenzen", also 6,25 oder 6,75 Euro pro Quadratmeter. Nun wird es die neue Formel sein.

Für manche Mieter müssten die Preise fallen

Für manche Mieter, die in günstigen Lagen in Wohnungen mit niedrigem Standard leben, müsste der Preis theoretisch sogar fallen. Wenn nämlich der Mietspiegel minus 20 Prozent eine Summe unter sechs Euro pro Quadratmeter ergebe. In diesen Fällen geben Gewofag und GWG jedoch keinen Nachlass, sie sehen lediglich so lange von Erhöhungen ab, bis die neue Formel greift.

In einem zweiten Beschluss erweiterte der Sozialausschuss zudem die Befugnisse des Sozialreferats. Künftig darf das dort angesiedelte Wohnungsamt 6200 zusätzliche Unterkünfte der städtischen Gesellschaften über ihre zentrale Internetbörse "Sowon" vermitteln. Zu den einst öffentlich geförderten Wohnungen, die sie auf Basis von Verträgen jetzt schon vermietet, kommen nun auch Gebäude und Blöcke, die Gewofag und GWG mit Eigenmitteln gebaut oder zu Marktpreisen erworben haben. Darunter fallen zum Beispiel die Wohnungen der Heimag oder Häuser, die die Stadt in schützenswerten Vierteln kauft, um dort den explodierenden Mieten entgegenzuwirken. Diese vergibt das Wohnungsamt aber nicht zu Sozialpreisen, sondern nach dem Mietspiegel.

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