Wohnen für Senioren:Praktische Lebenshilfe

"Nachbarschaftlich leben für Frauen im Alter" geht in Serie

Von Gudrun Passarge

Es sind die kleinen Geschichten, die berühren. Die vom Hocker etwa, der den Bewohnerinnen einer Wohngruppe für ältere Frauen am Ackermannbogen eine Zeit lang dazu diente, festzustellen, wie es der Nachbarin geht. Holte sie ihn morgens rein, wussten alle, sie ist gut aus dem Bett gekommen. Oder die der dementen Mitbewohnerin, die ihren Schlüssel immer wieder verlegte. Die anderen in der Gruppe deponierten den Ersatzschlüssel deswegen im Gemeinschaftsraum. Sie taten das heimlich, um ihr jederzeit aufschließen zu können, was die demenzkranke Frau wenigstens kurzzeitig verblüffte.

Drei solcher Wohngruppen für ältere Frauen gibt es mittlerweile in München. Initiator war der gemeinnützige Verein "Nachbarschaftlich leben für Frauen im Alter", der der Diakonie angehört. Die Vorsitzende des Vereins, Christa Lippmann, kann eine Erfolgsgeschichte vorweisen, auf die sie sehr stolz ist, "auch weil Leute mit niedrigem Einkommen recht schöne Wohnungen bekommen". Die Frauen schotten sich mit ihrer Gruppe jedoch keineswegs ab, sie leben mit anderen Mietern zusammen unter einem Dach. Zusätzlich mietet der Verein auch einen Gemeinschaftsraum an. "Der ist ganz wichtig, für Besprechungen, für Geburtstage oder auch für Hausfeste", ganz im Sinne einer guten Nachbarschaft.

Der Fachbegriff für dieses Modellprojekt ist "sorgende Hausgemeinschaft" und tatsächlich wissen die Gruppenmitglieder, was auf sie zukommt. Man besucht sich im Krankenhaus, begleitet sich zum Arzt, kauft mal ein für die kranke Nachbarin. Unterstützung im Alltag kommt oft auch vom Verein. Rechtsberatung, der Umgang mit Behörden, praktische Lebenshilfe, etwa eine Antwort auf die Frage, wie man Lebensmittel im Internet bestellen kann. "Es muss immer eine Institution als Kümmerin da sein." Allerdings fürchtet Lippmann, der Verein werde auf Dauer diese ehrenamtliche Arbeit nicht leisten können. Sie hofft darauf, dass die Stadt hier die Verantwortung übernimmt und eine Betreuungsstelle schafft. Für die neue Gruppe in Gern hat der Verein eine Förderung vom Sozialministerium bekommen. Nun betreut eine Psychologin die Wohngruppe, sie war schon bei der Vorbereitung dabei und wird nach dem Einzug noch eineinhalb Jahre die aufkommenden Probleme im Zusammenleben mit den Frauen aufarbeiten.

"Die Nachfrage ist riesig", berichtet Christa Lippmann. Nach ihren guten Erfahrungen mit der Wohnbaugesellschaft Gewofag in Gern will sie weitere gemeinsame Projekte nicht ausschließen. Am liebsten seien dem Verein Wohnungen im München-Modell, da sind die Einkommensgrenzen ein klein wenig höher als bei Sozialwohnungen.

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