Wohnen auf engstem Raum:Studentenbude im 7m²-Wohnklo

Bett, Küche, WC, Nasszelle und Arbeitsbereich auf sieben Quadratmetern? Ja, das geht! Im "O2-Village" in München-Freimann haben Studenten die Wohnwürfel zwei Jahre getestet. Jetzt wurden sie bundesweit sogar ausgezeichnet.

Johann Osel

Auf nur sieben Quadratmetern findet sich alles, was der Student von heute braucht: eine Sitzgruppe, ein Bett, Küche, WC und Nasszelle sowie der moderne Arbeitsbereich. Seit rund zwei Jahren stehen die sieben mobilen Wohnwürfel nun schon in der Studentenstadt in Freimann.

Wohnwürfel

Sehen nicht aus wie Studentenbuden: Die 7m²-Wohnwürfel.

(Foto: Foto: Heddergott)

Zu eng sei es in den Kompaktwohnungen bisher noch keinem geworden, sagt Anke van Kempen, Sprecherin des Studentenwerks. Im Gegenteil: Gerade dass der Bezug der anfangs nur für je ein Semester konzipierten Mini-Wohnungen von allen Studenten verlängert worden sei, zeige die positive Resonanz auf das Projekt. Auch Studentenstadt-Geschäftsführer Dieter Maßberg erhielt gutes Feed-Back, "klaustrophobische Anwandlungen sind mir nicht bekannt", sagt er mit einem Augenzwinkern.

Nicht nur bei den Studenten kommt die Siedlung gut an, sondern offenbar auch in der Öffentlichkeit. So wird die Liste der Auszeichnungen für das nach seinem Sponsor benannten Objekt "O2-Village" immer länger. Nach dem Preis des Bundes deutscher Architekten und dem British National Home Builder Design Award kam am Freitag eine weitere Auszeichnung hinzu: im Wettbewerb "Deutschland - Land der Ideen", der unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Horst Köhler steht.

Somit gilt das Wohnwürfeldorf offiziell als einer der "365 Orte im Land der Ideen" - dies ist das Motto der Aktion. Sie prämiert Einrichtungen, die mit innovativen Ideen überzeugen, und ist Teil der Standortinitiative der Bundesregierung und des Bundesverbands der Deutschen Industrie.

"Durch solche Aktionen soll Architektur auch zum gesellschaftlichen Thema werden", erklärt Architektin Lydia Haack, die für die Bauleitung zuständig war. Wenn sie die Vorzüge der Kompakthäuschen erklärt, merkt man, dass hier alles auf den Zentimeter genau an seinem richtigen Platz ist. Die fünf verschiedenen Wohnbereiche des Würfels sind so gegliedert, dass sie mehrfach nutzbar und verwandelbar sind.

Zum Beispiel das Tischelement mit Bänken kann Platz für bis zu fünf Personen bieten oder auch blitzschnell anderweitig umfunktioniert werden- "ideal für die mobile Gesellschaft", sagt Haack. Mit dem Projekt wollte man auch gegen starre Denkansätze in Sachen Wohnen arbeiten. "Bauen ist nicht unbedingt etwas für die Ewigkeit. Und ein Maximum an Wohnfläche ist nicht das Wichtigste, vor allem für junge Leute", sagt Architektin Haack.

Die O2-Würfel seien aber auf jeden Fall mehr als eine Containersiedlung oder ein Provisorium. Schließlich seien die Wohnungen nach modernen Gesichtspunkten konzipiert worden, insbesondere energetischen Standarts nach der Energiesparverordnung (ENEV) werde man hervorragend gerecht. "Im letzten Winter lag auf den Würfeln schon eine dicke Schneeschicht. Die ist aber nicht weggeschmolzen, so gut sind die Gebäude isoliert."

Über einen Steg sind die sieben Würfel miteinander verbunden. Haack sieht darin Elemente einer "städtebaulichen Komponente" in kleiner Form. Anke van Kempen vom Studentenwerk betont zudem den sozialen Charakter der Siedlung. "Das ist wie eine WG mit eigener Bude", weiß sie.

Wenn in dem kleinen Dorf Partys gefeiert werden, dann gebe es sogar oft einen eigenen Würfel für die Verköstigung, einen für die Disko oder einen für die Benutzung der Toilette. 150 Euro Warmmiete müssen die Würfelbewohner im Monat bezahlen. Das Studentenwerk und die Geschäftsführung der Studentenstadt sehen Ideen wie diese Siedlung als "zukunftsweisend für die Münchner Wohnungsnot" an. Besonders zum Semesterbeginn schnelle die Nachfrage immer extrem in die Höhe.

Für freie Wohnheimplätze führt das Studentenwerk sogar ein Losverfahren durch: für 100 Plätze gab es unlängst rund 600 Bewerber. Das Würfeldorf ist eigentlich "eine temporäre Wohnlösung". Die Studenten können dann zeitgleich auf Wohnungssuche gehen oder warten, bis sie einen Wohnheimplatz bekommen, sagt van Kempen.

Die derzeitigen Bewohner der Kompakthäuschen hatten sich bereits in Geduld mit dem angespannten Münchner Wohnungsmarkt geübt: Sie sind erst per Warteliste in das unkonventionelle Studentendorf gekommen.

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