Wie ein Kinofilm entsteht:Willkommen beim Dreh der Hartmanns

Überraschungen, Freude, Zweifel, Pannen, Ideen und ein Teamgeist wie eine Meistermannschaft. Simon Verhoeven hat die erste deutsche Flüchtlingskomödie gedreht. Es ist ein München-Film, ein Familienfilm. Ein Wagnis, das gelingt. Die SZ hat den Regisseur begleitet - von der Idee bis zum fertigen Film

Von Philipp Crone

Simon Verhoeven sitzt im Mai 2015 in seiner Wohnung und schreibt. Und sucht. Nach dem einen Satz, der die Familienserie zusammenfast, die er im Kopf hat. Wie bei den Sopranos, "Mafia beim Psychiater". Eine Folge der Serie soll davon handeln, wie die Familie einen Flüchtling aufnimmt. Verhoeven schreibt Szenen, einfach mal drauflos, ohne großen Zusammenhang, Ideen werden zu einzelnen Bildern. Er läuft durch die Stadt, denkt nach, dann wieder sitzt er tagelang am Schreibtisch, Jogginghose und Vitamin-D-Mangel wegen zu wenig Sonnenlicht.

"Beim Schreiben ist es jedes Mal harte Arbeit, um in den Flow zu kommen, bis die Figuren klar werden und zu einem sprechen", sagt er. Dann kommt der September. Verhoeven merkt, dass die Aufnahme eines Flüchtlings eine Dramaturgie bietet, von der Entscheidung über das Asylverfahren bis zum Einzug und dem Zusammenleben. Und dass die verschiedenen Charaktere der Figuren in der Konstellation sehr scharf gezeichnet würden.

Da ist er, der Flow. Der 44-Jährige schreibt, Monate lang. Dann kommt die Silvesternacht von Köln, und das Thema, über das er schreibt, wird immer brisanter und aktueller.

Im Juni 2016 beginnen die Dreharbeiten, insgesamt 43 Drehtage. Von da an hat die SZ die Entstehung der ersten Flüchtlingskomödie in Deutschland begleitet.

Ob am Set in der Psychiatrie mit Florian David Fitz, beim Streit zwischen Elyas M'Barek und Heiner Lauterbach im P1 oder bei Senta Berger, vor und neben der Kamera die "Mama" im wunderschönen Haus der Hartmanns in Grünwald - immer ist da der Mannschaftskapitän Verhoeven, der in wechselnder Aufstellung sein Team durch die Drehsaison führt. Später auch beim Schnitt in Schwabing, beim ersten Screening oder bei der Tonmischung ganz am Ende in der Bavaria. Und immer wieder fragt er: Kann das klappen? Eine Komödie über dieses Thema? Wie die Münchner Familie Hartmann mit dem lebenskriselnden Vater, der zusammenhaltswilligen Mutter, einem ausgebrannten Karrieresohn, einer verträumt besorgten Tochter und ganz verschiedener Meinungen zum Thema Flüchtlinge dann einen aufnimmt. Lachen und Weinen, ganz eng zusammen. Bis Regisseur Simon Verhoeven Ende September beim letzten Screening, also einer Testvorführung vor ausgewähltem Publikum, in Hamburg eine fulminante Vorstellung erlebt, mit Lachen, Weinen, Mitgehen, wie es sie wohl selten zu erleben gibt.

Die Klappsmühle im Münchner Arbeitsamt

Florian David Fitz trägt einen gelben Kittel, Shorts und weiße Gesundheitsschuhe. Er steht an einem verregneten Juni-Tag vor dem Arbeitsamt und beobachtet einen Hund auf dem Bürgersteig der Kapuzinerstraße. Seinen Hund. Elmo weiß, wo er herumlaufen darf. Überall, nur nicht durchs Bild. Und wenn Verhoeven im Innenhof langsam seine Position hinter der Kamera einnimmt, macht Elmo Platz.

Fitz setzt sich auf eine Bank im Innenhof, im Hintergrund stehen sieben Komparsen in Kitteln bereit, der eine mit Hula-Hoop-Reifen, zwei mit Federball und Schlägern. Fitz spielt den Sohn der Familie Hartmann, Karrierist, alleinerziehender Vater, der gerade einen riesigen Deal durchbringen will, als er unter anderem wegen akuter Handysucht in die Psychiatrie kommt. Dort besucht ihn seine Schwester. Beide sitzen nebeneinander, im Hintergrund Absurdes, im Gespräch Verzweifeltes. Verhoeven lässt sich immer wieder einen Satz vorsagen, ändert noch Begriffe, "Familiennotfall, das nehmen wir raus".

"Sophie!", sagt Fitz zu Palina Rojinski und beugt sich zu ihr nach vorne, "alles, wofür ich in meinem Leben gearbeitet habe, geht kaputt!" Im Hintergrund sind Reifen und Ball längst auf den Boden gefallen, als Verhoeven sagt: "Das ist zu lustig." Noch einmal, die beiden Kameras fahren zurück, der Federball wird aufgehoben. Noch einmal, ruhiger gesprochen, etwas langsamer. In dem Moment fällt der Strom aus, was daran liegen könnte, dass vier Scheinwerfer den Hof erhellen. Ein Techniker sagt: "Sorry, ich wollte nur mein Handy aufladen!" Die Crew, etwa 15 Leute, lacht. Kameras zurück, noch einmal. Bis Verhoeven sagt: "Das glaube ich." Und wenn er es glaubt, was er durch die Kamera sieht, dann glaubt es auch der Zuschauer. Glaubt Verhoeven.

"Das glaube ich." Die Kunst des Filmemachens und Geschichtenerzählens in einem Satz. Und die Angst des Filmemachers und Geschichtenerzählers gleich dazu: Glaube nur ich es, oder glauben es auch die anderen? Die Kinozuschauer, die dann zu Hunderttausenden in die Kinos gehen und den Millionen teuren Film finanzieren.

Ein Fotograf macht nach der Szene noch ein Standfoto, es ist ein Running Gag, dass Verhoeven da mit drauf ist und irgendwie leicht übertrieben grinst wie bei einer Siegerehrung.

Wie ein Kinofilm entsteht: Im Juni 2016 begannen die Dreharbeiten für den Kinofilm "Willkommen bei den Hartmanns" - insgesamt 43 Drehtage waren eingeplant.

Im Juni 2016 begannen die Dreharbeiten für den Kinofilm "Willkommen bei den Hartmanns" - insgesamt 43 Drehtage waren eingeplant.

(Foto: Jürgen Olczyk)

Schneiden während der Dreharbeiten

Simon Verhoeven sitzt am 13. Juni bei Sommerhitze in einer Wohnung an der Schellingstraße, vor sich ein Schnittplatz mit Monitoren. Einer seiner beiden Cutter sitzt neben ihm. Es ist schon fast Halbzeit beim Dreh. Das Bergfest steht an. Dafür gibt es immer einen Rohschnitt des bis dahin gedrehten Materials, damit sich Lichtsetzer und Schauspieler unter ihrem Projekt auch etwas mehr vorstellen können als: Noch einmal! Nicht so lustig! Strom bitte wieder herstellen.

Der Schnitt dauert 25 Minuten. Kurz vor der Einlieferung in die Psychiatrie ist Fitz in Shanghai, als er einen Anruf bekommt. "Da ruft ihn meine Mutter an, also seine", sagt Simon Verhoeven. Senta Berger, die Mama, ruft den Sohn bei einer Präsentation an. Senta Berger, die richtige Mama, ruft Verhoeven zwar nicht am Set an, wenn sie nicht mitdreht, aber sie sagt schon ab und an, wenn sie der Meinung ist, der Sohn könnte sich etwas wärmer anziehen.

"Beim Bergfest von Männerherzen war das ein enormer Schub", sagt Verhoeven. Das ist so, als würde der Fußballtrainer vor dem Halbfinale den Spielern noch einmal alle geschossenen Tore der Vorrunde zeigen. Verhoeven, der wohl Fußballprofi bei 1860 München geworden wäre, hätte er sich nicht schwer verletzt, schaut unter einem Baseballcap auf den Bildschirm, wo Uwe Ochsenknecht in einer mitgefilmten Drehpause gerade sagt: "Mach's schlecht!" Wahrscheinlich ein üblicher Scherz in einer Branche, in der alles immer so lange wiederholt wird, bis es nicht mehr schlecht, sondern gut gemacht ist.

Ochsenknecht spielt in dem Film einen Schönheitschirurgen, der Lauterbach die Falten glätten will, sich mit vollbusigen Blondinen umgibt und dem man in seiner spacigen Praxis ewig beim Philosophieren über den Sinn des Lebens zuhören könnte. In der nächsten Szene kommt Ulrike Kriener, genauso durchgeknallt wie Ochsenknecht, ins Bild und hält die Eltern Hartmann auf. Sie motzt über die Konsumgesellschaften, zählt Missstände auf, "alles Schuld des Westens", bis Senta Berger ganz betroffen entgegnet: "die Erdbeben auch?"

Verhoeven hat eine Sieben-Tage-Woche in diesen Monaten, Drehtage an der Isar, im Haus der Hartmanns, und wenn nicht gedreht wird, weil Schauspieler oder Drehorte nicht frei sind, dann schneidet er. "Dreharbeiten sind wie ein Wettkampf", sagt der Regisseur. Bei einem Heimspiel mit einer eingespielten Mannschaft. Verhoevens Bruder Luca und sein Vater Michael sind neben Warner und den Produzenten Wiedemann und Berg mit Sentana-Film auch an der Produktion beteiligt. Palina Rojinski "habe ich entdeckt" und Elyas M'Barek hatte in Männerherzen seinen ersten kleinen Auftritt. Er durfte Til Schweiger eine runterhauen. Verhoeven und M'Barek kennen sich schon lange.

Gespielter Streit und echter Geburtstag im P1

Elyas M'Barek steht am Sonntagabend des 19. Juni um 23.37 Uhr auf der Terrasse des P1 und wartet auf seinen Einsatz. Die Szene ist in Rosa getaucht, Gäste stehen vor Bücherwänden, der Tonmeister spielt den alten Discosong "Lady" von Modjo ein, und Rojinski wird von ihrem Vater zur Rede gestellt. Lauterbach packt sie am Arm, M'Barek kommt dazu, am Ende bleiben Lauterbach und Ochsenknecht stehen, Lauterbach wütet, Ochsenknecht zieht mit seiner Blondinenherde wieder nach drinnen. "Ganz ok, fürs erste Take", sagt Verhoeven.

Wie ein Kinofilm entsteht: Vom ersten Drehtag an hat die SZ Regisseur Simon Verhoeven (Bild Mitte) bei der Entstehung der ersten deutschen Flüchtlingskomödie begleitet.

Vom ersten Drehtag an hat die SZ Regisseur Simon Verhoeven (Bild Mitte) bei der Entstehung der ersten deutschen Flüchtlingskomödie begleitet.

(Foto: Jürgen Olczyk)

Es ist spät, vorher haben sie am Lenbachplatz eine romantische Szene gedreht, der Tag war lang, Verhoeven hat keine Energie mehr. Rojinski ist am Set immer diejenige, die mit Energie und Fröhlichkeit um sich wirft, gleichzeitig ist sie auch sofort unsicher, umgeben von Größen wie Lauterbach, Berger oder M'Barek. Sie wartet am Rand mit M'Barek, bis Verhoeven das Zeichen gibt: auf Anfang. Noch einmal, danach: "Das erste Take war nicht gut, das zweite besser, aber nicht gut genug, außerdem wird es dann im Laufe des Takes rechts so leer im Raum." M'Barek steht am Ende der Szene wieder neben Rojinski und sagt zu ihr: "Gut gespielt!" - "Echt?"

Zwanzig Minuten später. Wieder die ersten Takte Modjo, nein, stimmt nicht, es ist der gleiche Rhythmus, aber ein anderes Lied. Verhoeven, Cap, Lederjacke, schaut herüber zum Ton, dann lässt er die Schultern sinken. Es ist "Happy Birthday", und die Co-Produzentin biegt schon mit dem kerzenleuchtenden Kuchen um die Ecke, alle klatschen mit, Verhoeven pustet die Kerzen aus, ein paar auch um, M'Barek ruft: "Yeah! Saufen! Feiern!" Verhoeven verdreht die Augen. Er ist ja auch ein guter Schauspieler. Und ist dann doch wirklich überrascht, als er von M'Barek ein Buch überreicht bekommt, von Patricia High-smith "Small G, eine Sommeridylle". Verhoeven grübelt, Highsmiths Werke wurden oft verfilmt, ihr erstes Buch von Alfred Hitchcock. M'Barek geht lächelnd weg. Er hat das Buch einfach aus dem Bücherregal genommen. Schulkinderstreiche, wie die Spieler einer Fußballmannschaft, die zu lange Zeit miteinander verbringen. Dreh-Lagerkoller.

Nach dem Kuchen-Essen zieht Verhoeven die Kappe tiefer ins Gesicht und sagt: "Noch einmal, bitte!" Wieder kommt Lauterbach und schimpft Rojinski, Ochsenknecht sagt zu ihm wieder "Chillax mal", bevor er reingehen will. Chillax, Cill und Relax, ein herrlich bescheuertes Wort, was die ganze Tragik der Figur von Ochsenknecht vereint: jung bleiben wollen und es doch nicht schaffen. Lauterbach soll sich laut Drehbuch abwenden, lässt sich aber von Ochsenknecht mitziehen, "komm, wir trinken noch einen", und im Hintergrund brüllt Verhoeven die beiden an, alle drei grinsen schon breit: "So funktioniert das nicht!" Lauterbach brüllt im Stile eines Befehlshabers zurück: "Mein Geburtstag!" und Ochsenknecht schüttelt nur den Kopf, "Mensch Simon, jetzt chillax doch auch mal".

Verhoeven sagt ein paar Tage später: "Ich brauche diese Art der kumpelhaften Stimmung am Set, wenn die Leute keine Angst vor Fehlern haben." Eine lockere Grundhaltung bei gleichzeitig totaler Konzentration, das sei ideal.

Das Harlachinger Haus der Hartmanns

Der kleine Junge mit dem rotgrau gestreiften Pulli und den dunklen kurzen Haaren steht am Montag, 4. Juli, um 10.33 Uhr auf der Terrasse eines wunderbar herrschaftlich gemütlichen Anwesens, schaut in den Garten und sagt: "Für mich ist das gut, dann muss ich die Probe nicht mitschreiben." Er spielt den jungen Elyas M'Barek, der sich im Film an seine Kindheit zurückerinnert.

Die Dreharbeiten verschieben sich ein bisschen, deshalb müssen die Kinderdarsteller genauso warten wie Senta Berger, Florian David Fitz und Heiner Lauterbach, die auf Gartenstühlen am anderen Ende der Terrasse sitzen. Der Junge soll noch einmal voller Angst in die Kamera sehen, schließlich hat er gerade eine Vase mit dem Fußball kaputtgeschossen. Verhoeven schaut böse, dann ist die Szene vorbei, der Junge schaut noch immer ängstlich. "Das war nur Spiel", sagt der Regisseur und lächelt, "eigentlich bin ich ganz nett." Der Assistent sagt, "Bild 135 Teil eins abgedreht."

Draußen steht ein paar Minuten später ein Kamerateam von Pro7, die später den Film auch im Fernsehen zeigen werden, wenn er im Kino gelaufen und auf DVD erschienen ist. Verhoeven sagt: "Es wurde doch Zeit, dass dieses Thema komödiantisch aufgegriffen wird." In dem Moment kommt Elmo, der Hund von Fitz, und springt dem Kameramann ans Bein, dass das Bild verwackelt. Fitz ruft verzweifelt: "Elmo!", aber der zwickt dem Kameramann leicht ins Bein.

Wie ein Kinofilm entsteht: Die Schauspielerin Senta Berger am Set während einer Szene in der Hartmann-Villa.

Die Schauspielerin Senta Berger am Set während einer Szene in der Hartmann-Villa.

(Foto: Jürgen Olczyk)

Wie hat Verhoeven die tollen Schauspieler bekommen, fragt die Reporterin. Es ist ja schon die Top-Besetzung der deutschen Darsteller. "Man muss ein gutes Drehbuch schreiben." Was soll er auch sagen? Dass Elmo so durch die Beinreihen flitzt, stört keinen mehr. Es ist die letzte Woche des Drehs, der Lagerkoller wird mühsam zurückgehalten. Neulich stand bei einer Feier, die im Film zu sehen sein wird, bereits ein Zebra im Garten. In dem Moment kommt Eric Kabongo, belgischer Schauspieler, der den Flüchtling Diallo spielt, in den Garten, und wird von allen Anwesenden herzlich begrüßt. Verhoeven sagt zu Pro7: "Er ist schon auch der Mittelpunkt beim Dreh."

Bei der nächsten Szene begrüßen die Hartmanns den neuen Bewohner, zehn Mal müssen Lauterbach, Berger, Rojinsi und Fitz aus der Haustür raustreten und ihr Plakat hochhalten. Elmo wird es langweilig, er pinkelt an eine der leichten Requisitentaschen, die Fitz im Film mitbringt.

Berger soll dann auch noch zum Pro7-Interview. "Wir gehen selbstverständlich und harmonisch miteinander um, aber natürlich ist das auch für mich aufregend, mit ihm zu drehen." Ihr Mann und Luca, der ältere Sohn, sind auch da. Bei der Willkommensszene hat Berger noch einen Vorschlag, den sie mit den Worten beginnt: "Lieber Simon Verhoeven", doch der sagt nur knapp: "Ich schneide das dann, Mama."

Erste Testvorführung in München

Sonntag, 28. August, kurz vor halb elf am Vormittag. Michael Verhoeven steht auf dem Bürgersteig vor dem Gabriel-Kino. 100 Gäste, vor allem Familien und Freunde der Crew, werden sich den Film gleich ansehen. Verhoeven diskutiert mit Quirin Berg, ob es wichtig und richtig ist, eine tote Maus, die auf der Terrasse liegt, noch mit Technik animieren zu lassen, was einige Tausend Euro kosten würde. "Die Maus-Szene ist autobiografisch", sagt der Regisseur. Lachen bei der Vorführung, hinterher werden Fragebögen ausgeteilt, Berg und Verhoeven stellen Fragen ans Publikum. Noch ist der Film sehr lang. Verhoeven erklärt manche Szenen, Berg ist distanzierter, will raushören, was den Leuten nicht gefällt. "Hat es euch irritiert, das es da ein gesellschaftliches Thema gibt, ist es euch zu komödiantisch?" Ist es nicht. Die Filmemacher wirken ängstlicher als die Zuschauer.

Der Schnitt

Freitagabend, 2. September, Schwabing. Cutter Dennis und Verhoeven gehen den Film durch, jede Szene. Sie kürzen, der Film kann und soll noch schneller werden. "Bei Kurt kann man noch einen Hauch früher raus", sagt Verhoeven. Die Hartmanns werden von rechten Demonstranten in ihrem Haus bedrängt, eine Szene mit zwölf Schnitten und 20 Sekunden, sie nehmen drei Schnitte raus und sparen vier Sekunden. "Das ist dann am Ende der Unterschied zwischen gut und geil", sagt Verhoeven. Die erste Version des Film hatte 124 Minuten, am Ende werden es 110 sein. Draußen wird es langsam dunkel, im Schnittraum ist zwanzigmal nacheinander zu hören: "Ich hole jetzt die Polizei." Verhoeven hat sich durchgesetzt mit der Mausszene, die ist jetzt 3D-animiert, das sterbende Tier zappelt und blutet im Maul der Katze. "Ich wollte nicht, dass die Szene nett ist. Sie soll brutal sein und dem Zuschauer gleich klar machen: Hier kommt keine normale Wohlfühlkomödie.

Die Filmemacher wollen sich beeilen, sie haben einen guten Filmstarttermin bekommen, 3. November. Noch steht das große Screening in Hamburg an Mitte September.

Letzter Test

"Es war echt Wahnsinn", sagt Verhoeven über das Screening. 600 Zuschauer, alle nach Alter und Geschlecht genau ausgewählt. "Die Leute sind total mitgegangen, haben gelacht und geweint." Sie hätten die besten Screening-Werte bekommen, die Warner je hatte. "Das heißt nicht, dass das Publikum reingeht. Aber es heißt, dass das Publikum, wenn es reingeht, den Film sehr mag und der Film einen Nerv trifft."

Tonmischung

In den Bavaria-Studios, drei Wochen vor dem Filmstart. Mittwochmittag, 12. Oktober. Verhoeven sitzt in einem kleinen Kino, vorne einige Sitzreihen, hinten Mischpulte und Monitore eines Tonstudios. Ein Kollege bestellt noch einmal neue Soundschnipsel mit Kinderlachen. Jede einzelne Szene wird gemischt, Musik lauter, gesprochene Worte leiser, oder auch mal andere.

Eine Szene hat Verhoeven zeitlich nach hinten gesetzt, als sich die Hartmanns schon entschieden haben, Diallo aufzunehmen. Vorher hieß Lauterbachs Satz: "alle einem Background-Checkl unterziehen", daraus wird "Diallo einem Backgroundcheck unterziehen". Sieben Tage dauert die Hauptmischung. Gleichzeitig werden die Bilder auch noch einmal nach Gesichtspunkten wie Kontrast und Helligkeit bearbeitet.

Premiere und Filmstart

Am 25. Oktober war Premiere in München. Verhoeven stellt bereits Wochen vorher die Gästeliste zusammen. Er hat jetzt wieder etwas mehr Zeit, die größte Arbeit ist getan. Die in den Wochen startenden Filme unterscheiden sich von Verhoevens Komödie, und erst zwei Wochen später kommt ein richtiger US-Blockbuster. Trotzdem: "Das Thema des Films ist psychologisch vermint", sagt er. Noch immer haben die Macher die Befürchtung, ob Flüchtling und Komödie zusammenpassen. "Das Thema ist jetzt Fluch und Segen zugleich." Wenn der Film an Weihnachten noch in den Kinos läuft, werden alle zufrieden sein. Dann hat er durchgehalten, erreicht vielleicht auch die Erfolgsmarke von einer Million Zuschauer. "Ich habe alles gegeben", sagt der Regisseur.

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