Wlan auf dem Oktoberfest:Grüße im Dirndl an die Freunde daheim

Oktoberfest 2012 - Käferzelt

Nicht alle benutzen ein rosarotes Micky-Mouse-Telefon wie Comedian Oliver Pocher im vergangenen Jahr. Doch der Zugang zum Internet wird für die Besucher des Oktoberfests immer wichtiger.

(Foto: dpa)

Ein Foto vom Spatzl im Dirndl und ein Video vom Spezl beim Autoscooter: Auf der Wiesn wird die digitale Kommunikation über soziale Netzwerke für die Gäste immer wichtiger. Weil das Mobilfunknetz dort aber längst an seine Grenzen kommt, fordert ein CSU-Stadtrat nun ein kostenloses Wlan-Netz. Doch das dürfte schwierig werden.

Von Beate Wild

Einen Schnappschuss der Liebsten im Dirndl posten, ein Video vom Kumpel beim Hau-den-Lukas hochladen und sich selbst im Käferzelt geotaggen, damit alle Freunde wissen, wo man seinen Abend verbringt: Die Zeiten sind längst digital geworden, auch auf dem größten Bierfest der Welt. München steht nun vor der anspruchsvollen Aufgabe, mit der Entwicklung Schritt zu halten.

Seit einigen Jahren schon wachsen auf dem Oktoberfest die Zugriffszahlen auf die Netze der Mobilfunkbetreiber rapide an, was vor allem an der stetig steigenden Zahl der Smartphones liegt. In Bierlaune wollen die Wiesn-Besucher ihre Erlebnisse gerne auf Facebook, Twitter oder anderen sozialen Netzwerken mit dem Rest der Welt teilen. Dass das Netz wieder einmal überlastet ist, merkt man spätestens dann, wenn man sich mit seinem Handy nicht mehr ins Internet einwählen kann - was an gut besuchten Wiesn-Tagen gang und gäbe ist. Im vergangenen Jahr waren elf zusätzliche Mobilfunkmasten der üblichen Anbieter auf der Theresienwiese aufgestellt, doch zeitweise reichten auch die für den Massenansturm nicht aus.

Die Problematik mit der Netzüberlastung brachte nun wiederum Georg Kronawitter, CSU-Stadtrat im Rathaus, auf die Idee, während des Oktoberfests ein temporäres öffentliches Wlan-Netz auf der Theresienwiese zu installieren. Einen entsprechenden Antrag hat er im Stadtrat eingebracht.

Was sich zunächst nach einer guten Idee anhört, ist für Dirk Wendel, Pressesprecher der Telekom, fast ein Ding der Unmöglichkeit. "Einen so großen Bereich flächendeckend mit Wlan zu versorgen, ist vorsichtig gesagt eine ziemliche Herausforderung", sagt er. Ein derartiges Projekt sei extrem aufwendig und teuer, schätzt Wendel. Um genaue Zahlen und Kapazitätsgrößen für die Wiesn nennen zu können, müsste man erst einmal exakte Berechnungen anstellen. Doch als Vergleichsprojekt führt Wendel die BayArena des Bundesligavereins Bayer Leverkusen an. Dort stattet die Telekom das Stadion derzeit mit 350 Access-Points für ein flächendeckendes WLAN-Netz aus. 20.000 Fußballfans sollen damit gleichzeitig im Internet surfen können. Auf der Theresienwiese tummeln sich an guten Tagen schon mal eine Million Menschen. Welche Ausstattung man dann für das Oktoberfest bräuchte, kann man ungefähr hochrechnen.

Ebenfalls anspruchsvoll wäre laut Telekom die Frage des Einbaus der Wlan-Router auf der Theresienwiese. Man müsste die Geräte etwa auch innen in den Zelten installieren, was wiederum das Hausrecht der Wiesnwirte tangieren würde. Um den Gästen einen einigermaßen schnellen Zugang zu gewährleisten, wäre eine Vielzahl von Routern notwendig. "Denn gerade wenn die Leute dann Fotos oder gar ein Video hochladen wollen, braucht man eine gewisse Bandbreite, damit die Ladezeiten nicht zu lange sind", sagt Wendel. Zudem sei eine flächendeckende Wlan-Ausstattung auf dem Oktoberfest "mit Sicherheit kein preiswertes Unterfangen". Der Telekomsprecher schätzt den finanziellen Aufwand "mindestens sechsstellig, wenn nicht siebenstellig".

Auf dem Oktoberfest kostenloses Wlan anzubieten, wäre also ein Mammutprojekt. Und das, wo man sich in München mit kostenfreien Wlan-Hotspots im öffentlichen Bereich bisher eher schwer tut. Erst seit Ende April gibt es freien Internetzugang am Marienplatz - der bislang einzige vom Stadtrat beauftragte Hotspot der Stadt. Dort kann man bis zu 60 Minuten kostenlos im Internet surfen, ohne dass man sich vorher registrieren muss.

Ein Restrisiko bleibt

Während München bislang also mit einem einzigen städtischen Hotspot zurechtkommen muss, können im Vergleich dazu die Bürger Berlins mittlerweile auf rund 100 Gratis-Stationen des Wlan-Netzes "Public Wifi" zugreifen. In München sollen demnächst zumindest Odeonsplatz, Stachus und Sendlinger Tor folgen. Betreiber des Wlan-Hotspots sind die Stadtwerke München. Die Stadt zahlt laut CSU-Stadtrat Kronawitter dafür einen sechsstelligen Betrag. In Berlin werden die kostenlosen Internet-Zugänge von Kabel Deutschland betrieben und über Werbung finanziert. Kostenlos 30 Minuten via Wlan surfen kann man seit Anfang 2012 im Übrigen auch am Münchner Flughafen. Dafür muss man sich allerdings zuvor registrieren.

Für ein Wlan auf dem Oktoberfest würden auch die erhöhten Immissionswerte durch die Mobilfunkverbindungen sprechen. "Im vergangenen Jahr wurde zum ersten Mal der von der Stadt vorgegebene Immissionswert nach dem Münchner Vorsorgemodell von 2003 überschritten", sagt Kronawitter. Durch zusätzliche Mobilfunk-Immissionen könnte die Gesundheit von Besuchern und Anwohnern beeinträchtigt werden. Mit einer steigenden Nutzung von Smartphones auf der Wiesn werde das Problem vermutlich in diesem Jahr eher größer als geringer, meint Kronawitter. Für ihn ist es höchste Zeit zu handeln. Am 7. Juni ist die Überschreitung der Werte bereits im Umweltausschuss behandelt worden.

Doch selbst wenn es München gelingen sollte, das Oktoberfest zur kostenfreien Wlan-Zone zu machen, bleiben immer noch die rechtlichen Bedenken. Ein Knackpunkt ist die sogenannte Störerhaftung. Wer Internet für andere bereitstellt, muss auch für einen eventuellen Missbrauch haften. Sollte sich etwa jemand illegal Musik oder Filme herunterladen, muss der Anbieter des Hotspots haften. Erst im Juni scheiterte die SPD-Fraktion mit einem Antrag im Bundestag, der das Ziel hatte, die Haftungsbeschränkung, die für Provider gilt, auch auf Wlan-Betreiber zu erweitern.

Die großen Netzbetreiber können etwa nicht haftbar gemacht werden, wenn ein Kunde Filesharing nutzt. Inhaber von Internet-Cafés haben dagegen oft ein Problem. Missbraucht ein Gast ihren Zugang, müssen sie den finanziellen Schaden übernehmen. Auf dem Marienplatz sperren die Stadtwerke zwar verdächtige Seiten für die Nutzer, doch das schützt noch lange nicht vor Missbrauch. Der Betrieb eines öffentlichen Wlans ist und bleibt ein beträchtliches wirtschaftliches Risiko.

Als leichter umsetzbare, kostengünstige und risikoarme Lösung bliebe den Münchnern noch die Wlan-Variante, die etwa das Wacken-Festival oder das Southside-Open-Air ihren Gästen bieten. Surfinteressierte Besucher können sich dort ein Wlan-Ticket für acht beziehungsweise zwölf Euro kaufen und mit einem individuellen, nicht übertragbaren Code während des ganzen Festivals ins Netz gehen. Für die Wiesn wäre das zumindest ein Anfang.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: