Windkraft-Initiativen vor dem Aus?:Militärischer Gegenwind

Die Staatsregierung setzt auf Windkraft - und könnte im Süden Münchens an der Bundeswehr scheitern. Grund für das ungewöhnliche Veto? Flugrouten der Truppe und der US-Streitkräfte.

Stefan Mühleisen

Vielen Windkraft-Initiativen im Großraum München könnte bald das Aus drohen, weil die Bundeswehr ihr Veto einlegt. Auf mehr als einem Drittel der Fläche Bayerns dürfen nämlich vorerst keine Windräder errichtet werden. 22.023 Quadratkilometer - rund 31 Prozent des Freistaats - sind für Bundeswehr und US-Streitkräfte als Tiefflugkorridore und militärische "Bauschutzbereiche" ausgewiesen. Das geht aus einer Antwort der Bayerischen Staatskanzlei auf eine Anfrage des Landtagsabgeordneten Christian Magerl (Grüne) hervor, die der SZ vorliegt. Derzeit ist unklar, wie viele Kraftwerksprojekte konkret davon betroffen sind.

Täglich trainieren Piloten der Bundeswehr in Deutschland mit Düsenjets Tiefflüge und Luftkampf. Dafür wurden republikweit Tiefflugkorridore festgelegt. Die Mindesthöhe beträgt nach Angaben der Wehrbereichsverwaltung (WBV) Süd 330 Meter über Grund. Im Süden Münchens zieht sich dieser Korridor von Weilheim im Westen bis in den Landkreis Ebersberg im Osten, Ottobrunn im Norden und Königsdorf im Süden. Und innerhalb des Korridors liegt auch Berg am Starnberger See, wo eine große Windkraftanlage entstehen soll.

Nach einem Bericht des parlamentarischen Staatssekretärs Christian Schmidt hat die Bundeswehr seit 2006 bundesweit in 175 Fällen den Bau von Windrädern abgelehnt, weil sie in Tieffluggebieten liegen. Das Verteidigungsministerium hat Anfang 2010 eine "Arbeitsgruppe Windenergie" eingerichtet, um im Dialog mit Kommunen nach Lösungen zu suchen. "Wir sind durchaus bereit, Flugrouten anzupassen", sagt Daniel Draken, Luftwaffenoffizier und Mitglied der Arbeitsgruppe. Bisher sei die Kooperation konstruktiv verlaufen - 230 zunächst abgelehnte Windrad-Projekte konnten nach seinen Worten bundesweit genehmigt werden.

Windräder stören aber nicht nur Düsenjets, sondern auch die Radaranlagen. Die Bundeswehr sieht dadurch die Luftsicherheit gefährdet, da feindliche Flugzeuge nicht mehr geortet werden können. Der Abgeordnete Magerl, der auch Kreisrat im Landkreis Freising ist, berichtet, dass ein Windrad in Paunzhausen abgelehnt wurde, weil die WBV aus diesem Grund um den Militärstützpunkt in Haindlfing einen Sicherheitsradius von 13 Kilometern fordert.

CSU und FDP im Bayerischen Landtag haben den Unfrieden zwischen Luftsicherheit und Klimaschutz jetzt auch als drängendes Thema erkannt. Mit einem "Dringlichkeitsantrag" fordern sie ihre eigene Regierung auf, über betroffene Kraftwerksprojekte zu informieren. Das Wirtschaftsministerium wird nach der Sommerpause berichten, sagt ein Sprecher der Staatsregierung.

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