WM-Spieler vom FC Bayern:Alles außer Fußball

Sieben Münchner stehen am Sonntag im WM-Finale. In ihrer Freizeit züchten sie Pferde, geben Kostümpartys oder besuchen einschlägige VIP-Adressen. Was Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und Co. mit der Stadt verbindet.

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Philipp Lahm mit Frau Claudia Schattenberg, 2013

Quelle: Florian Peljak

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Das Finale um die Fußball-WM ist eine ziemlich münchnerische Angelegenheit. Sieben Profis des FC Bayern können am Sonntag Weltmeister werden. Und da wäre noch Mats Hummels, der in München aufgewachsen ist. Oder Martin Demichelis. Der argentinische Verteidiger war sieben Jahre bei den Bayern. Wie sehr sind die sieben aktuellen Bayern-Spieler tatsächlich hier verwurzelt? Und was machen sie im normalen Leben?

Philipp Lahm

Der einzige wirklich waschechte Münchner bei dieser Weltmeisterschaft ist Philipp Lahm. Geboren in der Landeshauptstadt, im Stadtteil Neuhausen aufgewachsen und bei der Freien Turnerschaft Gern das Fußballspielen gelernt - das sind seine Wurzeln. Seine Mutter Daniela ist dort bis heute Jugendleiterin und trägt im Verein den Spitznamen "Kapitänsmama". Und ihr Bruder, Lahms Onkel Gerhard Haas, ist Zweiter Vorsitzender.

Lahm schaut immer wieder mal vorbei im Hofbräu am Gerner, der Klubgaststätte. Dass im Stadtteil nachhaltig für Sicherheit gesorgt wird, liegt auch an seiner Schwester: Melanie ist bei der Polizei als Jugendbeamtin für Neuhausen zuständig. Auch Lahms Frau Claudia ist eine gebürtige Münchnerin, weshalb es kaum überrascht, dass sich die Familie nach der Geburt von Sohn Julian 2012 nicht ins Umland zurückzog: Die Lahms wohnen in Bogenhausen, der Vater bringt seinen Buben täglich auf dem Weg zum Training in die Krippe.

Der 30-Jährige ist insgesamt sehr geerdet, aus der Münchner Szene hält er sich anders als sein langjähriger Wegbegleiter Bastian Schweinsteiger heraus. Und wie auf dem Fußballfeld, so ist Lahm auch im richtigen Leben für andere da, etwa im Zuge seiner Arbeit für die "Philipp-Lahm-Stiftung", die er 2007 gründete und die sich um benachteiligte Kinder in Deutschland und Afrika kümmert. Er lässt andere nicht für sich laufen. Das war zwischenzeitlich auch mal anders, galt allerdings nur für sein Rennpferd Surabaja. 2011 wurde der Galopper verkauft.

Sein neues Hobby ist der Golfsport, dem er seit gut anderthalb Jahren zugeneigt ist. Mit Thomas Müller fährt er immer dann raus ins Umland, wenn es der Trainingsplan beim FC Bayern zulässt. Denn auch wenn Lahm durchaus als Stadtmensch zu bezeichnen ist, weiß er doch auch die Region zu schätzen: Seine Hochzeit feierte er 2010 mit großem Medienbrimborium im Landgasthof Aying.

Lahm will seine Karriere in München beenden. 2006 hatte er ein Angebot des FC Barcelona. Sein Berater riet ihm damals zum Wechsel, doch Lahm lehnte ab. Tenor: Was soll er da.

Text: Stefan Galler

Oktoberfest 2013 closes

Quelle: Alexander Hassenstein/dpa

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Toni Kroos

2006 wechselte Toni Kroos zum FC Bayern München. Bis auf ein anderthalb Jahre dauerndes Leihgeschäft mit Bayer Leverkusen spielte er immer hier, ohne jedoch zu einem gefeierten Würdenträger für den Verein oder gar die Stadt zu werden. Der Mittelfeldspieler lebt zurückgezogen, bei öffentlichen Terminen ist er so gut wie nie zu sehen. Und schon gar nicht im Münchner Nachtleben. Seine Freizeit verbringt der 24-Jährige mit Lebensgefährtin Jessica, Söhnchen Leon und den beiden Hunden Julius und Lennox. Kroos ist bekennender Fan der Band Pur und bezeichnet Herbert Grönemeyer als den "größten deutschsprachigen Sänger; für Tennis-Profi Roger Federer reist er gerne mal zu einem Wimbledon-Finale und an der Playstation zockt er am liebsten Basketball-Spiele.

Apropos Zocken: Toni Kroos ist ein passionierter Pokerspieler, schätzt an diesem Kartenspiel, dass es "mehr auf Instinkt, Menschenkenntnis und Beherrschung als auf Glück ankommt". Und so pokerte er zuletzt mit seinem Arbeitgeber um eine deutliche Gehaltsaufbesserung.

Sollte Kroos an München mehr liegen, als er in der Vergangenheit öffentlich zur Schau gestellt hat, kann man wohl davon sprechen, dass er sich dabei kapital verzockt hat. Seine Forderungen wurden jedenfalls nicht erfüllt, ein Wechsel zu Real Madrid steht nun angeblich unmittelbar bevor. Ist ja auch fast sein Lieblingsverein: Auf seiner Homepage antwortete er vor rund zwei Jahren auf die Fanfrage, ob er eher nach Barcelona oder Madrid wechseln würde, gewohnt lakonisch: "Wenn ich wählen müsste, würde ich Barcelona nehmen."

Text: Stefan Galler

FC Bayern München feiert deutsche Meisterschaft

Quelle: dpa

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Bastian Schweinsteiger

Einmal im Jahr wird aus Bastian Schweinsteiger noch immer für einen Abend der Schweini. Den Spitznamen hat er, seit Schweinsteiger bei der WM in Deutschland mit Lukas "Poldi" Podolski das ungestüm stürmende Großkinder-Duo bildete. Auf dem Platz und auch abseits benahmen sie sich, als sei das Leben eine einzige große Pause. Mittlerweile ist er so betont seriös, dass man ihm manchmal etwas Schweini-Lockerheit zurückwünscht.

Aber an einem Abend kommt die ja zurück. Da lädt er zur Kostümparty und tritt zum Beispiel im vollen Hermelin-Ornat als durchgeknallter Monarch auf, neben ihm grinst Sprinter Usain Bolt unter einer Krone hervor (man kennt sich als Leistungssportler, in München gerne auch über Sportärzte). Und sein Kinderkumpel aus Oberaudorf, Skifahrer Felix Neureuther, macht für die beiden einen Knicks im roten Dornröschenkleid. Limousinen, Litschi-Schampus und Limbo bis morgens um sechs.

Den Rest des Jahres ist Schweinsteiger dann wieder Bastian. Der am Gärtnerplatz in der Sonne sitzt, obwohl tout München das weiß und ihn als lebendes Monument begafft. Nur fällt das trotzdem nicht weiter auf, weil ja der gesamte Gärtnerplatz ohnehin ein einziger Laufsteg ist. Schweinsteiger engagiert sich, etwa für einen Bolzplatz an der Müllerstraße. Schweinsteiger feiert, und das gerne im Heart-Club. Dort verehren sie ihn und ließen ihm sogar einmal eine lebensgroße Eisskulptur zur Siegesfeier schnitzen, die sollte mit Wodka übergossen werden - leider ging das Spiel verloren.

Ansonsten begleitet er seine Freundin, Model und Darstellerin Sarah Brandner, gerne halbvermummt mit grauem Schal, auf Filmpremieren, schlendert mit Hund an der Isar entlang oder bei der Eröffnung von Fashion-Läden durch Designerräume. Weil die meist im Glockenbachviertel eröffnet werden, hat er es von daheim nicht weit.

Bis zur nächsten Kostümparty dauert es noch. Aber je nach dem Ergebnis am Sonntag gibt es wohl in München bald ein kurzes Schweini-Comeback.

Text: Philipp Crone

FC Bayern München feiert deutsche Meisterschaft

Quelle: dpa

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Manuel Neuer

München war für Manuel Neuer, 28, keine Liebe auf den ersten Blick. Kurz nach seiner Ankunft räumten Einbrecher seine Bogenhausener Villa aus. Viel schlimmer noch: Die "Koan-Neuer-Plakate" der Südkurve, die ihn anfangs wegen der Rivalität zu Neuers ehemaligen Verein Schalke 04 nicht akzeptieren wollte. Sie haben ihn schmerzlich getroffen. Doch mittlerweile ist Neuer zur unumstößlichen Größe im Bayern-Kader geworden - 2013 wurde er zum Welttorhüter gewählt.

In München macht sich der 1,93-Meter-Hüne rar. Dem Playboy sagte er 2013: "Man wird überall erkannt. Es ist eine echte Herausforderung für mich. Aber ich klebe mir jetzt keinen Bart an." Hut und Sonnenbrille müssen reichen. Oder Helm. Denn Neuer fährt liebend gerne auf seinem Roller durch die Stadt, um einzukaufen oder zum Training zu fahren. Er ist mit der zwei Jahre älteren Münchnerin Kathrin Gilch liiert, einer Friseurin, die er angeblich 2008 auf einem Urlaubsflug kennenlernte. Dem Rampenlicht gehen beide aus dem Weg - passend dazu lässt sich Neuer am Tegernseer Leeberg gerade ein Haus bauen.

Neuer mag die Amateurband Ralle Glockenbach und unterstützt bedürftige Kinder. Er liebt Tennis und die Schafkopfrunde mit Lahm, Thomas Müller und Claudio Pizarro. Neuer ist sicher ein spitzbübischer Spieler - auch außerhalb des Rasens, wo seine Stimme immer mehr Gewicht bekommen hat. In der Mixed-Zone wirkt er oft so süffisant und cool, als würde er über den Dingen schweben. So wie in Rio eben, wo er Deutschland mit seinen Paraden zum WM-Titel führen soll.

Text: Sebastian Winter

Das Jahr 100 Spiel

Quelle: Hartmut Pöstges

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Thomas Müller

Im Schaufenster hängt ein DFB-Trikot, darunter liegt ein Cowboyhut in den Deutschlandfarben und ein Fußball mit Autogrammen der Nationalspieler. Wenn es die Bäckerei nebst Tante-Emma-Laden "Scholz" nicht gäbe, würde wohl kaum etwas in Pähl südlich des Ammersees einem Fremden über den berühmtesten Sohn der Gemeinde, Nationalspieler Thomas Müller, verraten. Als bodenständig wird er charakterisiert, als liebenswürdig und humorvoll.

Schon als Kind habe er bei ihr eingekauft, erzählt Rosemarie Scholz: Sporthefte, Comics und Süßigkeiten. Auch heute kommt Müller noch nach Pähl. Da seien ja auch noch die Frau vom Thomas, die Lisa, und die Pferde, um die er sich ja auch noch kümmere. Lisa Müller, seit 2009 mit dem 1989 in Weilheim geborenen Fußballer verheiratet, ist selbst eine bekannte Turnierreiterin. Mit ihrem Mann hat sie eine eigene Pferdezucht in Otterfing im nördlichen Teil des Landkreises Miesbach - die Leidenschaft teilt Thomas Müller mit ihr, auch wenn ihm als Profifußballer das Reiten untersagt ist.

Aber auf eines können sich die Pähler verlassen: Wenn sie Hilfe von ihrem Thomas brauchen, ist er für sie da. Zum Beispiel, als die Gemeinde eine Turnhalle bauen wollte, aber kein Geld dafür hatte. Also reiste der FC Bayern 2011 an, um gegen den TSV Pähl anzutreten, wo Müller einst seine Karriere startete und in dem Bruder Simon noch heute spielt. Allein das wäre eigentlich ein Grund, die Verehrung für Müller öffentlicher zu bekunden, sagt ein Pähler in der Bäckerei: "Aber so sind wir nicht. Und der Thomas auch nicht. Der fühlt sich als ganz normaler Pähler, und das ist auch gut so."

Text: Astrid Becker

Oktoberfest 2013 - FC Bayern München

Quelle: Felix Hörhager/dpa

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Mario Götze

Sponsorentermin im kleinen Kreis: Der Moderator fragt Mario Götze nach den Unterschieden zwischen dem Ruhrgebiet und seiner neuen Heimat München. Der Fußballer mit dem Lausbubengesicht senkt verschämt den Blick, muss lachen. Dann schaut er dem Fragesteller ins Gesicht: "Muss ich dazu echt etwas sagen?"

Manchmal wirkte es in der abgelaufenen Saison so, als wäre Götze - auch wegen einiger Verletzungen - fußballerisch noch nicht angekommen in der Welt des Rekordmeisters. Dabei sollte ihm das auch von der Mentalität her gar nicht so schwer fallen. Mario ist gebürtiger Bayer, er kam im Allgäu zur Welt und schlief als Bub in FC-Bayern-Bettwäsche. Was das Lebensgefühl angeht, hat er die Anpassung schon ganz gut hinbekommen: "Die Stadt hat eine enorme Lebensqualität", sagt Götze. "Ich fühle mich hier sehr, sehr wohl."

Was vermutlich auch daran liegt, dass er es sich mit seinem Bruder Fabian, der beim Drittligisten SpVgg Unterhaching spielt, in einer Wohngemeinschaft in der Münchner Innenstadt gemütlich gemacht hat. Dort wird regelmäßig gemeinsam gekocht und dann und wann auch gekickt: "Ich spiele Mario noch genauso rund wie früher", tönt Fabian. Da heißt es dann für Marios Freundin, Ann-Kathrin Brömmel, rasch in Deckung zu gehen, wenn sie zufällig gerade das WG-Idyll stört.

In Haching hat man das Model jedenfalls noch nicht gesehen, dorthin fährt Mario meistens alleine, um seinem Bruder beim Spielen zuzusehen. Im Gegensatz zu Schweinsteiger, der einst an gleicher Stelle seinen Bruder Tobias mit dickem Schal und möglichst inkognito unterstützt hatte, kleidet sich Götze im Sportpark schon mal schrill: Lila Kappe, T-Shirt und Turnschuhe im gleichen Farbton gehalten - so sah man ihm im vergangenen Herbst beim Heimspiel gegen Burghausen.

Text: Stefan Galler

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Quelle: Robert Haas

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Jérôme Boateng

Irgendwann muss dieser Zeitpunkt gekommen sein, als sich Jérôme Boateng gedacht hat, dass die Welt genug über ihn weiß. Seitdem begegnet er der Welt fast nur noch mit Kopfhörern. Sie trennen ihn von einem Teil der Welt, mit dem er nicht verbunden sein will. Seine Kopfhörer stehen dafür, dass ihn kaum etwas so langweilt wie das Interesse anderer Menschen an seinem Leben, das ja, abgesehen von seinem Erfolg als Fußballer, doch ein gewöhnliches ist.

Aufgewachsen in Berlin-Charlottenburg, dennoch gerne ein München-Bewohner. Geht häufig ins H'ugo's, um dort gemeinsam mit seinen Mitspielern David Alaba und Xherdan Shaqiri Fleisch und Fisch zu essen. Seit drei Jahren Vater von Zwillingen, seit einigen Monaten wieder mit der Mutter zusammen. Aber keine Skandale, kein Glamour wie bei seinem Halbbruder, dem ghanaischen Nationalspieler Kevin-Prince.

Boateng gilt als "König der Charity" des FC Bayern, er sammelt Geld für eine Schule in Brasilien, in Berlin hat er einen Verein gegründet, der den Jugendlichen nachts eine Halle zum Fußballspielen öffnet. Es ist ein Teil der Welt, für den er selbst sich sehr interessiert.

Text: Benedikt Warmbrunn

© SZ vom 12.07.2014/amm
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