Wohnungen in München:Peinliche Leere

Wohnungen in München: Eine Gesellschaft des Finanzministeriums hat das etwas baufällige Haus in der Linprunstraße verkauft.

Eine Gesellschaft des Finanzministeriums hat das etwas baufällige Haus in der Linprunstraße verkauft.

(Foto: Haas)

München will den Leerstand endlich energischer bekämpfen. Der Stadtrat soll künftig jedes Vierteljahr über städtische Wohnungen informiert werden. Doch die sollen nicht um jeden Preis vermietet werden.

Von Dominik Hutter

Der Münchner Stadtrat hat die Verwaltung aufgefordert, entschlossener gehen den Leerstand städtischer Wohnungen vorzugehen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass vor jeder Sanierung das gesamte Haus geräumt werden müsse, erklärten die Fraktionschef Alexander Reissl (SPD) und Gülseren Demirel (Grüne) einmütig.

Reissl mahnte zudem mehr Ehrgeiz der Behörden an, auch nach Umzügen rasch neue Mieter zu finden. Zudem müsse man sich die Frage stellen, ob die Mieten nicht auch durch eine Absenkung der Sanierungsstandards bezahlbar gehalten werden könnten. Die Opposition sieht dagegen eine erhebliche Mitschuld der rot-grünen Rathausmehrheit.

Stadtrat will mehr Informationen

Offenkundig bestehe kein Interesse daran, das Problem zu lösen. Es herrsche "organisierte Verantwortungslosigkeit", kritisierte CSU-Fraktionsvize Hans Podiuk. Die Stadt sei in Sachen Leerstand ein "Wiederholungstäter".

Künftig soll der Stadtrat jedes Vierteljahr über die Zahl leer stehender städtischer Wohnungen und den Grund dafür informiert werden. Das beschloss die Vollversammlung am Mittwoch einstimmig. Ein Schritt, der - wie die Reissl betonte - auf einen Antrag von SPD und Grüne zurückgehe. Niemand sei vor dem Bekanntwerden der Missstände auf die Idee gekommen, dass städtische Wohnungen jahrelang leer stehen. Dass nun Transparenz herrsche, sei nicht etwa der Opposition, sondern vielmehr der rot-grünen Koalition zu verdanken, sagte der SPD-Fraktionschef.

FDP-Fraktionschef Michael Mattar beurteilt die peinlichen Vorfälle dagegen als Folge rot-grüner Ideologie. Niemand habe den Versuch gemacht, zur Sanierung oder zum Abbruch anstehende Häuser kurzfristig leerzubekommen, indem man den verbliebenen Bewohnern ein Angebot macht. "Man hat einfach abgewartet", wunderte sich Mattar.

In München stehen wohl 17.000 Wohnungen leer

Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) forderte hingegen, die Verhältnismäßigkeit zu wahren. Zwar sei Leerstand in vielen Einzelfällen sehr ärgerlich. Dennoch sei der Eindruck falsch, dieses Problem sei eine Münchner Spezialität. Ude erinnerte daran, dass anders als in vielen anderen deutschen Kommunen die städtischen Unternehmen mehr als 63.000 bezahlbare Wohnungen unterhielten. Zudem sei die Leerstandsquote im städtischen Wohnungsbestand niedriger als bei den Privaten. Ude sprach sich gegen eine Absenkung der baulichen Standards aus. "Die Menschen werden Sub-Standards auf Dauer nicht verzeihen", erklärte der Oberbürgermeister. Nach SZ-Informationen kann auch die Verwaltung mit einem solchen Konzept nicht viel anfangen. Etagentoiletten etwa seien nicht mehr zeitgemäß.

Laut dem Zensus 2011 stehen in München insgesamt etwa 17.000 Wohnungen leer. Knapp 1200 davon gehören der Stadt. Deren einst auf zahlreiche Behörden verteilter Bestand wurde inzwischen weitgehend bei den städtischen Wohnungsgesellschaften GWG und Gewofag "gebündelt" - was wegen der Kompetenz dieser Unternehmen als sinnvoller Schritt gilt. Allerdings gilt die Umstellungsphase verwaltungsintern auch als Mitgrund für den unbemerkten jahrelangen Leerstand von Wohnungen.

Die Zahlen sind nicht so fatal

Nach den Zahlen des Planungsreferats ist die Situation in München allerdings nicht so fatal, wie von Initiativen gerne dargestellt. Denn die Leerstandsquote der Kommune und ihrer beiden Wohnungsgesellschaften liege bei lediglich 1,9 Prozent - was wiederum 0,16 Prozent aller Münchner Wohnungen entspreche. Die Privaten mitberücksichtigt, steige der Anteil leer stehender Wohnungen auf 2,2 Prozent.

Bei zwei Dritteln aller leer stehenden städtischen Wohnungen finden laut Planungsreferat aktuell größere Sanierungsarbeiten statt, das verbleibende Drittel sei umzugsbedingt. Länger als sechs Monate seien insgesamt 647 Wohnungen ungenutzt - Stichtag der Erhebung ist der 31. Oktober. Chancen für eine Zwischennutzung sieht die Verwaltung nur bei 22 Wohnungen.

Dennoch sprach sich der Stadtrat dafür aus, verstärkt Zwischennutzungen zu prüfen. Diese Weisung hat Ude jedoch schon vor Wochen an die Verwaltung erteilt.

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