Wiedereröffnung des Donisl:Weißwurst-Kathedrale am Marienplatz

Wiedereröffnung des Donisl: Tische aus Ahorn, Stühle aus Birnenholz und ein Dach, das sich im Sommer öffnen lässt: Das zweitälteste Wirtshaus der Stadt setzt sich in Szene.

Tische aus Ahorn, Stühle aus Birnenholz und ein Dach, das sich im Sommer öffnen lässt: Das zweitälteste Wirtshaus der Stadt setzt sich in Szene.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Frisch renoviert begrüßt der Donisl die ersten Gäste. Das Ziel: Es sollen nicht mehr nur Touristen kommen.

Von Alfred Dürr und Andreas Schubert

Hier und da hängt noch eine Stromleitung aus der Wand für die noch nicht vorhandene Leuchte. An manchen Stellen fehlt der letzte Schliff. Aber im Gastraum ist es hell, die Einrichtung wirkt freundlich, und es riecht ein wenig nach frischer Farbe. Der Zapfhahn funktioniert, die Tische sind besetzt: Nach zwei Jahren Bauzeit hat der Donisl, das Traditionswirtshaus am Marienplatz, seit diesem Donnerstag wieder geöffnet. Wer tags zuvor noch daran vorbeiging, hätte nicht unbedingt damit gerechnet: Im Eingangsbereich sah man noch am Abend die Bauarbeiter werkeln.

Jetzt sind die meisten Arbeiten abgeschlossen. Momentan ist nur das Erdgeschoss bewirtschaftet, das Obergeschoss wird voraussichtlich am Dienstag nächster Woche fertig sein. Und die Münchner werden bald die Dauerbaustelle im Herzen der Stadt vergessen haben. Denn von außen bemerkt man kaum Veränderungen im Vergleich zu der Zeit vor der Schließung. Die Fassade, die typischen Freskos von Max Lacher und die Löwenskulptur von Marlene Neubauer-Woerner - alles erscheint wie früher, nur aufgefrischt. Am sehr golden glänzenden Donisl-Schriftzug erkennt man dann doch, dass alles anders ist. Bis auf die renovierte Hausfront ist nämlich ein kompletter Neubau entstanden.

Holz, Kalkputz und Naturschutz - althergebrachte Bauweise herrscht vor

Das betrifft vor allem den Gastraum, der wie ein Kirchenschiff wirkt - eine Weißwurstkathedrale quasi. Man betritt eine Art überdachten Innenhof (das Dach lässt sich öffnen), in dem die Tische von Säulen und Gewölben umgeben sind. Das Münchner Architektenbüro Hild und K wollte an die althergebrachte Bauweise der Münchner Laubenhöfe anknüpfen. Beispiele dafür findet man in der Nähe, etwa im ehemaligen Weinstadl an der Burgstraße oder im Eilles-Hof an der Residenzstraße. Ein Vorbild für Andreas Hild war auch der prächtige Innenhof der Alten Münze, dem Sitz des Landesdenkmalamts. Jetzt setzt sich das zweitälteste Wirtshaus der Stadt mit einer beeindruckenden Neuinterpretation dieser Stilelemente in Szene.

Die Bayerische Hausbau und die Hacker-Pschorr-Brauerei haben ein Stück Tradition in der Altstadt wiederbelebt. Hild hat bei dem Neubau auf falsche Schnörkel und aufgesetzten Bayern-Kitsch verzichtet. In dem hohen und lichten Gastraum können die hochwertige Materialien wie Holz, Kalkputz und Naturstein zur Geltung kommen. "Echte Produkte" also, die sich an einer Art architektonischem Reinheitsgebot orientieren - und mit diesem Begriff haben Architekt Hild und Hacker-Pschorr-Chef Andreas Steinfatt das Konzept auch beschrieben. Die natürlichen Materialien sollten auch zum Naturprodukt Bier passen. Und dass dieses im Wirtshaus im Mittelpunkt steht, daran lässt die massive Schänke im Gastraum keinen Zweifel.

Ganz authentisch soll er sein, der neue Donisl, der seinen Namen vom Pächter Dionysius Haertl aus dem Jahr 1760 hat. Es wird aber noch eine Weile dauern, bis das Wirtshaus jene optischen Abnützungserscheinungen vorweist, die es braucht, damit alles wirklich urig und gemütlich wirkt. Und das ist auch so gewollt, dafür haben sie eigens helle und widerstandsfähige Hölzer für die Möbel verwendet, die mit zunehmender Alterung eine schöne Patina bekommen sollen: Die Tische sind aus massivem Ahorn- , die Stühle aus Birnenholz.

"Heimlich, still und leise" lasse man den Betrieb anlaufen

Wer am Eröffnungstag seinen Weg in das neue alte Wirtshaus fand, wurde am Eingang von zwei Empfangsdamen im Dirndl begrüßt, Wirt Karlheinz Reindl zeigte sich gut gelaunt, ohne Spuren von Eröffnungsstress. "Heimlich, still und leise", ganz ohne Werbung lasse man den Betrieb nun vor der offiziellen Eröffnung am 7. Dezember anlaufen, sagt er. "Soft opening" nennt man so etwas im Gastro-Sprech.

Die Speisekarte des Donisl, in dem 100 neue Mitarbeiter angestellt sind, ist traditionell bayerisch mit saisonalen Angeboten. Die Preise für Speisen und Getränke sind für diese Lage in der Innenstadt normal: Die Halbe Helles kostet 4,50 Euro, den Schweinsbraten bekommt man für 14,50 Euro, den veganen Erbseneintopf für 9,50 Euro. Ansonsten finden sich eine ordentliche Brotzeitauswahl sowie allerlei Klassiker aus Fisch und Fleisch - auf Experimente haben sie im Donisl verzichtet.

Wirt Reindl und die Hacker-Brauerei wünschen sich, dass der Donisl wieder von den Münchnern und nicht nur von Touristen angenommen wird. Doch natürlich hat man an Letztere gedacht. Wie im Hofbräuhaus gibt es in einem Souvenirshop am Eingang unter anderem Senf, einen Donisl-Sekt und Donisl-Kappen zu kaufen. Etwas für Fans eben - die muss das Lokal jetzt nur noch noch finden.

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