Wiesnwirt Hermann Haberl ist tot:Der Gemütliche

Hermann Haberl war keiner, der großes Aufhebens um seine Person machte - obwohl er zum Olymp der Münchner Gastronomie aufgestiegen war. Nun ist der Wiesnwirt mit 71 Jahren überraschend gestorben.

Wolfgang Görl

Bei der Jubiläumswiesn im vergangenen Jahr war er noch dabei - wie immer als Wirt des Ochsenbrater-Zelts. Und wie immer hielt er sich im Hintergrund. Er war keiner, der großes Aufhebens um seine Person machte. Dabei hatte es Hermann Haberl geschafft, aus kleinen Verhältnissen quasi zum Olymp der Münchner Gastronomie aufzusteigen. Über Jahrzehnte hinweg war er einer der bedeutendsten Gastronomen der Landeshauptstadt. Am Samstag, nach einem Abendessen mit seiner Frau in Kassel, ist Haberl überraschend gestorben. Er wurde 71 Jahre alt.

Hermann Haberl und Tochter Antje Schneider in der Ochsenbraterei, 2010

"Wenn man auf dem Teppich bleibt, kommt man besser im Leben durch": Hermann Haberl mit Tochter Antje Schneider in seiner Ochsenbraterei.

(Foto: Robert Haas)

"Mich nimmt das sehr mit", sagt Ludwig Hagn, der als Wiesnwirt ein Weggefährte Haberls war. "Er war nicht nur ein toller Kollege, sondern auch ein guter Freund." Hermann Haberl stammte aus Schwaig im Landkreis Kelheim, die Eltern waren einfache Leute, die wenig Geld hatten. Er absolvierte eine Korbmacherlehre, nebenher verkaufte er Bananen und Fischsemmeln auf Volksfesten.

Als 1964 die Olympischen Winterspiele in Innsbruck stattfanden, machte er sich auf den Weg, um dort einen selbst gebastelte Souvenirstand zu betreiben. Zwei Jahre später engagierte ihn die Spatenbrauerei als Wirt eines bayerischen Festzelts bei der Ausstellung "Dolce Mare" in Neapel. Haberl, der inzwischen seine große Liebe Anneliese geheiratet hatte, avancierte zum bayerischen Paradewirt auf Messen, Deutschen Wochen und Oktoberfesten in Italien. Auch in Frankreich war der geschäftstüchtige junge Wirt tätig.

Sein Aufstieg in München begann mit den Olympischen Spielen 1972. Haberl erhielt den Auftrag, die Verpflegung von 6500 Journalisten zu übernehmen. Er hatte Alpträume, in denen die Olympia-Reporter ausgehungert in seiner Kantine saßen. In Wirklichkeit aber lief alles bestens während der Spiele: "Sie sind vorübergegangen wie ein Traum", sagte er einmal.

Schließlich erreichte Haberl "das Höchste": ein Zelt auf dem Oktoberfest. Ein Jahr lang führte er das Schützenzelt an der Bavaria, danach wechselte er zur Ochsenbraterei. Haberl, ein freundlicher Herr, der eher gemütlich als umtriebig wirkte, baute sein Gastronomie-Imperium sukzessive aus.

Dazu gehörten der Biergarten und das Restaurant am Chinesischen Turm, die Gastronomie im Olympiapark samt dem Drehrestaurant auf dem Fernsehturm oder der Partyservice im Deutschen Theater. Als er vor einigen Jahren kürzer treten wollte, hat er einen Teil seiner Betriebe verkauft, einen anderen Teil, etwa den Michaeligarten, die Kugler Alm und das Wirtshaus am Flaucher, übernahm seine Tochter Antje Schneider. Von der Ochsenbraterei auf dem Oktoberfest aber wollte er nicht lassen.

Haberl war ein ausgesprochen angenehmer Gesprächspartner, der sein Licht lieber unter den Scheffel stellte. Dann sagte er Sätze wie: "Wenn man auf dem Teppich bleibt, kommt man besser im Leben durch. Das ist wie im Krieg. Wenn du dich vorne hinstellst, bist du gleich weg. Wenn du aber von unten kommst, hast du eine Chance."

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