Wìesnmass und der "Deckel":Bremst die Bierpreisbremser

Josef Schmids Vorstoß erntet viel Skepsis

"Kartellamt billigt Bierpreis-Bremse" vom 7. März und Leserbriefe "Die Wirte schäumen - aber das Volk auch" vom 20. März:

Den Schaum vom Mund wischen

Es ist höchste Zeit, dass sich die Rathaus-CSU und ihr Bürgermeister Josef Schmid den Bierpreisbremsschaum vom Mund wischen und wieder zu einem sachlichen Umgangston in der öffentlichen Debatte um die Wiesn zurückfinden. Selbst wenn man ihnen in der Sache recht geben sollte, ist die Art und Weise, wie sie derzeit die Diskussion führen, in dreierlei Hinsicht ärgerlich.

Erstens: Freilich ist es inzwischen beliebte Strategie von Populisten aller Couleur geworden, sich zu profilieren, indem man Einzelne oder kleine Gruppen der Gesellschaft an den Pranger stellt, um sich dadurch Vorteile zu verschaffen. Gerade deshalb ist ein solcher Debattenstil verantwortungslos und peinlich, auch wenn sich vermeintliche Großverdiener besonders gut dazu eignen. Der Respekt, den Politiker gegenüber den Bürgern haben sollten, muss auch für Gewerbetreibende gelten, die von der Stadt abhängig sind.

Zweitens: Die Art und Weise, wie man von einem partnerschaftlichen Umgang mit der mittelständigen Wirtschaft, der eigentlich zum Markenkern der CSU gehören sollte, in den Klassenkampf-Stil wechselt, wird der notwendigen Sachdebatte nicht gerecht. Solche Debatten führt man partnerschaftlich, fair und nicht kraftmeierisch von oben herab.

Drittens: Selbst in den Jahren, in denen die CSU nicht Kooperationspartner der SPD war, bestand Konsens im Rathaus, dass die Probleme der Wiesn gemeinsam zunächst intern besprochen und dann öffentlich vertreten werden. In diesen vorbereitenden Prozess wurde der gesamte Stadtrat einbezogen. Schade, dass dieses sachliche Verfahren der persönlichen Profilierung geopfert wird.

Der einzige Lichtblick in dieser Situation ist, dass sich im Rathaus bisher sonst niemand von dieser Krankheit hat anstecken lassen. Helmut Pfundstein, ehemaliger CSU-Stadtrat, München

Bier und Vergesslichkeit

Selten ist es einem Schriftsteller gelungen, mit so klarem Blick in die Zukunft zu sehen. Ludwig Thoma hat im Jahre des Herrn 1911, dem Geburtsjahr meines Vaters, in der humoristischen Satire "Ein Münchner im Himmel" Bier und Vergesslichkeit unvergesslich miteinander verbunden. Wer kennt es nicht, das Versagen des Aloisius, der sich - des "Haleluja"-Singens überdrüssig, nach mehrmaligem "zefix Halleluja" - auf ewig im Hofbräuhaus niederlässt. Und wer kennt sie nicht, Ludwig Thomas sich Tag für Tag wiederholende und verwirklichende Beobachtung, dass "die bayrische Landesregierung bis heute auf die göttliche Eingebung" wartet? Immerhin sind mehr als einhundert Jahre vergangen und die Prognose hat nichts von ihrem Wahrheitsgehalt eingebüßt. Jedenfalls nicht, wenn man sich die Entscheidung des Landeskartellamts anschaut, einem Anhängsel des bayerischen Wirtschaftsministeriums, also eines Mitglieds besagter Landesregierung, zum Thema Wiesn-Bierpreis-Deckel.

Erst bremst der Bürgermeister sozialistisch - also: Bier-schädlich - den Preis, und dann will das Landeskartellamt auch noch rechtswidrig dessen Deckelung und Vereinheitlichung genehmigen? Wenn Paragraph 1 unseres Kartellgesetzes solche Preisabreden generell verbietet, dann kann es doch nicht sein, dass ausgerechnet eine Kartellbehörde einen staatlich verordneten Höchst- und Einheitspreis für alle Wiesnwirte für gut befindet. Gilt denn das Kartellverbot nicht für Kartellbehörden? Wo bleibt denn dann die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung? Sollte die etwa auch beim Aloisius im Hofbräuhaus geparkt worden sein? Florian Josef Hoffmann, Düsseldorf

Städtische Bierzelte

Es ist eigentlich unglaublich, dass die Stadt München als Veranstalterin so mit sich umgehen lässt. Hier wird eine Lizenz zum Gelddrucken an ein paar "PrivileGIERte" gegeben, und dann muss sich der Bürgermeister Schmid, welcher endlich mal Klartext redet, auch noch beschimpfen lassen!

Mein Vorschlag: Die Stadt betreibt alle Bierzelte selbst und stellt für die 16 Tage einen Geschäftsführer für jedes Zelt an. Für Münchner Verhältnisse sind hier sicherlich 300 000 Euro Gehalt für diese Arbeit erforderlich, aber der restliche Profit könnte dann in erschwingliche Mietwohnungen, Nahverkehr et cetera investiert werden. Dann wär es auch egal, ob 130 oder 240 Millionen Euro umgesetzt werden, und auch der Sicherheitsdienst könnte bestimmt leichter bezahlt werden. Alois Mayer, Ismaning

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: