Winter im Tierpark Hellabrunn:Schlitternde Elefanten

Die einen fressen mit Begeisterung Schnee, was ihnen gar nicht gut bekommt. Die anderen verlassen nur ungern ihr Haus. Wie Zootiere den Winter erleben.

Von Philipp von Nathusius

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Schnee und Eis im Zoo

Tierpark Hellabrunn, Zoo: was machen die Tiere im Winter, was wird für sie gemacht?

Quelle: Florian Peljak

Im Münchner Zoo löst der aktuelle Thermometerstand unterschiedliche Reaktionen aus. Spezialisten für raues Klima wie die sibirischen Tiger freuen sich. Doch nicht alle Tiere kommen so gut mit Schnee und Eis zurecht. Während sich einige nur widerwillig mit der Situation arrangieren, machen sich andere Exoten einen Spaß aus dem späten Wintereinbruch. Auf einem Rundgang durch den Tierpark Hellabrunn, bei dem der Schnee unter den Sohlen knarzt, kann man derzeit auf jeden Fall einige spannende Entdeckungen machen.

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Elefanten

Tierpark Hellabrunn, Zoo: was machen die Tiere im Winter, was wird für sie gemacht?

Quelle: Florian Peljak

Der jüngste Elefant im Tierpark Hellabrunn heißt Ludwig, ist dreieinhalb Jahre alt, und findet großen Gefallen an Rutschpartien. Immer wenn die Rampe im vorderen Bereich der Außenanlage von Schnee bedeckt ist, schlingert der junge Elefantenbulle die Schräge herunter, tapst hoch, rutscht wieder runter. Zwar setzt sich Ludwig nicht wie Menschenkinder beim Schlittenfahren auf den Po, aber er scheint nicht weniger Spaß dabei zu haben.

Sogar eine eigene Technik hat er entwickelt. Mit den hinteren Beinen geht er leicht in die Hocke, spreizt sie zur seitlichen Stabilisierung und rutscht los. Immer wieder, bis Mama Temi ihn ruft oder Revierleiter Thomas Günther pfeift. Nach einigen Stunden ist nämlich für alle Elefanten Schluss im Schnee. Nicht etwa weil Rutschgefahr bestünde. "Wie einen Vierradantrieb mit Winterbereifung kann man sich den sichereren Tritt von Elefanten auf Schnee vorstellen", erklärt Günther.

Das Problem besteht darin, dass sich auch die erwachsenen Tiere wie Kinder verhalten: Die Münchner Elefanten, die aus Indien stammen, fressen mit Vorliebe Schnee, vor allem wenn er schön frisch und noch fluffig ist. Und dadurch kühlen sie von innen aus, noch bevor die sensiblen Ohren oder die Schleimhäute im Rüssel vom Frost angegriffen werden. Verwehrt bleibt den Besuchern aktuell nur, den Dickhäuter beim Schlammbad zuzuschauen, da fast das gesamte Außengelände von Schnee bedeckt ist.

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Flamingos

Tierpark Hellabrunn, Zoo: was machen die Tiere im Winter, was wird für sie gemacht?

Quelle: Florian Peljak

Auch bei Eis und Schnee knattern und schnattern die Flamingos im Freien. Als orange und rosa leuchtende Farbtupfer stehen sie auf ihren dünnen Beinen in der weißen Winterlandschaft. Hektisch stelzen die Vögel von links nach rechts und wieder zurück, sodass sich selbst eine dicke Schneedecke rasch in Matsch verwandelt. Ein paar hartgesottene stehen sogar im eiskalten Wasser.

Erst wenn die Temperaturen so stark sinken, dass es zufrieren würde, müssen die Tiere ins frostfreie und einsehbare Flamingohaus. Damit das nicht schon bei null Grad Celsius passiert, leitet der Zoo fließendes Wasser aus dem Auer Mühlbach durchs Gehege. Erst bei sehr starkem Frost kann sich Eis bilden, das den fragilen Flamingobeinen gefährlich werden könnte - oder den Füchsen aus den Isarauen eine Chance bietet, mal Flamingo zu kosten. Da das natürlich gar nicht im Sinne der Tierpfleger ist, übernachten die bunten Vögel im Moment häufig im warmen Glashaus.

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Pinselohrschweine

Tierpark Hellabrunn, Zoo: was machen die Tiere im Winter, was wird für sie gemacht?

Quelle: Florian Peljak

"Wie ein Storch im Salat bewegen sich die Pinselohrschweine", findet Tierpfleger Thomas Günther. Vielleicht nicht ganz so grazil wie die langbeinigen Vögel aber ziemlich widerwillig steuern der Bock Leopold und seinen Damen Maria und Matilda durch das verschneite Außengehege. Und auch nur, wenn es nicht anders geht. Zum Beispiel, weil der Appetit auf Nüsse und Brot zu groß ist.

Nur mit dieser Art Leckereien schafft es Günther, die Schweine ins Freie zu locken, raus aus dem warmen Haus. Zwischen 15 und 20 Grad herrschen drinnen. Temperaturen um den Gefrierpunkt sind nicht nach dem Geschmack von Pinselohrschweinen. Heimisch ist die Art in West-und Zentralafrika. Das heißt: tropische Wälder und Sümpfe oder die Savanne.

Gefrorenes Wasser kommt in ihrem natürlichen Lebensraum nicht vor. Ungewohnt hoch ist da der Energiebedarf, wenn es so kalt ist wie derzeit. Trotzdem achten die Tierpfleger im Münchner Zoo auch im Winter auf gesunde Rohkost. Tierpfleger Gunther sagt: "Die Schweine setzen ziemlich schnell an." Die Armen! Da kann selbst der Schnee vor der Haustür Leopold, Maria und Matilda nicht vom Nüsse Suchen abbringen. Sobald jedoch alles Fressbare ausgegraben ist, tapsen drei rotbraun leuchtende Farbkugeln wieder in Richtung warmes Innengehege durch den Schnee.

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Flinkwallabys

Tierpark Hellabrunn, Zoo: was machen die Tiere im Winter, was wird für sie gemacht?

Quelle: Florian Peljak

Flinkwallabys sind eigentlich Insulaner. Sie kommen in Nordaustralien und Neuguinea vor. Sie sind nicht besonders wasserscheu. Nur gefroren sollte es nicht sein. Die Känguru-Art stammt aus sehr warmen Gefilden. Ähnlich wie bei den Pinselohr-Schweinen halten sich die Tiere im Winter vor allem drinnen auf, im Beheizten, bei 15 bis 20 Grad. Noch nicht einmal mit Futter kann Pflegerin Antonia Schmid die Tiere für ein Spazierenhüpfen im Schnee begeistern.

Doch es hilft alles nichts: Zum Saubermachen müssen die Tiere an die frische und nach ihrem Geschmack aktuell viel zu kalte Luft. Auch die erst vor etwa einem Monat geborene Paula. Dem Wallaby-Baby immerhin bleibt noch der Beutel der Mutter. Die friert dann eben für zwei. Wegen der Säuberungen nach draußen verbannt, kann man die Flinkwallabys dabei beobachten, wie sie sich widerwillig nahe an der Scheibe ihrer Behausung aufhalten. Und zwar nur dort, wo es überdacht ist und die Steinplatten nicht von Eis überdeckt sind. Den Schnee meiden sie.

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Erdmännchen

Tierpark Hellabrunn, Zoo: was machen die Tiere im Winter, was wird für sie gemacht?

Quelle: Florian Peljak

Schlüsselfertig sozusagen haben die drei Hellabrunner Erdmännchen vor zwei Wochen ihr neues Haus auf das Grundstück gesetzt bekommen. Dreieinhalb Quadratmeter groß und in Natursteinoptik gehalten ist die neue Bleibe. Der Zoo hat die Behausung extra dafür angeschafft, dass die kleinen Tiere nun auch im Winter für die Besucher zu sehen sind. Im vergangenen Jahr nämlich waren Isido, Fela und Falouk während der kalten Jahreszeit hinter den Kulissen der Giraffensavanne. Die Giraffen müssen wegen Rutschgefahr im Haus bleiben.

Die Erdmännchen hingegen können ganz nach Lust auf Schnee durch einen Tunnel ins Freie. Sie ragen kaum über die einige Zentimeter hohe Schneedecke. Direkten Kontakt mit der fremden Materie vermeiden sie tunlichst. Zu schnell durchnässt er ihr Fell. Wären draußen nicht Wärmeplatten in den Sandsteinbrocken versenkt, würden sie wahrscheinlich häufiger ihr verglastes Fertighaus vorziehen. Wenn auch noch die Sonne scheint, ist die Chance hoch, die drei draußen zu sehen.

Genetisch nämlich sind Erdmännchen für kalte Tage durchaus gewappnet. In den Savannen und Wüsten Afrikas, wo die Tiere eigentlich heimisch sind, kommen die Temperaturen manchmal nahe an die Null-Grad-Grenze heran. Alles kein Problem also. Wenn bloß der viele Schnee nicht wäre. Aber für den gibt es ja im Fall eines vollständig eingeschneiten Außenbereiches auch noch die Tierpfleger.

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Sibirische Tiger

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Quelle: Florian Peljak

Wer aus einer der unwirtlichsten Gegenden der Welt stammt, wo in langen Wintern die Temperaturen weit unter 30 Grad Minus liegen, den kann der Münchner Winter wenig beeindrucken. Entsprechend entspannt lümmeln Kater Jegor und seine Partnerin Ahimsa auf der verschneiten Anlage herum. "Wenn sie dann Nase an Nase auf dem Stroh schlafen, wirken die beiden wie ein verliebtes Ehepaar", sagt Revierpflegerin Annette Zimolong. Für die beiden ist sogar ein Bad im eiskalten Wasser kein Kälteproblem.

Anders für die Pfleger. Der um die Revierinsel herumlaufende Graben trennt sibirische Tiger und Besucher voneinander. Schwimmend schaffen es die Raubkatzen nicht, die glatte Betonmauer zu erklimmen. Sollte aber die natürliche Barriere zwischen Tier und Mensch zufrieren, hätte das fatale Folgen. Um das zu verhindern, sind knapp unter der Wasseroberfläche Umwälzanlagen montiert, sogenannte Hydro Wizards. Sie stellen sicher, dass man sich vom anderen Ufer aus entspannt dem hübschen Kontrast widmen kann aus weiß verschneiter Anlage und schwarz-gestreiftem Tigerfell.

© SZ vom 07.02.2015/mmo
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