Westend:Netzwerk der Kreativität

Bei "Open Westend" zeigen 50 im Viertel lebende Künstler und Kunstschaffende aus aller Welt ihre Arbeiten

Von Andrea Schlaier, Westend

Der Weg zu den gemalten Wipfeln, deren Blätter das Sonnenlicht glitzernd reflektieren, zu den sich stumm im Dämmerlicht stehenden Stämmen eines Waldes, zum kahlen Abbild eines schwarz-weiß fotografierten Istanbuler Parks - dieser Weg in die Natur führt durch den Verkaufsraum eines Opel-Hauses am Mittleren Ring. Auch diese prosaische Annäherung gehört zum Wesenskern einer Reihe, die in diesem Jahr zum 16. Mal in Folge Perspektiven eröffnet auf Arbeit, Struktur und das kreative Netzwerk der Künstler zwischen Theresienhöhe und der Bahnlinie München-Rosenheim: Beim "Open Westend" springen von Freitag, 31. März, bis Sonntag, 2. April, wieder sperrangelweit die Ateliertüren für Besucher auf. Das Leitmotiv in diesem Jahr lautet: "Westend weltweit".

Noch weltweiter als sonst, muss man sagen, schließlich gehören die Bewohner des Viertels ohnehin zum Buntesten, was die Stadt zu bieten hat. Zum Beispiel die gebürtige Finnin Anna Kiiskinen und die Australierin Anne Pincus, die beide ihr künstlerisches Refugium seit zehn Jahren über dem Auto-Haus an der Trappentreustraße 5 haben und dort ihre schwebenden Baumwipfel und traumwandlerischen Wald-Landschaften zeigen. Diesmal haben sich die Kreativen obendrein noch internationale Gastkünstler in die Stube geladen. Kiiskinen bekommt unter anderem Verstärkung von der türkischen Fotografin Özlem Kinik, die Istanbuler Arbeiten zeigt; Pincus empfängt mit John Hinds und "The Naughty See Monkey" befreundete Kollegen aus Melbourne.

Open Westend

Ansichtssache: Mit ganz unterschiedlichen Arbeiten gehen die Künstler bei "Open Westend" auf das Publikum zu. Zu sehen ist hier ein Portrait von Bernhard Springer - gezeichnet von Lothar Götter.

(Foto: Lothar Götter)

Mit dem "weltweiten" Motto soll auch der aktuellen Situation geflüchteter Menschen Rechnung getragen werden. Dazu zeigt Bildhauer Peter Tischler mit weiteren fünf Westend-Kollegen großformatige Fotoarbeiten auf mannshohen Dreieckssäulen am Georg-Freundorfer-, Gollier- und Heimeranplatz. Es sind "Momentaufnahmen aus einer Welt im Umbruch". Während der Maler Lothar Götter sein Buch aus Gesichtern als Installation in St. Benedikt, Schrenkstraße 2, aufblättert, überlässt er sein Atelier an der Westendstraße 76 A unter anderem Gulalai Ghauss, die dort am Sonntag, 2. April, um 16 Uhr ihr Buchprojekt über Emanzipation in der traditionellen afghanischen Gesellschaft vorstellt.

Die Idee zur weltumspannenden Ausrichtung stammt von der Schmuck- und Porzellan-Gestalterin Iris Schabert. Bei ihr an der Bergmannstraße 1 ist der spanische Maler Alejandro Valbuena zu Gast. Diese Lust an der weltweiten Vernetzung stößt gleichwohl an Grenzen, sagt Anna Maria Eichlinger, akademische Goldschmiedin und Mitorganisatorin. "Einige haben gesagt, tolle Idee, aber dann war es doch schwierig mit den Zollschranken, durch die sie müssen." Außerdem sei es natürlich ein großer Aufwand, für nur drei Tage anzureisen: "Künstler sind nicht so geldige Leute, und wir haben keinen Fonds, aus dem wir sie bezahlen könnten." Andererseits sei die Möglichkeit, an der Isar für das eigene Werk zu werben, durchaus auch attraktiv. In Eichlingers Werkstatt selbst wird die Schmuck-Kollegin aus der Slowakei, Kvetoslava Flora Sekanova ausstellen. Die tschechische Keramik- und Porzellan-Designerin Lenka Holíková ist bei Brigitte Reichl an der Trappentreustraße 5 zu sehen. Unterm Strich werden sich 50 hiesige und angereiste Künstler präsentieren.

Open Westend

Ein Werk des Künstlers Bernhard Springer.

(Foto: Bernhard Springer)

Wer sich erst mal einen Überblick verschaffen will, was wann und wo ausgestellt wird, kann dies im Café Schülerladen, Gollierstraße 12, tun - am Samstag, 1. April, von 14.30 bis 18 Uhr und am Sonntag, 2. April, von 12 bis 18 Uhr. Dort ist auch der Startpunkt für Spaziergänge entlang verschiedener Atelier-Routen. Wie immer sind auf dem Weg zahlreiche Sparten vertreten: Malerei, Bildhauerei, Foto- und Videokunst, Kunsthandwerk, Musik, Tanz und Schauspiel. Begleitend gibt es an allen drei Tagen Konzerte, Lesungen, Malvorführungen und Kabarett. Dazu zählt am Samstag und Sonntag jeweils um 16.30 Uhr die amtliche Migranten-Wohnraum-Genehmigungs-Groteske "Da müssen Sie eine neue Nummer ziehen!" - zu sehen am Gollierplatz 14.

"Open Westend": Freitag, 31. März, 18 bis 21 Uhr; Samstag, 1. April, 12 bis 20 Uhr; Sonntag, 2. April, 12 bis 19 Uhr. Detaillierte Informationen finden sich im Internet unter www.openwestend.de.

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