Wohnen:So war das Jahr für Mieter in München

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Davon wird es auch in den kommenden Jahren zu wenig geben: Wohnhäuser in München. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Teurer Boden, steigende Eigentums- und Mietpreise: Wer eine neue Bleibe sucht, muss mittlerweile tief in die Tasche greifen. Und Lösungen für dauerhaft bezahlbaren Wohnraum gibt es kaum.

Von Anna Hoben

Das Jahr hat mit 9,40 Euro begonnen, und es endet mit einer Million. Dazwischen spielten sich die üblichen mehr oder weniger dramatischen Geschichten von Wohnungsnot und Mietmarktwahnsinn in Deutschlands teuerster Stadt ab. Dies ist zwar ein Rückblick, aber so viel Vorausschau darf an dieser Stelle gewagt werden: Solche Geschichten werden in Zukunft nicht weniger werden.

9,40 Euro pro Quadratmeter - so viel kosten die Wohnungen im Stelzenbau über dem Parkplatz am Dantebad. Innerhalb eines Jahres hat die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gewofag das Haus geplant und gebaut, es ist das Pilotprojekt im Sofortprogramm "Wohnen für alle" und zum Symbol der Anstrengungen im Kampf gegen die Wohnungsknappheit geworden. Anerkannte Flüchtlinge, Wohnungslose und Menschen, die auf eine Sozialwohnung warten, können dort günstig leben.

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Am 10. Januar übergab die Gewofag die ersten Schlüssel. In den darauffolgenden Monaten zogen die Bewohner ein. Für sie ist das Gebäude eine neue Hoffnung im angespannten Mietmarkt. Mittlerweile sind weitere Projekte mit 600 Wohnungen fertig. Bis 2020 sollen 3000 Wohnungen entstehen. Die Hälfte davon sollen private Investoren bauen. Die zeigen jedoch wenig Interesse; ein einziger hat sich bislang bereit erklärt.

Die Bereitschaft privater Immobilienunternehmer, Mietwohnungen zu bauen, sei "ins Bodenlose gefallen", sagt auch Rudolf Stürzer, Chef des Münchner Haus- und Grundbesitzervereins. Lieber bauen sie schicke Eigentumswohnungen, und hier kommt die Million ins Spiel. So viel, in Zahlen 1 000 081 Euro, verlangt die Bayerische Hausbau für eine Drei-Zimmer-Wohnung mit 87 Quadratmetern in ihrem Projekt "Am Alten Eiswerk" auf dem ehemaligen Paulaner-Gelände in der Au. An solchen Spitzenpreisen hat sich Ende dieses Jahres eine symbolhafte Debatte entzündet über die explodierenden Eigentums- und Mietpreise.

Die Wurzel liegt wie immer tiefer, genauer gesagt: am Boden. In München hätten sich die Bodenpreise für den Wohnungsbau in den vergangenen zehn Jahren verdreifacht, heißt es im "Münchner Aufruf für eine andere Bodenpolitik", den ein breites Bündnis von Initiatoren im November startete. Eine Eigentumswohnung zu kaufen sei in einer Stadt wie München mittlerweile "nur Spitzenverdienern vergönnt, nämlich etwa zwei Prozent", sagt Christian Stupka, einer der Initiatoren.

Und wenn Eigentum immer teurer wird, wirkt sich das direkt auf die Mieten aus. 2017 ist für Münchner Mieter kein gutes Jahr gewesen. Der Immobilienverband, der regelmäßig die Mietsteigerungen verkündet, hat auch dieses Jahr berichtet: Aufwärts geht es immer, abwärts nimmer. Die Mietpreisbremse ist in der Praxis kläglich gescheitert, im Juni erklärte das Amtsgericht sie in München für unwirksam, weil die Staatsregierung bei der Umsetzung Fehler gemacht habe. Das Landgericht pflichtete dieser Auffassung bei.

Und die große Lösung für dauerhaft sicheren und bezahlbaren Wohnraum? Lässt bisher auf sich warten. Für manche heißt der Ausweg: ab in eine Genossenschaft. Immer mehr Menschen tun sich in München zum Bauen und Wohnen mit anderen zusammen. 2017 hat vor allem die junge "Kooperative Großstadt" mit ihrem geplanten Projekt "San Riemo" in der Messestadt Riem von sich reden gemacht. Und dann war da noch diese eine Studie: In München wohnt es sich so günstig wie in keiner anderen Landeshauptstadt, hieß es da. Leider ging es nur um Nebenkosten.

© SZ vom 27.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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