Wieder da: Die No Angels:Furchtbar gute Laune

Deutschlands erste und erfolgreichste Casting-Band verkündet ihr Comeback. Auf der Pressekonferenz bricht auf ein Feuerchen aus, Vanessa fehlt - aber alle sind bester Dinge.

Tanja Rest

RTL ist live auf Sendung, als kurz nach 12 Uhr Lucy Diakovska, Sandy Mölling, Jessica Wahls und Nadja Benaissa auf dem Podium einlaufen und von einer Woge aus Fotografen und Kameraleuten verschluckt werden.

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(Foto: Foto: Ruth Schneeberger)

Feuer auf der Pressekonferenz

Passenderweise greift das Feuer, das auf der Bühne in einer Zierschale vor sich hin flackert, auf den Saalboden über, und alle Kameras halten drauf, weil sich das später fürs Fernsehen so hübsch betexten lässt: "Lodernde Begeisterung'', "No Angels entflammen Herzen der Fans'', "Feuer frei'' oder so.

Es schließt sich ein länglicher Photo Call an, die vier Gesichter hinter der Medienwoge sieht man von unten nicht, aber man hört die Kommandos: "Sandy, hier! ... Strahlen bitte! ...Richtig gute Laune!!'' Und das ist die Message: Die No Angels waren weg. Jetzt sind sie wieder da. Sie haben furchtbar gute Laune. So einfach ist das.

Bei "Deutschland sucht den Superstar'' lassen sich ein paar tausend junge Leute zurzeit wieder sagen, dass jede Klobürste die Töne besser trifft und Juror Heinz Henn, in den Sack geschossen, schöner singt als sie. Und keiner von ihnen kann behaupten, er hätte es nach sieben Jahren Casting-Show im deutschen Fernsehen nicht besser wissen müssen.

Deutscher Spice-Girls-Nachbau

Den Anfang machte im September 2000 das Format "Popstars'' (ProSieben). So sehr man sich seither an die öffentliche Auslese mehr oder weniger talentierter Teenager gewöhnt hat: Es war das erste Mal, dass die geölte Maschinerie des Popstar-Making vor einem Millionenpublikum bloßgelegt wurde - wenngleich so hässliche Dinge wie Gehaltsdeals und Vertragspoker stets ausgespart blieben.

Das Endprodukt hieß damals No Angels, ein deutscher Spice-Girls-Nachbau: Fünf Mädels, die zur Überraschung vieler tatsächlich singen und tanzen konnten und bei "The Dome'' eine gute Figur abgaben. Die No Angels brachten in drei Jahren drei Studioalben von null auf eins, tourten zwei Mal durch volle Hallen und verkauften mehr als fünf Millionen CDs.

Der Grund für die Trennung 2003, nach unzähligen Promoauftritten, Videodrehs, Autogrammstunden und maximal fünf freien Tagen am Stück erschien da nur konsequent: Sie hatten sich nicht zerstritten. Sie hatten auch kein Verkaufstief. Sie waren erschöpft.

Vier Jahre später kann man sagen, dass die erste Casting-Band Deutschlands auch die einzige war, die sich von ihrer TV-Genese emanzipieren konnte und auch ohne ProSieben funktionierte. Den Nummer-Eins-Hit bekam zwar fast jede Siegercombo noch gratis dazu - aber danach ging's abwärts. Bro'Sis, die Band aus der zweiten Staffel, machte ein erfolgreiches Album und trudelte dann in die Versenkung.

"Neue Engel braucht das Land"

Die Boygroup Overground und die Girlgroup Preluders aus Staffel drei verschwanden mit Ende der Sendung vom Bildschirm; die Nachfolge-Band mit dem selten bescheuerten Namen Nu Pagadi floppte ebenso sang- und klanglos. Die nun ihr Glück versuchende Gruppe Monrose wurde dann schon unter dem verzweifelten Slogan "Neue Engel braucht das Land'' gecastet.

Die alten Engel machten derweil ein bisschen Pause, bastelten ein bisschen an ihren Solo-Karrieren herum und wurden ansonsten wieder der Nahrungskette des Privatfernsehens beigefügt.

Wenn man eine Zeitlang durch die Kanäle zappte, sah man die blonde Sandy oder die rothaarige Lucy zuverlässig auf einer Talk-, Game- oder Comedy-Couch sitzen, und neben ihnen saßen die anderen hauseigenen Geschöpfe: all die Soap-Sternchen, Moderatorinnen und gescheiteren "Superstars'', die das Fernsehen gerade berühmt genug gemacht hat, dass es sie bis in alle Ewigkeit als Studiogäste recyclen kann.

Chart-Platzierung schon mal sicher

"Richtig gute Laune'' hat das den No Angels wohl nicht gemacht. Sandy Mölling saß zuletzt mal für einen Tag in der ,,Popstars''-Jury, und von ihrem Kurzauftritt nahm man zwei Eindrücke mit: Sandy war brutal gelangweilt. Sandy konnte besser singen als alle Kandidaten zusammen.

Nun hocken sie also oben auf der Bühne - nur zu viert, Vanessa Petruo will lieber solo weitersingen - und verkünden ihr Comeback: An diesem Donnerstag von 0.00 Uhr an spielen die Radiostationen ihre neue Single mit dem programmatischen Titel "Goodbye to Yesterday'', im April soll es ein neues Album geben, im Herbst eine Tour. Die Single klingt so, dass die Chart-Platzierung schon mal sicher ist.

Die Laune, wie gesagt, ist auch gut: Es wird sehr viel geknuddelt und geküsst und noch mehr Unsinn geredet, aber weil die No Angels Profis sind, achten sie darauf, dass darin öfter mal die Worte "erwachsen geworden'', "reifer als früher'' und "diesmal alles langsamer angehen'' vorkommen.

Lucy Diakovska ist es offenbar gewesen, die im Sommer zum Telefon gegriffen und alle wieder zusammengetrommelt hat. "Ich hatte eine Phase, als ich plötzlich keine Auftritte mehr hatte und keine Angebote bekam'', hat sie gerade in einem Interview gesagt. "Da saß ich allein in meinem großen Haus und wusste nicht, was ich mit mir anfangen sollte.''

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