Welfenhöfe am Ostfriedhof:Ein völlig neues Viertel

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Am Ostfriedhof entsteht eine neue kleine Stadt, mit Kindertagesstätten, Supermarkt, Büros und Raum für 480 Wohnungen. Spätestens Ende 2012 sollen die Welfenhöfe fertig sein.

Alfred Dürr

Lapidarer Titel, anspruchsvolle Gestaltungsaufgabe: Der Architektenwettbewerb, der im Frühjahr 2005 ausgelobt worden war, hieß schlicht "Entwicklung eines neuen Stadtquartiers in München Au-Haidhausen". Baulich etwas Neues in ein altes, gewachsenes Wohnviertel zu pflanzen, ist zweifellos schwer. Und hier geht es gleich um 480 Wohnungen auf einem lange ausschließlich gewerblich genutzten Areal, fast um eine kleine Stadt, mit Kindertagesstätten, Supermarkt, Bäcker, Drogerie, Büros und einer riesigen Tiefgarage, auch für die Nachbarschaft.

Noch stehen Gerüste an den Fassaden, spätestens Ende 2012 soll nach gut zwei Jahren Bauzeit alles fertig sein: Die Welfenhöfe am Ostfriedhof. (Foto: Catherina Hess)

Noch stehen Gerüste an den Fassaden, und ein Handwerker-Fahrzeug reiht sich an das andere in der Welfenstraße. Im Rohbau steht der Komplex "Welfenhöfe", spätestens Ende 2012 und nach gut zwei Jahren Bauzeit soll alles fertig sein.

300 Meter zieht sich der Gebäuderiegel hin. "Der Prototyp, wie man architektonisch gelungen mit einer so langen Straßenflucht umgehen kann", sagt Jürgen Büllesbach, Chef von Schörghubers Bayerischer Hausbau, die dieses Wohnprojekt für eine hohe zweistellige Millionensumme auf den Weg gebracht hat. Er ist sichtlich stolz auf dieses Vorhaben, das in seiner Form bisher kein Beispiel in der Stadt hat. Büllesbach weist hinauf auf die Fassaden der einzelnen Hausabschnitte: "Jede Front sieht anders aus." Das ist zwar ein sehr langer Riegel, lautet seine zentrale Botschaft, aber dieser Block ist alles andere als einförmig oder langweilig.

Vielfalt in der Einheit - so lautet für die Hausbau das Grundmotiv der "Welfenhöfe". Monotonie soll nicht aufkommen. Das sind unterschiedliche Gestaltungsmerkmale, wie vor- und zurückspringende Gebäudeteile, sowie rhythmisch angeordnete Faltungen und Abstufungen im Putz der Hausfronten.

Nicht ein einzelner Architekt hat alles geplant, sondern vier Büros setzen ihre jeweils eigenen Akzente in klar umrissenen Bauabschnitten: 03 Architekten, Peter Ebner and Friends, Stefan Forster sowie Hild und K Architekten. Die Absicht war, dass unterschiedliche Handschriften eben ein unverwechselbares Gesamtbild formen. Keine leichte Aufgabe sei es gewesen, in dieser Größenordnung die verschiedenen Ansätze zu koordinieren, berichtet Projektleiter Franz Schwarzenberger.

Die typische Blockrand-Bebauung, die man in der unmittelbaren Umgebung mit teilweise denkmalgeschützten Altbauten aber auch mit eher unscheinbaren Siebziger-Jahre-Häusern findet, soll bei den " Welfenhöfen" aufgegriffen und modern interpretiert werden. Eine wesentliche Rolle für den Lärmschutz und die Wohnqualität spielen drei großzügig angelegte und begrünte Innenhöfe (Landschaftsarchitekten Gerd Aufmkolk mit Erika Berger). Diese Ruhebereiche sollen nicht nur aus Rasenflächen bestehen, sondern auch gärtnerisch mit "Grünlandschaften" angelegt sein.

Sorgen mancher Anwohner, dass aus der Welfenstraße eine dunkle Straßenschlucht wird, kann das Planungsreferat nicht nachvollziehen. Sie erhalte am Ende ein Profil, dessen Breite die vieler Münchner Straßen überschreite. So seien zum Beispiel die Weißenburger Straße in Haidhausen oder die Schellingstraße in der Maxvorstadt deutlich enger.

2800 bis 8000 Euro

Auch beim Wohnungsangebot setzt man auf Vielfalt. Die Spanne reicht von Eigentum über Miete bis hin zu Sozialwohnungen. Außerdem gibt es im Inneren des Komplexes auch sogenannte Stadthäuser mit jeweils mehreren Stockwerken. Die Quadratmeterpreise reichten beim gesamten Wohnungsspektrum von 2800 bis 8000 Euro, sagt Büllesbach: "Wir liegen damit niedriger als andere neue Wohnprojekte."

Dass ihm unter anderem vom Bezirksausschuss vorgeworfen wird, die Preise seien in der Planungsphase deutlich gestiegen, kann der Hausbau-Chef nicht verstehen. Die Situation auf dem Wohnungsmarkt sei vor ein paar Jahren noch anders gewesen als heute. Er würde darüber gerne mit den zuständigen Lokalpolitikern diskutieren, aber die Fronten würden von dort verhärtet: "Das ist eine eigenartige Politik in einer Zeit, in der München dringend neue Wohnungen braucht."

Damit die "Welfenhöfe" kein Fremdkörper im Viertel werden, sondern sich möglichst elegant einfügen in das bestehende Flair, soll das Projekt in die Umgebung ausstrahlen. Zum Beispiel werden Plätze im Umfeld neu gestaltet. In nächster Nachbarschaft liegen große Brauerei-Grundstücke, die in wenigen Jahren für eine Neubebauung frei werden. Der Diskussionsstoff über die Zukunft des Stadtbezirks Au-Haidhausen geht jedenfalls nicht aus.

© SZ vom 20.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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