Wiesnwirt unter Verdacht:Planspiele für die Ära nach Sepp Krätz

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Wiesnwirt Sepp Krätz muss nach den Steuerhinterziehungs-Vorwürfen um seine Oktoberfest-Zulassung bangen. Aber fände sich auf die Schnelle überhaupt Ersatz? Interessenten gibt es genug - doch es ist fraglich, ob alle die hohen Anforderungen erfüllen können. Aber da gibt es ja noch die Variante Schuhbeck.

Astrid Becker

Für Gastronom Sepp Krätz dürfte dieses Weihnachtsfest nicht besonders entspannend gewesen sein: Kurz vor den Feiertagen waren wieder Steuerfahnder bei ihm aufgetaucht. Es war die dritte Razzia in diesem Jahr und wohl die umfassendste: Diesmal sollen unter anderem auch Räume von Krätz' Mutter, seiner Ex-Frau Gabi sowie des Steuerberaters von Krätz durchsucht worden sein - drei Menschen, die in der Causa als Zeugen geführt werden.

Gerät unter Druck: Hippodrom-Chef Sepp Krätz. (Foto: Robert Haas)

Und spätestens jetzt dürfte es auch einem Menschen wie Krätz, der sich nach außen gern grundoptimistisch gibt, klar geworden sein: Die vergangene Wiesn könnte seine letzte gewesen sein.

Noch gilt allerorts die Unschuldsvermutung. Doch werden die Ermittlungen gegen den Wirt nicht eingestellt und findet sich belastendes Material gegen ihn, so wird die Frage, ob er noch Wiesnwirt sein kann, das Kreisverwaltungsreferat und das Referat für Arbeit und Wirtschaft sowie die Stadträte beschäftigen.

Entscheiden müssen letztlich die Mitglieder im Wirtschaftsausschuss - und zwar schon vor einem möglichen Urteil gegen Krätz. Das hat Oberbürgermeister Christian Ude unmissverständlich angekündigt. Denn die Stadt steht mit ihrer Entscheidung unter Zeitdruck.

Bereits in wenigen Tagen, am 31. Dezember, läuft die Bewerbungsfrist für die Wiesn aus, im April werden die Zulassungen erteilt, im Mai die Verträge unterschrieben. Im Juli werden die Zelte dann bereits aufgebaut. Ob das allerdings für das Hippodrom gilt, ist die große Frage. Denn nicht nur die Zukunft seines Wirtes steht auf dem Spiel, sondern auch die des Zeltes selbst.

Die Sache ist allerdings höchst kompliziert. Sollte das Kreisverwaltungsreferat auf Basis der Ermittlungsergebnisse zu dem Schluss gelangen, Krätz die Zuverlässigkeit als Wirt abzusprechen, ergeben sich mehrere Szenarien zur Zukunft des Hippodroms.

Denn das Zelt ist Eigentum von Sepp Krätz, mit der Spaten-Brauerei hat er lediglich einen Liefervertrag. Krätz könnte also sein Zelt verkaufen und der Käufer sich eine neue Brauerei suchen - vorausgesetzt, der neue Eigentümer würde sich bis 31. Dezember beworben haben - und von der Stadt zugelassen werden.

Vielleicht aber gibt es unter den Bewerbern auch Wirte, die mit einer völlig neuen Konzeption für ein ganz anderes Bierzelt aufwarten. Vielleicht einem reinen Weißbierzelt, das es so noch nicht gibt? Oder gar einem Zelt, das mehr traditionell-volkstümlich ausgerichtet ist, so wie auf der Oiden Wiesn? Würde sich der Verdacht gegen Krätz wegen Steuerhinterziehung allerdings erst recht spät im Jahr erhärten, dann wäre diese Variante aus Zeitmangel für einen neuen Wirt wohl nur schwer umsetzbar.

Interessenten für ein neues Bierzelt oder auch für das Hippodrom gäbe es in der Stadt genug. Doch ob die Zahl derer so groß ist, die die Anforderungen an einen Wirt mit einem Wiesnzelt dieser Größenordnung erfüllen können, darf bezweifelt werden.

Da sind vor allem die ständig wachsenden Sicherheits- und Hygieneauflagen, da ist die besondere Logistik in der Küche. Und da ist vor allem das Geld, das ein solcher Wirt aufbringen muss: Allein der Aufbau eines Zeltes kostet etwa zwei bis drei Millionen Euro.

Einige Kandidaten, die diese Anforderungen erfüllen könnten und noch nicht auf der Wiesn sind, gibt es dennoch: Zum Beispiel Christian Vogler vom Augustinerkeller, die Gastronomenfamilie Rubenbauer und natürlich Alfons Schuhbeck, der sich angeblich bereits im vergangenen Jahr beworben haben soll.

Doch auch einigen Wiesnwirten werden Ambitionen nachgesagt: Der Familie Hochreiter beispielsweise, die bereits das "Zur Bratwurst" und eine Haxenbraterei betreiben, oder auch Florian Oberndorfer und Franz Rauch von der Münchner Knödelei.

Offiziell will zu diesen Gerüchten niemand Stellung beziehen - zumal es ja noch eine andere denkbare Variante gäbe: Krätz' Tochter Stefanie könnte das Zelt übernehmen und sich bewerben - zusammen mit Krätz' Frau Tina, deren Vater Artur einst das Hackerzelt führte.

Ob die beiden Frauen eine Chance bei der Stadt hätten, will derzeit niemand beantworten. Schließlich handele es sich ja um ein "schwebendes Verfahren", wie auch Wiesnchefin Gabriele Weishäupl sagt. Das heißt, dass es sich noch herausstellen könnte, dass sich Sepp Krätz nichts zu schulden hat kommen lassen - in diesem Fall bliebe wohl alles beim Alten.

© SZ vom 28.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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