Wohnanlage Borstei in Moosach:Trutzburg am Mittleren Ring

Das anstrengende Leben vereinfachen: Die behagliche Wohnanlage Borstei in Moosach ist seit 1929 etwas Besonderes. Ihre Bewohner lieben sie, doch in der Stadt ist sie wenig bekannt.

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Quelle: Stephan Rumpf

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Fast wie eine Trutzburg muss die Siedlung Bostei Anfang der dreißiger Jahre gewirkt haben: Massive Wohnblöcke riegelten die Borstei nach außen hin ab. Nur durch Torbögen gelangte man hinein. Nachts drehte ein Nachtwächter seine Runden und verschloss zu später Stunde mit großen Schlüsseln aus Messing die Tore nach draußen. Noch heute ist die Borstei eine in sich geschlossene Wohnanlage. Sie wenig bekannt - doch ihre Bewohner lieben sie.

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Quelle: Stephan Rumpf

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Die Borstei ist eine Wohnanlage im Münchner Nordwesten. Der Bauunternehmer Bernhard Borst war für seine Firma auf der Suche nach einem Lagerplatz und entdeckte so das Areal an der Dachauer Straße. Borst kaufte das damals 89 000 Quadratmeter große Gelände 1922 und plante, dort nicht nur seine Baufirma, sondern am Rand und auf dem südwestlichen Teil auch Wohnhäuser zu errichten. Die ersten Wohnblocks entstanden zwei Jahre später an der Ecke Dachauer und Pickelstraße. Jahr für Jahr baute Borst so viele Häuser, wie ihm die Stadt genehmigte. Er verwarf sogar den Plan, auf dem Gelände auch seine Firma unterzubringen, und überließ der Stadt 1927 einen Grundstücksstreifen für das benachbarte Gaswerk.

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Quelle: Stephan Rumpf

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1929 war die Wohnanlage fertiggebaut: 77 viergeschossige Ziegelhäuser mit 773 Wohnungen. Die Borstei galt schon in den Zwanzigern als eine überaus moderne Siedlung. Seine Bauphilosophie hat Borst nicht niedergeschrieben, doch man weiß heute, dass er danach strebte, das seinerzeit anstrengende Leben, gerade für die Frauen, zu vereinfachen. Und so wird das ganze Areal seit seinem Bau von einem zentralen Kraftwerk beheizt, das in den ersten Jahrzehnten mit Kohle angefeuert wurde und später mit Öl, heute mit Gas. In einer Wäscherei, in der nun eine Waschmaschine neben der anderen steht, wurde schon in den zwanziger Jahren zentral die Wäsche der "Borsteiler "gewaschen.

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Quelle: Stephan Rumpf

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Borst hätte deutlich dichter bauen dürfen, als er es tat. So blieb zwischen den Mietshäusern viel Platz für Gärten, die von dem Architekten Alwin Seifert geplant wurden. Da gibt es den Rosengarten, in dem rosafarbene Blüten duften und weiße Sitzbänke auf Erholung suchende Borsteibewohner warten. In der Franz-Marc-Straße, gleich beim Café, plätschert ein Brunnen. In der Bernhard-Borst-Straße spielen Kinder unter mächtigen Kastanien. Die Gärten machen mit ihren alten Bäumen aus der Borstei eine idyllische Oase, was nicht selbstverständlich ist für eine Wohnanlage am Mittleren Ring, in der rund 2000 Menschen leben.

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Quelle: Stephan Rumpf

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Borsts Interesse für die Kunst ist auch in der Borstei nicht zu übersehen, und er versuchte, sie den Bewohnern der Borstei nahezubringen. Paul Bürcks Fresken überziehen manche Außenwände, Skulpturen aus Stein oder Bronze stehen an jeder Ecke, an den Wänden sind Reliefs eingelassen.

Borstei

Quelle: Lisa Sonnabend

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Knapp 50 Kunstwerke finden sich in der Borstei, die der Mäzen Borst über die Jahre hinweg angekauft hat. Kunstvoll gestaltet sind auch viele Details wie Türknäufe, Fensterriegel oder -gitter, die der Münchner Architekt Oswald Eduard Bieber auswählte. Der Graphiker Eduard Ege gestaltete die Borstei-Schriftzüge, das Logo und die Hausnummern.

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Quelle: Stephan Rumpf

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Noch heute wirkt die Borstei wie eine Stadt in der Stadt - mit einer Verwaltung, einem Waschsalon, Kindergärten, einem Café, einer Metzgerei in der Ladenstraße und Bürgerfesten zu Fasching und im Sommer.

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Quelle: Stephan Rumpf

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Ein Münchner Original in der Borstei ist Herbert Lipah. In seinem Geschäft "Lederhosenwahnsinn" bietet er mehr als 1000 Lederhosen zum Verkauf. Sogar ein Patent hat er: Lipah hat den Wadenwonderbra erfunden - eine Art Prothese für Männer, die zu dünne Waden haben.

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Quelle: Stephan Rumpf

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Sogar ein eigenes Museum hat die Wohnanalge: Im Borstei-Museum in der Löfftzstraße können sich Bewohner und Besucher über das Konzept vpn Bernhard Borst informieren.

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Quelle: Stephan Rumpf

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Doch es gibt auch zahlreiche Gegenstände, die an frühere Zeiten erinnern. Ob alte Schlüssel oder ein gelbes Türchen, das einst am Eingang der Borstei stand und den Kindern sehr wichtig war. Denn stand die Türklappe offen, sodass der holzgeschnitzte Kasperl darin zu sehen war, war es für die jungen Bewohner der Borstei ein guter Tag: Heute würde es Kasperltheater geben.

© sueddeutsche.de/Christina Warta/sonn
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